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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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Unter normalen Umständen wäre es ein ideales Plätzchen gewesen, um ein gemütliches Herbstwochenende zu verbringen, am offenen Kamin ein gutes Buch zu lesen und lange Spaziergänge durch den Wald zu unternehmen.
    Am Küchentisch saß eine Frau, die einen Kopfhörer aufhatte. Vor ihr auf dem Tisch stand eine Hightech-Überwachungsanlage, die wohl eine viertel Million Dollar wert war. Die Anlage war in zwei alten schwarzen Samsonite-Koffern untergebracht. Falls unerwarteter Besuch kam, konnte man die Koffer binnen Sekunden schließen und irgendwo verstauen.
    Rapp hatte weder den Mann noch die Frau je zuvor gesehen. Er wusste nur, dass sie Tom und Jane Hoffman hießen. Sie waren beide Mitte vierzig und allem Anschein nach miteinander verheiratet. Die Hoffmans hatten Zwischenstopps in zwei Ländern eingelegt, ehe sie in Frankfurt eingetroffen waren. Sie hatten ihre Tickets unter falschen Namen erworben – mit den entsprechenden Kreditkarten und Pässen, die ihnen ihr Kontaktmann übergeben hatte. Sie hatten auch ihr Standardhonorar von zehntausend Dollar für eine Woche Arbeit bekommen – und zwar im Voraus und in bar. Man hatte ihnen gesagt, dass sich ihnen jemand anschließen würde und dass sie, wie immer, keine Fragen stellen sollten.
    Die Ausrüstung wartete bereits auf sie, als sie in dem Forsthaus eintrafen, und sie begannen sogleich mit der Überwachung des Anwesens und seines Besitzers. Einige Tage nach ihrer Ankunft bekamen sie Besuch von einem Mann, den sie nur als den »Professor« kannten. Sie bekamen weitere fünfundzwanzigtausend Dollar mit der Aussicht auf noch einmal so viel, wenn die Mission abgeschlossen war. Der Professor hatte ihnen eine kurze Beschreibung des Mannes gegeben, der sich ihnen anschließen würde. Er verriet ihnen nicht den richtigen Namen des Mannes und versicherte ihnen nur, dass er äußerst kompetent war.
    Tom Hoffman schenkte Rapp eine Tasse Kaffee ein und brachte sie ihm an den Kamin, in dem ein Feuer knisterte. »Also, was meinen Sie?«, fragte er.
    Rapp zuckte die Achseln und sah Hoffman an. Sein Gesicht war nicht gerötet wie das von Rapp, der soeben aus der kalten Nachtluft hereingekommen war. »Es wird nicht einfach werden«, antwortete er schließlich. Rapp hatte zuvor bereits einen Blick auf das Gesicht und die Schuhe der Frau geworfen. Sie waren beide nicht draußen gewesen. Es musste tatsächlich ein Tier gewesen sein, das er vorhin im Wald gehört hatte.
    »Einfach ist es fast nie«, stellte Hoffman fest und nahm noch einen Schluck aus seiner Tasse, während er den Fremden musterte. Der groß gewachsene muskulöse Mann, den er nur als Carl kannte, bewegte sich mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze. Sein Gesicht war sonnengebräunt und von feinen Fältchen überzogen, was darauf schließen ließ, dass er sich oft im Freien aufhielt. Sein dichtes rabenschwarzes Haar begann an den Schläfen leicht zu ergrauen, und auf einer Wange verlief eine schmale Narbe vom Auge bis zum Kiefer hinunter.
    Rapp wandte sich von Hoffman ab und blickte ins Feuer. Er wusste, dass der Mann ihn aufmerksam musterte. Mitch hatte sich die beiden Leute seinerseits genau angesehen, und er würde sie weiter im Auge behalten, bis sich ihre Wege wieder trennten. Während er in die Flammen starrte, konzentrierte er sich auf seinen Plan. Er wusste, dass man in einer solchen Situation normalerweise versuchte, einen Plan auszutüfteln, der so raffiniert war, dass man an allen Sicherheitsvorkehrungen vorbei ins Haus gelangte und unbemerkt wieder herauskam. Das war wohl tatsächlich die beste Strategie – vorausgesetzt, man hatte genug Zeit, um einen solchen Plan auszuarbeiten. In diesem Fall blieben ihnen jedoch gerade einmal dreiundzwanzig Stunden, um die Sache vorzubereiten und durchzuziehen. Nachdem ihm das schon vorher klar gewesen war, hatte sich Rapp bereits eine Strategie zurechtgelegt.
    Er wandte sich vom Feuer ab und blickte zu der Frau hinüber. »Jane«, fragte er, »wie viele Leute sind zu der Party morgen Abend eingeladen?«
    »Ungefähr fünfzig.«
    Rapp strich sich mit der Hand durch sein schwarzes Haar, starrte einige Augenblicke ins Feuer und verkündete schließlich: »Ich habe eine Idee.«
     
    Im Osten zeigten sich die ersten Anzeichen des beginnenden Tages. Der schwarze Himmel verfärbte sich allmählich grau, und Nebelschwaden stiegen empor, als sich die kühle Herbstluft mit den Überresten der sommerlichen Wärme vermischte. Die morgendliche Stille wurde durch ein knatterndes

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