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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Christian antwortete.
    »Sofern Otto nicht von mir jeden Einzelnen meiner Männer fordert, werde ich niemanden mitnehmen, der eine hochschwangere Frau zurücklässt. Und auch keinen, der der einzige Ernährer der Familie ist.«
    Kuno trat noch einen kleinen Schritt vor. »Ich bitte Euch, Herr, macht eine Ausnahme«, sagte er leise, aber eindringlich. »Ich habe ja verstanden, was Ihr mir immer wieder vorhaltet: Der Kampf, der Krieg ist kein Spaß. Aber wollt Ihr, dass man Eurer Stieftochter nachruft, sie sei mit einem Feigling verheiratet, der sich hinter ihrem Rockzipfel versteckt?«
    »Will Johanna auch, dass du in den Krieg ziehst?«
    »Natürlich nicht. Aber sie sagt, wenn ich es tun muss, wird sie tapfer sein und für mich beten.«
    »Was ist mit dir?«, wandte sich Christian an Bertram, der noch verlegener als sein Freund wirkte.
    »Ich will auch mit«, bekräftigte dieser sofort, um dann gleichfalls ins Stocken zu geraten. »Aber zuvor … möchte ich Euch fragen … und bitten … ob Ihr mir vielleicht …« – Bertram riss sich zusammen – »Eure Stieftochter Marie anverloben würdet.«
    Wenn jemand gleichzeitig erleichtert und eingeschüchtert aussehen konnte – der schwarzhaarige junge Mann brachte es fertig.
    Christian zog die Augenbrauen hoch. Das war eine Entwicklung, die ihn doch überraschte, wenn auch auf frohe Art.
    »Weiß die künftige Braut denn davon? Und falls sie es tut, was meint sie dazu?«
    »Ja … und ja …«, bekam er zur Antwort.
    Christian gab den Gedanken auf, so bald zu seiner Frau ins Bett zu kommen, und machte es sich auf einer Bank bequem, während er Marthe und Marie holen ließ. Beide kamen schnell; die eine besorgt, es sei etwas geschehen, die andere sichtlich verlegen.
    »Marie«, sagte er sanft zu ihr, »sieh mich an.«
    Das Mädchen hob den Kopf, ihre Wangen glühten.
    »Dieser junge Mann hier hat mich um deine Hand gebeten. Möchtest du ihn heiraten?«
    Marie sah erst zu Marthe, dann zu Christian.
    »Er wird mir ein guter Mann sein, das weiß ich«, sagte sie leise. »Er wird in den Krieg ziehen, so oder so. Aber wenn Ihr mich ihm versprecht, dann sieht er sich vielleicht mehr vor, damit er auch zurückkommt.«
    Dann blickte sie wieder zu Boden. »Es wäre schade um ihn.«
    Jeder andere hätte wohl gespottet über diesen Grund, zu heiraten. Nicht Christian. Denn Maries Worte erinnerten ihn an jene Nacht, als Marthe zum ersten Mal zu ihm gekommen war. Es war die Nacht, bevor sie aufbrachen zu einem Kampf, bei dem sie wenig Aussicht hatten, den nächsten Tag zu überleben. Deshalb hatte sie sich ihm geschenkt.
    Sie hatte es selbst gesagt, und er hatte diese Worte nie vergessen: »… dass du so mindestens einen Grund hast, dein Leben nicht allzu leichtfertig aufs Spiel zu setzen.«
    Christian wechselte einen Blick mit Marthe und erkannte, dass sie wohl gerade wieder einmal dasselbe dachte wie er.
    »Gut«, sagte er. »Bertram, Marie. Ihr seid einander versprochen. Wenn wir aus dem Krieg wiederkommen, wird geheiratet.«
    Drei junge Menschen sahen ihn an: Bertram strahlte vor Glück, Kuno gratulierte seinem Freund, indem er ihm heimlich in den Rücken stieß, und Marie lächelte schüchtern in sich hinein, ein bisschen wehmütig.
    Marthe erkannte ihre unausgesprochene Frage: ob wohl aus Freundschaft auch Liebe werden konnte. Sie wusste die Antwort nicht, aber sie zog ihre Stieftochter zu sich und schloss sie in die Arme.
    Am nächsten Morgen rief Christian seine Bewaffneten zusammen.
    »Ich weiß noch nicht, wie viele Männer Otto von mir erwartet. Aber jeder von euch soll sich bereitmachen. Schärft eure Waffen, geht zur Beichte und packt eure Bündel. Morgen komme ich mit neuen Befehlen zurück. Womöglich brechen wir schon übermorgen auf.«
    Dann ritt er mit Raimund und Dietrich los. Lukas sollte sich derweil mit Marthe um den Proviant kümmern und darüber wachen, dass die Männer vor lauter Kriegslust nicht zu raufen begannen oder sich sinnlos betranken.
     
    Auf dem Meißner Burgberg kündete alles vom bevorstehenden Aufbruch zum Feldzug. Überall drängten sich in Kettenpanzer gekleidete Ritter, Wagen wurden mit Proviant, Decken und Zelten beladen, berittene Boten kamen oder brachen auf. Von allen Seiten wurden Befehle gebrüllt, die in dem allgemeinen Getöse wohl nur in Ausnahmefällen ihren Adressaten erreichten.
    Kurzum, es herrschte ein gewaltiges Durcheinander, in dem niemand zu bemerken schien, dass der Sohn des Markgrafen und der Vogt von

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