Die Entscheidung
die Dusche verließ, hatte sie das Bedürfnis, sich noch einmal zwölf Stunden aufs Ohr zu hauen. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken an ein Nickerchen, dann ließ das Prickeln ihrer Haut sie innehalten.
Sie war nicht allein. Am liebsten hätte sie die Stirn gegen die Duschwand geschlagen. Ihre Waffen lagen im Schlafzimmer, während sie lediglich mit einem Handtuch bewaffnet war. Sehr beeindruckend. Leise stieß sie den Atem aus, und setzte ihre Sinne ein. Das Prickeln nahm zu, gleichzeitig beschleunigte sich ihr Pulsschlag, als hätte ihr Herz einen eigenen Willen. Dunkelheit kroch unter die Tür des winzigen Badezimmers und verdichtete sich, während unsichtbare Fühler nach ihr griffen. Der Duft von Zimt und Espresso umhüllte sie wie Rauch, wärmte sie innerlich, während sich ihr Herzschlag vervielfachte.
Blanche schloss die Augen und nahm einen zittrigen Atemzug. Sie war müde und erschöpft – das hier war nicht, wonach es sich anfühlte. Und doch … Ihr Hals wurde eng. Als sie die Tür aufstieß, stand er vor ihr, in seiner ganzen dämonischen Pracht.
Langsam ließ sie den Blick über sein vernarbtes Patriziergesicht wandern, die hohen Wangenknochen, die entschlossene Adlernase und die unerhört weichen Lippen. Das schwarze Haar bewegte sich in einer Brise, die vermutlich von ihr ausging.
Als sie seinen aufmerksamen Raubvogelaugen begegnete, erkannte sie den Sturm, der sich darin zusammenbraute. Etwas musste geschehen sein, sonst wäre er nicht hier.
Apropos. Sie trat auf ihn zu und gab ihm eine schallende Ohrfeige, die ihn trotz seiner erstaunlichen Größe rückwärts taumeln ließ.
Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Lippen, dann rieb er sich die Wange. „Autsch.“
Blanche schielte zu ihren Waffen, die auf dem Boden verteilt lagen. Am liebsten hätte sie ihn hier und jetzt mit in Weihwasser getunkten Kugeln durchsiebt.
„Was willst du hier?“, zischte sie und zog das Badetuch enger um sich. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, ihm ihre unsterbliche Liebe zu gestehen, falls sie ihn noch einmal lebend sehen würde. Aber im Moment war ihr nicht nach Liebesbekenntnissen. Sie wollte Antworten und eine Erklärung für seinen plötzlichen Abgang – und sein Erscheinen, wo sie schon mal dabei war.
„Das habe ich wohl verdient.“ Er trat auf sie zu und wie auf ein Kommando intensivierte sich sein Starbucks-Duft, und gab ihr das Gefühl, zu H ause zu sein. Angekommen. Endlich.
Ein anderer Teil kämpfte dagegen an. Sie war wütend und enttäuscht, dass er ohne ein Wort verschwunden war. Dass er sie allein gelassen hatte, obwohl er wusste, wie grausam sie in ihrem Leben verlassen worden war. Er hätte es ihr erklären, sie in seine Pläne einweihen können. Doch das tat er nicht. Er hatte es vorgezogen, sie außen vor zu lassen, und nun konnte er mit den verdammten Konsequenzen leben.
Sie kam auch ohne ihn zurecht. Sie brauchte ihn nicht, sie brauchte niemanden, schon gar nicht einen verfluchten …
Weiter kam sie nicht, denn im nächsten Moment befand sie sich in seinen Armen, die riesigen Schwingen um sie gewickelt. Er beugte sich über sie, die schiefergrauen Augen auf sie gerichtet, deren Ausdruck sie geräuschvoll schlucken ließ. Ihr Dämon war hungrig, aber Croissants hatte er dabei nicht im Sinn. Seine Arme lagen wie Stahlseile um ihren Körper, feste Muskeln drängten gegen das Leder des schwarzen Mantels, von dem sie wusste, das er Teil seiner Haut war, die er nach Belieben formen konnte. Geballte Kraft ging in Wellen von ihm aus und lud sie auf, bis sie glaubte, leises Knistern von Elektrizität zu hören. Als sich seine Lippen ihrem Mund näherten, stellten sich die feinen Härchen in ihrem Nacken auf, und sie hatte Schwierigkeiten zu atmen.
„Dieses Zimmer ist unakzeptabel, schon gar nicht für das, was ich mit dir vorhabe.“ Seine Stimme war so finster wie sein Blick. Dann küsste er sie knapp unter dem Ohr, eine Berührung, die eine Flut von Gefühlen in ihr auslöste. Ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust, während sie sich ihm instinktiv entgegenwölbte. Er reagierte sofort, presste sich der Länge nach gegen ihren Körper und pinnte sie an die Badezimmertür. Sie spürte die angestaute Kraft seiner Muskeln samt dem Beweis seiner Erregung, der sich gegen ihren Bauch drückte. Da sie vergessen hatte zu atmen, schnappte sie nach Luft, eine Gelegenheit, die er sich nicht entgehen ließ. Er platzierte einen weiteren Kuss auf ihren Mundwinkel und fuhr mit
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