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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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tun?«
    Nicht nur Dietrich hielt den Atem an. Alle Blicke richteten sich auf den Hünen, der wütend erst zu Christian und dann auf seinen Mann blickte. Er ging ein paar Schritte auf den Knienden zu, zerrte dessen Kopf mit der Linken an den Haaren nach hinten, zückte seinen Dolch und zog ihn dem Dieb ohne zu zögern durch die Kehle.
    Eine Blutfontäne traf auf seinen Kettenpanzer, doch er trat ganz gemächlich einen Schritt beiseite, als störte es ihn nicht, noch mehr besudelt zu werden. Erst dann ließ er den Sterbenden los, dessen Kopf er immer noch an den Haaren hielt. Verächtlich sah er auf den reglosen Körper hinab und spie aus. »Tölpel!«
    Dann sah er zu Christian. »Seid Ihr zufrieden?«
    Der nickte knapp und steckte sein Schwert wieder in die Scheide.
    Im nächsten Augenblick trat der Geistliche, der ihnen entgegengeritten war, aus dem nun errichteten Zelt und bat sie herein. Seine Einladung erstreckte sich eindeutig nur auf Christian, seine Begleiter und den jungen Kölner Ritter, doch der Anführer der Rotte schob ihn einfach beiseite, als er ihn aufhalten wollte.
    »Keine Sorge, Mönchlein, der Ehrwürdigste würde ohnehin gleich nach mir rufen. Mit wem will er denn sonst Haldensleben einnehmen, wenn nicht mit mir und meinen Leuten?« Der Hüne lachte erneut sein dröhnendes Lachen. »Mit seinen paar Rittern? Oder den Schlappschwänzen aus Magdeburg, die es seit Wochen vergeblich versuchen?«
    Dietrich nutzte die entstandene Unruhe, um Lukas leise zu fragen: »Warum hat er das getan?«
    Lukas wusste sofort, was der bleich gewordene Knappe meinte. Christian hatte ihm eingeschärft, sich um keinen Preis von den Söldnern provozieren zu lassen. Und er selbst legte es bereits bei der Ankunft auf einen bewaffneten Streit an.
    »Sie wollten uns auf die Probe stellen«, erklärte er ihm leise. »Nun wissen sie, dass wir uns nicht vor ihnen fürchten. Und es sind zwar viele, aber ihr Zusammenhalt ist nicht groß. Ihr Anführer hätte nichts getan, um seinen Mann zu verteidigen.«
    »Weshalb lassen wir dann jetzt zu, dass er sich mit in die Besprechung drängt, obwohl Philipp ihn dort gar nicht haben will?«, flüsterte Dietrich zurück.
    Lukas grinste. »Das soll der Ehrwürdigste gefälligst selber klären. Wir sind schließlich nicht seine Haushofmeister.«
     
    Obwohl sie keine guten Nachrichten für Philipp hatten, wirkte der Kölner Erzbischof erleichtert über ihre Ankunft. Nachdem er sich hatte berichten lassen, verharrte er eine Weile, dann entließ er die Männer ohne ein weiteres Wort.
    Draußen richtete es Christian ein, dass er unbelauscht mit dem jungen Kölner sprechen konnte.
    »Worauf wartet Euer Heerführer?«, fragte er leise, da nichts auf einen bevorstehenden Aufbruch hindeutete. Sie lagerten mitten am Tage inmitten des Weges, obwohl sie nur noch ein paar Meilen vom Ziel ihres Marsches entfernt waren.
    Hoyer zog verbittert den Mundwinkel herab und wirkte dadurch noch müder, als er ohnehin schon war. »Vermutlich würde er am liebsten hier die Nacht abwarten. Er fürchtet, was geschieht, wenn die da« – er deutete vage mit dem Kinn auf die Söldner, von denen einige in ihrer Nähe eine deftige Schlägerei begonnen hatten – »in das nächste Dorf kommen. Glaubt mir, ich bin nicht zimperlich, aber was das Pack treibt, kann einem wirklich den Schlaf rauben.«
    »Und niemand fällt ihnen in den Arm«, konstatierte Christian.
    »Der Erzbischof hat ihnen mit Exkommunikation gedroht. Nicht einmal das hat sie aufgehalten«, berichtete der Kölner. »Sie haben Frauen einen Spieß längs durch den Leib getrieben, nachdem sie gleich haufenweise über sie hergefallen waren, Schwangeren mit ihren Dolchen die Ungeborenen aus dem Leib geschnitten, Kinder mit Schwertern zerhackt oder lebendig ins Feuer geworfen, vor den Augen ihrer Mütter …«
    Der Kölner schauderte, dann rieb er sich resigniert über das vor Müdigkeit graue Gesicht. »Wir wollten ein paar von ihnen zur Abschreckung hängen lassen. Aber Philipp ist dagegen. Sie sind zu viele. Er fürchtet einen Aufruhr oder dass sie einfach abziehen. Und wir Ritter sind nicht genügend an der Zahl, um sie aufzuhalten. Was nützt es, wenn wir unser Leben riskieren, um jemanden zu retten? Kaum sind wir ein paar Schritte weg, um woanders einzugreifen, holen sie nach, woran wir sie gehindert hatten. Es ist ein gottloses, ruchloses Pack. Und wir sind nur fünfzig gegen viertausend.«
    »Fünfundfünfzig mit uns«, erklärte Christian bestimmt.

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