Die Entscheidung der Hebamme
käme diese Sache je ans Tageslicht.
Albrecht wandte sich nun wieder Marthe zu. »Wie wollt Ihr mir helfen?«, fragte er ungeduldig.
»Ich kann Euch einen Betäubungstrank aus anderen Kräutern mischen: Melisse, Hopfen, Baldrian und für die erste Zeit eine winzige Dosis Tollkirsche dazu.«
»Sie will Euch vergiften! Lasst sie in den Kerker werfen für diesen Vorschlag!«, forderte Elmar sofort.
»Vergiften wird Euch das Bilsenkraut«, widersprach Marthe energisch. »Entweder zerstört es nach und nach den Verstand, oder Ihr nehmt versehentlich zu viel davon und sterbt dadurch.«
»Schweigt, alle beide!«, brüllte Albrecht, sprang auf und begann, in der Kammer hin und her zu laufen. Mit beiden Händen griff er nach seinem Kopf. »Ich muss nachdenken!«
Nichts mehr von seinem arroganten Gehabe in der Halle war geblieben. Marthe erkannte, dass ihn mittlerweile, kurz vor der Nacht, die Furcht vor den Schreckensträumen beherrschte – so wie wahrscheinlich schon in etlichen Nächten zuvor.
Wortlos beobachteten sie und Elmar seine hektischen Bewegungen und warteten, wie er entscheiden würde.
Mit einem Mal fühlte Marthe große Müdigkeit über sich kommen. Konnten ihr die Träume von Ottos Sohn nicht gleichgültig sein? Sollte sie ihn nicht einfach dem Gift überlassen, bis es ihn vernichtete und ihnen allen eine Schreckensherrschaft ersparte?
Sie sollte jetzt nach Johanna und dem Neugeborenen sehen. Und dann sollte sie selbst endlich schlafen nach der durchwachten Nacht am Wöchnerinnenbett. Sie wollte sich unter ihrer wärmenden Decke verkriechen und ihre Gedanken, Gebete und guten Wünsche auf Christian, Lukas und Dietrich richten, bevor sie sich dem Schlaf ergab, anstatt hier zu stehen und den Launen eines machtgierigen und dem Rausch verfallenen Markgrafensohnes ausgeliefert zu sein.
»Bring mir dein Gebräu«, befahl Albrecht, ohne auf Elmars Protest zu achten. »Aber der Pfaffe darf nichts davon erfahren. Und auch niemand sonst, das geht keinen etwas an.«
Doch als Marthe sich umwandte, um zu gehen, rief er sie zurück. »Warte! Ich brauche Sicherheit, dass du mich nicht vergiftest. Elmar wird jeden deiner Handgriffe überwachen. Und du wirst auch davon trinken. Wenn ich sterbe, stirbst du ebenso. Sollte ich die Nacht nicht überstehen, wird Elmar morgen früh deine Kinder töten. Hast du das verstanden?«
Wie kann man das missverstehen, du Ungeheuer, dachte Marthe voller Abscheu. Warum hatte sie sich nur darauf eingelassen? Zum Glück hatte Christian mit Walther besondere Absprachen für ihre Kinder getroffen. Sollte ihnen Gefahr drohen, würde er sie umgehend außer Reichweite Albrechts bringen. Ein geheimes Zeichen von Marthe würde genügen.
»Sie könnte das Gift wieder herauswürgen oder ein Gegengift einnehmen, wenn sie unbeobachtet ist, Herr«, gab Elmar zu bedenken. »Ihr solltet sie die ganze Nacht überwachen lassen.«
»Im Verlies?«, überlegte Albrecht laut. »Nein, da sieht niemand, was sie treibt. Vielleicht holt sie sogar irgendwer dort heimlich raus. Sie hat doch sicher hier ein paar Getreue, die ihr gehorchen.«
Er sprach jetzt immer schneller. »Außerdem würde das für Aufsehen sorgen. Nein, sie bleibt hier, in meiner Kammer.«
»Mein Herr!«, widersprach Marthe vehement. »Das ist undenkbar und würde außerdem für noch mehr Aufsehen sorgen!«
»Ach ja, Euer Ruf. Und meiner.« Nun brachte Albrecht doch noch ein höhnisches Grinsen zustande, wenngleich mühsam. »Was sollen meine Männer denken, wenn ich mich plötzlich mit fünfundzwanzigjährigen verheirateten Weibern abgebe statt mit blutjungen Schönheiten?«
Jäh hielt er in seiner unsteten Wanderung inne.
»Ich hab’s. Elmar, Ihr beaufsichtigt sie, während sie mir den Schlaftrunk braut. Wenn sie getrunken hat, haltet Ihr den Rest der Nacht Wache neben ihr, damit sie kein Gegengift schluckt oder sonst etwas unternimmt.«
»Ich werde Euch nicht helfen, wenn dieser Mann mit mir die Nacht in einer Kammer verbringt, noch dazu, während ich in tiefen Schlaf versetzt bin!«, protestierte Marthe leidenschaftlich. »Lieber lasse ich mich in den Kerker werfen.«
Auch ohne das jähe Aufleuchten von Bosheit in Elmars Gesicht bei Albrechts Worten würde sie eher die härteste Strafe in Kauf nehmen, als sich dem Verhassten so auszuliefern.
»Ich verstehe, Euer Ruf. Also gut, dann schlaft meinetwegen in einer Kammer bei offener Tür, und zwei meiner und zwei Eurer Männer halten davor Wache und lassen Euch nicht aus den
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