Die Entscheidung der Hebamme
verlegen.
»Ich bin nicht an dummen kleinen Gänschen interessiert«, meinte er gleichgültig.
Er hätte besser auf Marthes Warnung hören sollen. Als er die Kammer betrat, die ihm und zwei weiteren Rittern, die noch unten in der Halle zechten, für diese Nacht zugewiesen war, kam ihm seine Schlafstatt verändert vor. Ungehalten griff er nach der Decke, unter die jemand irgendetwas geschmuggelt haben musste, und zog sie beiseite.
Für einen Augenblick verschlug ihm der Anblick die Sprache, doch schnell fand er seine Worte wieder.
»Bedeckt Eure Blöße und verlasst auf der Stelle diese Kammer!«, fuhr er Adela an, die sich, nur mit dem Unterhemd bekleidet, unter seiner Decke versteckt hatte.
Der schwärmerische Blick, mit dem sie ihn angesehen hatte, wich der Enttäuschung, ihr lächelnder Mund verzog sich zu einem Schmollen.
»Aber ich liebe Euch! Begehrt Ihr mich denn gar kein bisschen?«, bettelte sie.
»Wisst Ihr nicht, worauf Ihr Euch da einlasst? Ihr bringt Euern guten Ruf in Gefahr! Und meinen«, fuhr er sie an, gröber, als er wollte.
Weil sie keinerlei Anstalten machte, sein Bett zu verlassen, griff er nach ihrem Arm, um sie hochzuziehen und aus der Kammer zu schicken.
Im gleichen Augenblick ging die Tür auf, und Adelas Bruder stand in der Öffnung.
»Seht Ihr, habe ich es Euch nicht gesagt?«, hörte Lukas eine triumphierende Mädchenstimme und sah Lucardis hinter Geralds Rücken hervorlugen. Er ließ seine Hand sinken, als habe er glühendes Eisen berührt.
Ebenso fassungslos wie kurz zuvor noch Lukas, starrte nun Adelas Bruder auf die Szene, die sich ihm darbot, und wurde puterrot vor Zorn.
»Ihr ehrloser Schuft wagt es …«, fing er an zu brüllen, doch Lukas fiel ihm ins Wort.
»Der Anblick täuscht, es ist nichts geschehen! Sie war es …«, wollte er erklären. Aber Gerald ließ ihn nicht ausreden. Inzwischen begann sich ein Auflauf vor der Kammer zu bilden; dem Stimmengewirr nach musste mindestens ein Dutzend Menschen im Gang stehen.
Fein ausgedacht, dachte Lukas wütend. Und ich bin geradewegs in die Falle getappt!
Auch die eingeschüchtert wirkende Adela wollte etwas sagen, doch ihr Bruder packte sie hart am Arm und zerrte sie hoch. »Raus mit dir, Hure! Warte draußen, bis ich komme und dich grün und blau schlage! Gleich morgen früh schaffe ich dich ins Kloster!«
»Nein! Nicht das!«, schrie das Mädchen verzweifelt, und Tränen schossen ihr in die Augen. Lukas sah, dass sie mit dieser Entwicklung nicht gerechnet hatte.
»Allerdings! Was dachtest du denn?«, wütete Gerald. »Aber vorher kriegst du noch deine Tracht Prügel. Dann kannst du auf allen vieren ins Kloster kriechen.«
Grob zerrte er sie zur Tür und übergab sie einem seiner Freunde. »Oswin, beginn schon einmal damit. Schone sie ja nicht, auch wenn sie noch so heult! Sie hat kein Erbarmen verdient.«
Geralds Begleiter nahm das Mädchen mit grimmiger Miene in Empfang und nickte ihrem Bruder zu, bevor er die verzweifelte Adela nach draußen zog.
Ohne seiner heulenden Schwester noch einen Blick nachzuwerfen, sah Gerald nun wütend auf Lukas.
»Ihr werdet mir morgen früh Genugtuung leisten für die verlorene Ehre meiner Schwester.«
»Wie Ihr wünscht«, entgegnete Lukas kaum weniger grimmig.
Von draußen hörte er harte Schläge klatschen und Adela jämmerlich aufschreien, wieder und wieder. Dem Geräusch nach schien sie zu Boden zu stürzen, ihre Schreie wurden zu einem qualvollen Wimmern, doch anscheinend wurde sie wieder hochgezerrt, denn die Schläge hörten nicht auf.
Lukas räusperte sich, trat einen Schritt auf Gerald zu und erklärte mit belegter Stimme: »Vorher erlaubt mir, Euch in aller Form um die Hand Eurer Schwester zu bitten.«
Zurück in Christiansdorf
»Was hätte ich denn tun sollen?« Wütend zerrte Lukas am Sattelgurt seines Pferdes. »Dieser Grobian hätte sie fast totgeschlagen!«
Er verschränkte die Hände, um Marthe in den Sattel zu helfen. »Und wie hat sie mich aussehen lassen, dieses gerissene Biest?«
Marthe schwieg. Was hätte sie auch sagen sollen? Ihn trösten und sagen, vielleicht würde ihm Adela eine gute Frau werden, auch wenn sie sich das schwer vorstellen konnte? Sie war nicht sicher, ob ihre Vorbehalte möglicherweise nur daher rührten, dass ihr der Gedanke zu ungewohnt erschien, Lukas verheiratet zu sehen. Doch so oder so, irgendwann musste er sich schließlich eine Frau nehmen.
Natürlich hatte sich der unerhörte Vorfall vom Abend im Nu
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