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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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nicht restlos verheilt und würden es wohl nie. Ganz zu schweigen von den Spuren in ihrer Seele.
    »Es gibt keine Sicherheit, nirgendwo«, sagte Marthe leise. »Für euch nicht und für mich nicht. Aber Gott hat mich sicherlich nicht auf diesen Platz gestellt, nur damit ich schöne Kleider trage. Lass mich den Menschen im Dorf helfen, sich, so gut es geht, gegen Albrecht zu behaupten, während du fort bist. Es wird genug Leute geben, die mir beistehen, glaube mir!«
    Christian strich sich nachdenklich übers Gesicht und sah zu Lukas hinüber.
    Sie beide hatten oft gestritten, wenn es um Marthe ging – weil Lukas mehr Vertrauen in ihre Stärke besaß, während Christian fürchtete, die Haft und die Folter könnten sie innerlich zerbrochen haben.
    Lukas fing seinen Blick auf und nickte zögernd. Auch er liebte Marthe und wollte sie keiner Gefahr aussetzen. Aber er war froh über ihren neu erwachten Mut. »Sie kann es schaffen.«
    Nach einer ganzen Weile erst entschied Christian.
    »Gut. Aber wir werden ein paar Vorsichtsmaßnahmen treffen.«
    Erleichtert atmete Marthe auf. Sie war nicht ohne Furcht, wenn sie sich die Zeit mit Albrecht als Befehlshaber der Burg ausmalte. Aber sie würde vor den Schwierigkeiten nicht davonlaufen und sich nicht verstecken.

ZWEITER TEIL
    Das brennende Moor

[home]
    Oktober 1179 vor Haldensleben
    W ind und Regen peitschten Christian ins Gesicht, während er auf die Burg Haldensleben blickte, bemüht, sich vor seinen Leuten nichts von seiner Skepsis anmerken zu lassen. Starke Mauern und ein dreifacher Wall erwarteten sie, das alles von einem Sumpf umgeben, was bei den Belagerern Zweifel aufkommen ließ, ob sie die Festung des Löwen je würden einnehmen können. Erst recht um diese Jahreszeit, im nasskalten Oktober.
    Ottos Streitmacht war gerade angekommen, nachdem Erzbischof Wichmanns Boten den Meißner Markgrafen und seine Brüder mit ihren Truppen vor Magdeburg empfangen und ein paar Meilen nordwestlich hierhergeleitet hatten.
    Christian hatte nur einen finsteren Blick auf die Burg geworfen und dann den Männern befohlen, Packpferde und Wagen zu entladen und die Zelte zu errichten.
    Ziemlich alles an Wichmanns Lager vor Haldensleben machte einen entmutigenden Eindruck. Menschen und Tiere trieften vor Nässe, der Boden war von Regen vollgesogen, bei jedem Schritt spritzte Schlamm auf. Im östlichen Teil des Lagers wurden gerade unter lautem Geschrei und Schimpfen mehrere Karren mit Baumstämmen entladen. Das Holz für Belagerungstürme und Sturmleitern mussten die Belagerer von weit her anfahren. Im Sumpfland ringsum gab es keine geeigneten Bäume, lediglich Flechten und da und dort dürres Buschwerk, das nur lose mit dem Untergrund verankert war und nicht einmal als Brennmaterial taugte.
    Noch dazu hatten die Ortskundigen die Männer angewiesen, ja achtzugeben, wohin sie ihre Füße setzten. Was harmloses Grasland schien, war an vielen Stellen in Wirklichkeit Sumpf.
    Wie zur Bestätigung hörte Christian hinter sich entsetzte Schreie. Vielleicht sechzig Schritt entfernt, wo gerade Dedo von Groitzschs Leute ihr Lager aufschlugen, hatte sich ein Mann zu weit vorgewagt und steckte schon bis an die Hüfte im Morast. In Todesangst ruderte er mit den Armen, was zur Folge hatte, dass er nur noch schneller einsank. Ein paar Männer rannten los, um Stangen und Leitern zu holen. Doch als sie endlich zurück waren und vorsichtig versuchten, sie dem Einsinkenden entgegenzuschieben, war es schon zu spät. Er konnte die Arme nicht mehr bewegen, um nach dem rettenden Holz zu greifen. Sein Verzweiflungsschrei erstickte im Moor, ein paar Schlammblasen waren das Letzte, das von seinem jämmerlichen Ende kündete.
    Schaudernd schlug Christian ein Kreuz. Die Männer um ihn herum, die alles beobachtet hatten, taten es ihm gleich.
    Ein magerer junger Bursche, der ihnen in Meißen zugeteilt worden war und nun eine Schaufel in die Hand gedrückt bekommen hatte, um in ausreichendem Abstand von den Zelten einen Graben für die Notdurft der Männer auszuheben, verlor die Nerven. Panisch warf er die Schaufel von sich. »Keinen Schritt gehe ich von hier weg! Nicht einen! Das ist der Vorhof zur Hölle.«
    Christian wollte eingreifen, aber Lukas, der näher bei dem Burschen stand, war schneller. Während ein paar Umstehende ängstlich murmelten, ging er auf den Wimmernden zu, warf ihn mit einer einzigen Bewegung zu Boden und packte ihn am Genick.
    »Wenn wir hier schon im Schlamm liegen, dann nicht auch noch in

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