Die Entscheidung
daß sie sich bei meinem Kapitän einmischt, nicht wahr?«
»Hoffentlich waren Sie nicht zu streng mit ihr.«
»Nun, sie ist tatsächlich in Tränen ausgebrochen. Es war ziemlich jämmerlich.« Sie drehte sich in seinem Arm, ihr weites Kleid breitete sich hinter ihr wie blasses Gold aus.
»Ich muß Sie jetzt verlassen, Kapitän.«
»Aber . . . Ich dachte, wir würden uns unterhalten?«
»Später.« Sie blickte ihn ernst an. »Ich habe Pläne für Ihre Zukunft, wie ich Ihnen schon sagte.«
»Ich muß morgen Anker lichten.« Er fühlte sich unglücklich, hilflos.
»Das weiß ich doch, Sie Dummer!« Sie berührte seine Lippen. »Runzeln Sie nicht die Stirn, ich erlaube es nicht. Wenn Sie zurückkommen, werde ich Sie mit einigen meiner Freunde bekanntmachen. Sie werden es nicht bedauern.« Ihre behandschuhten Finger strichen sanft über seine Wange.
»Und ich bestimmt auch nicht.«
Ein Diener erschien im Halbschatten. »Der Wagen ist bereit, Missy.«
Sie nickte. Zu Bolitho sagte sie: »Wenn Sie gegangen sind, werde ich versuchen, diese langweiligen Leute aus dem Haus zu vertreiben.« Sie hob den Kopf und blickte ihn ruhig an.
»Sie dürfen meine Schulter küssen, wenn Sie wünschen.«
Ihre Haut war überraschend kühl und so weich wie ein Pfirsich. Sie riß sich von ihm los und rief: »Seien Sie brav, Kapitän, und passen Sie gut auf sich auf. Wenn Sie zurückkommen, werde ich hier sein.« Dann rannte sie leichtfüßig und lachend über die Terrasse ins Haus.
Die Kutsche wartete auf ihn, als er benommen durch den schattigen Garten zur Auffahrt ging. Sein Hut und Mantel lagen auf dem Sitz, und am Kutschkasten war eine große Holzkiste festgemacht.
Die Zähne des Dieners leuchteten weiß im Dämmerlicht.
»Missy Susannah hat für Sie in der Küche etwas zu essen zusammenpacken lassen, Sir.« Er kicherte. »Nur das Allerbeste, hat sie gesagt.«
Bolitho kletterte in die Kutsche und sank in die Kissen. Er konnte immer noch ihre Haut an seinem Mund fühlen, ihr Haar riechen, ein Mädchen, das einen Mann verrückt machen konnte, auch wenn er es nicht schon halbwe gs war. Am Ende des Piers fand er einen Ruderer, der über seinen Riemen eingenickt war; er mußte einige Male rufen, bis er ihn bemerkte.
»Welches Schiff, Sir?«
»Sparrow.«
Nur den Namen auszusprechen, half ihm schon, seine rasenden Gedanken zu beruhigen. Bevor er in den Kahn stieg, blickte er sich nochmals nach der Kutsche um, aber sie war schon verschwunden. Als wäre sie Teil eines Traumes.
Der Ruderer murmelte vor sich hin, als er die schwere Kiste die Treppen hinunterhievte. Nicht laut genug, um einen Kapitän zu erzürnen, aber doch laut genug, um sein Trinkgeld deutlich zu erhöhen.
Bolitho wickelte sich in seinen Mantel und fühlte die kühle Seebrise auf seinem Gesicht. Noch immer West. Es würde gut sein, auszulaufen, wenn auch nur, um zu sich selbst zu finden und seine Hoffnungen für die Zukunft zu prüfen.
Auffallende Ähnlichkeit
Der Auftrag der Sparrow, die Stärke der französischen Flotte in Newport zu erkunden, erwies sich als schwieriger, als Bolitho erwartet hatte.
Die Fahrt von Sandy Hook zu den östlichen Ausläufern von Long Island verlief reibungslos und versprach eine rasche Rückkehr. Aber das Wetter entschied anders, und in einem wilden Weststurm wurde die kleine Korvette ständig hin- und hergeschleudert, so daß Bolitho lieber den Sturm abritt, als Schäden an Rahen und Leinwand zu riskieren.
Als der Wind nachließ, dauerte es dann viele Tage, wieder zurückzusegeln; es verging kaum eine Stunde ohne die Notwendigkeit, die Segel zu reffen oder das Schiff auf einen Kurs zu bringen, der es eher von seinem Ziel entfernte, anstatt es ihm näher zu bringen.
Die Vergnügungen New Yorks schienen lange her zu sein, und Bolitho fand, daß die Wirklichkeit mehr als genügte, um seine Energie zu beschäftigen. Trotzdem fand er noch Zeit, an Susannah Hardwicke zu denken. Wenn er mit im Wind flatterndem Haar über Deck schritt, das Hemd von Gischt durchweicht, erinnerte er sich an ihren Abschied, die Andeutung einer Umarmung, genauso klar, als ob es sich soeben ereignet hätte.
Er nahm an, daß seine Offiziere errieten, was sich in New York ereignet hatte, weil sie sorgfältig schwiegen.
Die Plackerei gegen den Wind und die ständigen Anforderungen an jeden Mann wurden teilweise durch die Gegenwart ihres Passagiers erleichtert. Getreu seinem Wort, war Rupert Majendie kurz vor dem Ankerlichten samt seinen Mal- und
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