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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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herumgesprochen – nur nicht zu Marthe, die völlig entgeistert erst am Morgen durch den Hofklatsch davon erfuhr.
    Ihr Aufbruch hatte sich verzögert, weil Lukas noch zum Zweikampf mit Adelas Bruder antreten musste. Dessen Schwester durfte nicht dabei zusehen. Gerald hatte ihr befohlen, unter strengster Bewachung in der Kammer zu bleiben. So musste das Mädchen, dessen Gesicht von den Schlägen angeschwollen war, bangen, ob nun ihr Bruder oder der Mann, von dem sie schon seit Monaten träumte und den sie unbedingt heiraten wollte, starb. Niemand durfte zu ihr und sie damit beruhigen, dass Otto strenge Regeln für diesen Kampf aufgestellt hatte.
    Natürlich konnte er ihn nicht untersagen; schließlich ging es um die Ehre einer Jungfrau. Doch der Markgraf hatte verfügt, dass keiner der Gegner den anderen töten durfte. Der Kampf sollte zu Ende sein, wenn das erste Blut floss.
    Mit grimmigen Mienen stellten sich die beiden Kontrahenten auf, und Lukas war sich nicht sicher, ob sich Gerald wirklich an die Weisung des Markgrafen halten würde. Adelas Bruder machte eher den Eindruck, ihn abstechen zu wollen – ob nun aus Zorn über den vermeintlichen Ehrverlust seiner Schwester oder weil Lukas seine Heiratspläne für sie durchkreuzt hatte. Also ließ er ihm erst gar nicht die Gelegenheit zu einem tödlichen Hieb, sondern hebelte ihm sofort mit einer wuchtigen Bewegung das Schwert aus der Hand, noch während Gerald zum ersten Schlag ausholte. Mit einer beinahe lässigen Bewegung verpasste er dem Verblüfften im nächsten Augenblick einen knapp bemessenen Schnitt am Oberarm. Geralds aufgeschlitzter Ärmel offenbarte einen roten Kratzer.
    »Blut ist geflossen, der Kampf ist beendet«, verkündete Ottos ältester Ritter, ein graubärtiger Kämpe namens Friedmar, der für den morgendlichen Zweikampf das Amt eines Turniervogtes übernommen hatte. »Ritter Lukas hat gewonnen. Die Ehre der Jungfrau blieb unangetastet und steht außer Frage.«
    Mit eifrigem Getuschel kommentierten die Zuschauer den Ausgang des Kampfes, während sich Gerald von einem Freund – jenem, der am Vorabend in seinem Auftrag Adela so gnadenlos gezüchtigt hatte – sein Schwert zurückbringen ließ.
    Er wusste nicht, ob er wütend oder erleichtert über diesen Verlauf sein sollte. Doch am Ende überwog wohl die Erleichterung, dass der Skandal um seine Schwester nicht noch schlimmere Ausmaße annahm. Anscheinend war er gerade noch rechtzeitig erschienen, um Schlimmstes zu verhindern. Diese Lucardis hatte wohl recht: Für die Warnung stand er in ihrer Schuld. Vielleicht sollte er zum Dank wirklich bei ihrem Vater um ihre Hand anhalten, wie sie ihm suggeriert hatte. Immerhin, sie sah hübsch aus, schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein, und es war allgemein bekannt, dass sie mit einer üppigen Mitgift ausgestattet werden sollte. Warum war er nicht schon eher auf diese Idee gekommen? Doch darüber konnte er später nachdenken. Jetzt gab es erst einmal Dringlicheres zu regeln.
    »Ihr werdet sie noch vor der Reichsheerfahrt heiraten«, knurrte er Lukas an. »Ich will nicht riskieren, dass Ihr vielleicht fallt und sie entehrt, aber unverheiratet zurückbleibt.«
    Lukas nickte nur und verzichtete darauf, seinen künftigen Schwager darauf hinzuweisen, dass er Adela
nicht
entehrt hatte. Wer weiß, ob sie überhaupt noch Jungfrau war, so dreist, wie sie sich aufgeführt hatte.
    »Bis dahin stecke ich sie in ein Kloster«, fuhr Gerald wütend fort. »Ihr werdet sie erst am Tag der Hochzeit vor der Kirche wieder zu sehen bekommen. Und glaubt nicht, um die Mitgift mit mir feilschen zu können!«
    Kommentarlos nahm Lukas auch diese Worte entgegen. Gerald würde die Mitgift nun ohnehin geringer ansetzen, aber das war ihm gleichgültig. Adela hatte gewusst, worauf sie sich einließ, und bekam, was sie wollte: einen Ritter ohne eigenes Land.
    Sie hatte ihm leidgetan, als sie am Abend so jämmerlich verprügelt worden war. Doch nun fragte er sich, ob er ihr je verzeihen konnte, ihn durch Hinterlist gezwungen zu haben, um ihre Hand anzuhalten, obwohl er keinerlei Interesse an ihr hatte.
     
    »Ich habe schon mein Land und mein Erbe eingebüßt, da kann ich nicht auch noch meine Ehre verlieren«, stieß Lukas zornig aus, während er Marthe in den Sattel half. »Die ist nämlich das Einzige, das mir noch geblieben ist.«
    Ohne ein weiteres Wort saß er auf, und der kleine Reitertrupp setzte sich Richtung Christiansdorf in Bewegung.
    Ohne den folgenschweren

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