Die Entscheidung
Blitz sein, der jederzeit bereit war, einzuschlagen. Wenn Cameron seine Sache in Deutschland ordentlich gemacht hätte, wäre das alles kein Thema mehr gewesen. Rapp wäre längst tot, und die Stadt würde einer der größten Untersuchungen in der Geschichte des Kongresses entgegensehen. Der Präsident würde Stück für Stück demontiert werden, und Hank Clark wäre in der idealen Position für den Sprung ins Weiße Haus. Doch nun war es so, dass Rapp lebte und Cameron tot war – und es würde keine parlamentarische Untersuchung geben. Clark würde einen Ersatz für Cameron finden müssen. Es gab einige mögliche Kandidaten, doch er bezweifelte, dass einer von ihnen mit Rapp fertig werden konnte.
Clark nahm einen Schluck Wein und blickte ins Feuer, während er überlegte, wie er mit Rapp umgehen sollte. Wie er so dasaß und in die Flammen starrte, hob Brutus plötzlich den Kopf und gähnte herzhaft. Der Golden Retriever sah sein Herrchen mit großen braunen Augen an. Clark lächelte und prostete seinem Hund zu. Man muss auch zu seinen Feinden nett sein, sagte sich der Senator. Er trank sein Glas leer und beschloss, dass er sich einmal mit diesem Mitch Rapp würde treffen müssen.
Die Hunde begannen zu knurren und bellten schließlich los, als es an der Haustür klingelte. Sie hatten sich bereits wieder beruhigt, als Clarks überaus wichtiger Besucher ins Arbeitszimmer geführt wurde. Jonathan Brown, der stellvertretende Direktor der CIA, durchquerte mit steifer Haltung das Zimmer. An der verkniffenen Miene des Mannes konnte Clark erkennen, dass er irgendein Problem hatte.
Brown nahm auf der Couch gegenüber von Clark Platz und sah den Senator an, um nach irgendeinem Anzeichen von Schuldbewusstsein zu suchen. Er sah nichts dergleichen, doch das besagte wenig. In seiner Zeit als Staatsanwalt und Richter hatte er immer wieder Leute gesehen, die große Schuld auf sich geladen hatten und die trotzdem den ganzen Prozess hindurch wie die reinsten Engel dreinblickten und ihre Unschuld beteuerten. Brown war überzeugt, dass Clark ein Mensch war, der seine Gefühle sehr gut verbergen konnte.
Clark sah seinen Besucher an und fragte sich, was ihn so bedrückte. Es war Clark gewesen, der ihn zu sich gebeten hatte. Er wollte Brown erklären, warum er dem Präsidenten versichert hatte, dass er Irene Kennedys Nominierung unterstützen würde. Möglicherweise hatte Brown davon gehört, was seine finstere Miene erklären würde. »Was haben Sie denn auf dem Herzen, Jonathan?«, fragte er schließlich.
Brown hätte ihn am liebsten mit Fragen überhäuft, um herauszufinden, was geschehen war – doch er wusste, dass Clark nicht so mit sich reden ließ. Er würde ihm höchstens zwei, drei Fragen beantworten und ihm dann zu verstehen geben, dass er sich gefälligst benehmen solle, wenn ihm etwas daran gelegen sei, dass seine Eier dort blieben, wo sie waren. Das war ihm schon einmal passiert, und es schmerzte Brown immer noch, wenn er daran dachte. »Haben Sie heute Abend mit Außenminister Midleton gesprochen?«, fragte Brown schließlich und suchte in Clarks Gesicht vergeblich nach irgendeinem Anzeichen von Schuldbewusstsein.
»Nein, habe ich nicht, aber ich habe gehört, dass er heute Morgen beim Präsidenten war.« Clark stellte sein leeres Weinglas ab. »Midleton soll morgen früh seinen Rücktritt erklären.«
»Ich glaube nicht, dass es dazu kommen wird.«
Clark nahm seine Füße von dem Schemel und beugte sich mit beunruhigter Miene vor. »Wie meinen Sie das – es wird nicht dazu kommen?«
»Sie wissen es wirklich nicht, oder?«
»Ich weiß was nicht?«
Brown wusste nicht recht, ob Clarks Reaktion aufrichtig war oder nicht. Er kam zu dem Schluss, dass er es wohl nie herausfinden würde, und sagte schließlich: »Außenminister Midleton ist tot.«
»Was?«, fragte Clark schockiert.
Brown musterte den Mann, der ihn in gewisser Weise in der Hand hatte. »Er ist tot.«
»Wie das?«
»Er scheint Selbstmord begangen zu haben, aber in dieser Stadt weiß man ja nie, nicht wahr?« Brown lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Sie wissen nicht zufällig etwas darüber?«
Der Senator hörte den argwöhnischen Unterton sehr wohl heraus. Er sah Brown einige Augenblicke schweigend an und sagte schließlich: »Charles Midleton war in seinem Innersten ein schwacher Mensch. Alles, was er im Leben besaß, hatten ihm andere gegeben. Es überrascht mich nicht, dass er sich das Leben genommen hat, statt zu kämpfen.
Weitere Kostenlose Bücher