Die Entfuehrung
regnete, ohne dass es wirklich regnete.
Stetig sammelte sich Regen auf der Windschutzscheibe des Taxis, auf dessen dunkler Rückbank Peter der einzige Passagier war. Die Scheibenwischer waren auf Intervall betrieb geschaltet und reinigten die Scheibe ungefähr nach jedem halben Block entlang der Q-Straße. Peter sah nach vorne zur nächsten Kreuzung. Die Straßenlaternen schienen um so heller, je mehr die Nacht hereinbrach. Der Nebel wirbelte in den Scheinwerfern des entgegenkommenden Verkehrs. Sie erschienen Peter wie Suchscheinwerfer, Hunderte und Aberhunderte. Er holte tief Luft und schüttelte seine Paranoia ab.
Das Taxi hielt an der roten Ampel, und Peter sah zum Heckfenster hinaus. Er konnte nicht absolut sicher sein, dass ihn niemand beschattete, aber er war in den letzten zwanzig Minuten kreuz und quer durch Georgetown gefahren und saß nun schon im fünften Taxi. Wäre ihm jemand gefolgt, hätte er es sicherlich bemerkt.
»Sie können hier anhalten«, sagte er zum Fahrer und hielt ihm eine Fünfdollarnote hin. »Der Rest ist für Sie.«
Er öffnete die Tür und betrat den Gehweg. Er befand sich am P-Street-Eingang zum Rock Creek Park, einer bemerkenswert gut erhaltenen Grünfläche von siebenhundert Hektar mitten in der Stadt - die kleinere Washingtoner Version des Central Parks in New York. Er war das ganze Jahr über Heimat für Hirsche und andere Wildtiere, und im Sommer diente er den Hauptstadtbewohnern als kühle Oase. Es gab Picknickplätze auf beiden Seiten des Rock Creek, des Flusses, der sich plätschernd durch Wiesen und Sträucher, zwischen Buchen, Eichen und Zedern hindurch wand. Der November war allerdings nicht die beste Zeit für einen Parkbesuch, und in der Dunkelheit wirkte das Gehölz fast undurchdringlich. Aber Peter, der seit vier Jahren hierherkam, kannte alle Fahrradrouten, Wander- und Reitwege.
Er sah auf die Uhr. Fast 16:45 Uhr. In einer Viertelstunde würde der Park geschlossen. Nicht dass das eine Rolle gespielt hätte; bei diesem Wetter und zu dieser Jahreszeit war der Park jederzeit so gut wie leer. Er griff in sein Jackett und überprüfte die Pistole, dann betrat er den Park und folgte dem Fluss südwärts in Richtung der alten Pierce-Mühle.
Die Geräusche und Lichter der Stadt wurden immer leiser, je weiter er den Weg entlangging. Er konnte hören, wie der Fluss ganz in der Nähe sanft gegen die Felsen plätscherte. Dennoch war Peter angespannt. Worin sollte die Änderung der Pläne bestehen? fragte er sich. Was wollte Gambrelli? Wahrscheinlich Geld. Bei Gambrelli ging es immer um Geld.
In der Nähe der alten Pierce-Mühle blieb Peter stehen. Sie war die größte Touristenattraktion des Parks, eine restaurierte Schrotmühle aus dem neunzehnten Jahrhundert, die durch die Strömung des Rock Creek angetrieben wurde. Das Schild besagte, dass sie montags und dienstags geschlossen war, so dass die ganze Gegend noch verlassener wirkte, als Peter ohnehin erwartet hatte. Sie war vollkommen menschenleer.
Er trat an den Springbrunnen und wartete, wie ihm befohlen worden war. Seit Jahren hatte er keine Zigarette geraucht, aber plötzlich verspürte er das dringende Bedürfnis danach. Er sah auf die Uhr. Zwei Minuten vor fünf. Gambrelli war die Pünktlichkeit in Person. Wenn er fünf Uhr sagte, dann meinte er auch genau fünf Uhr. »Hallo, Peter.«
Beim Klang einer Frauenstimme fuhr er herum. Er kniff die Augen zusammen. Sie trug einen Regenmantel mit Kapuze und war kaum im Nebel auszumachen. Aber er erkannte diese Stimme, dieses Gesicht.
»Allison?« sagte er nervös. Sie fixierten sich gegenseitig. Er wurde aschfahl. »Was machst du hier?«
Sie trat aus dem Schutz einer Eiche hervor. »Ich habe dir die Einladung geschickt. Was machst du hier?«
Sie sah an seinem Blick, dass er eine Erklärung suchte. Er atmete hörbar nervös. Seine Augen waren unruhig, und er begann zu stammeln. »Ich, äh, ich dachte, ich könnte diese Burschen schnappen. Ich dachte, ich könnte ihnen auflauern. «
»Ganz alleine?« fragte sie ungläubig.
Er musste schlucken. Er stotterte herum, brachte kaum einen zusammenhängenden Satz zustande. »Ja. Ich - na ja. Ich alleine. Ich wollte herkommen und, weißt du, wenn sie dann hier wären, wollte ich sie, sozusagen, festnehmen.«
Sie sah ihn erst wütend, dann mitleidig an. »Spar dir die Lügen, Peter.
»Nein, ehrlich. Ich wollte sie festnehmen. Ich habe sogar meine Pistole mitgebracht.« Er zog die Pistole aus der Tasche.
Allison wich einen
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