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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Atem.
    Mit bedächtigem Schritt entfernte sich der Feldmarschall von seinem Zelt. Er tauchte ein in einen der dichten dunklen Wälder, von denen es zahlreiche gab in dieser Gegend. Eigentlich hätte er sogar recht gelöst sein können. Aus der großen Schlacht bei Freiburg, die zu einer der verlustreichsten seit Kriegsbeginn geworden war, war er zwar nicht als Sieger hervorgegangen – aber nichtsdestoweniger hatte er sich zum Sieger erklärt. Er hatte Boten ausgesandt, die diese Kunde in die Welt trugen. Seine Gegner handelten nicht anders, sie kürten sich gleichermaßen zu Triumphatoren, das war ihm klar. Wieder einmal eine gewaltige Schlacht, die nur Sieger und keine Verlierer kannte. Und die Tausende Menschenleben gekostet hatte. Das war nichts Neues für Franz von Lorathot; so war es nun einmal, so war es schon seit jeher. Gefechte riesigen Ausmaßes, unvorstellbares Grauen, und danach blieb dennoch irgendwie alles beim Alten.
    Für ihn bestand das Entscheidende ohnehin darin, dass der Mann, der ihn finanzierte, ihm nach wie vor wohlgesonnen war. Und daran hatte sich nichts geändert, wie die ständige Korrespondenz, in der Lorathot und Maximilian von Bayern standen, unzweifelhaft belegte.
    Ein Stück weit war er einem Bach gefolgt, der sich durch den Wald schlängelte. Nun hockte er sich an dessen Rand nieder. Leise drangen die Geräusche des erwachenden Lagers zu ihm, die Stimmen, das Schlagen von Töpfen. Seine Gedanken hetzten schon wieder zurück zu Maximilian, der kürzlich zu dieser Reise aufgebrochen war, die dem Feldmarschall seit geraumer Zeit Sorgen bereitete.
    Niemals gab es einen Moment des Durchatmens und Kräftesammelns. Ja, ein Gehetzter war er, ein Gehetzter des Krieges. Immer hatte er kämpfen müssen. Andere Generäle und Feldmarschälle kamen aus begüterten Familien, Titel und Offiziersränge waren ihnen auf dem Silbertablett präsentiert worden. Nicht so bei Franz von Lorathot. Hochgearbeitet hatte er sich, hochgedient, nach oben gefochten. Mit der Waffe, mit eisernem Willen. Und jetzt, da er oben war, würde er sich nicht beiseiteschieben lassen. Wenn er zu dem Vermögen kommen wollte, das er anstrebte – und zwar schon seit er im muffelnden Stroh eines winzigen Hauses einer armen Familie geboren worden war – , dann gab es nur eines für ihn zu tun. Nämlich weiterzukämpfen.
    Von jenem bescheidenen Häuschen in Langich, irgendwo in Lothringen, war er einst aufgebrochen, arm, aber entschlossen. Er hatte den Namen seiner Eltern abgelegt und den französischen Namen seines Heimatortes angenommen, weil dessen melodiöser Klang seiner Ansicht nach mehr hermachte. Nein, er würde sich nicht beiseiteschieben lassen. Nicht jetzt. Niemals. Nicht umsonst wurde er in manchen Landstrichen Teufelssohn, Satan oder Gevatter Tod genannt. Er wusste das, aber er scherte sich nicht im Geringsten darum.
    Vögel zwitscherten in den Ästen, der Bach plätscherte. Franz von Lorathot blieb weiter im Gras sitzen. Immer noch keine Nachricht von dem Mann, den er Maximilian als heimlichen Beobachter hinterhergeschickt hatte.
    »Was hast du vor, Max?«, fragte Lorathot plötzlich laut in die Stille, die ihn umschwebte.
    Er beugte sich nach vorn, wusch sein Gesicht mit dem kalten klaren Wasser und betrachtete das Spiegelbild, das der Bach ihm zeigte. Dunkle, tief in ihren Höhlen liegende Augen erwiderten seinen Blick.
     
    *
     
    »Was ist denn los?«, fragte Bernina noch einmal.
    »Ich sagte ja, dass dieser Kerl dünn wie eine Bohne ist.« Hermann Lottinger, der ihr die Sicht versperrte, drehte sich um. »Aber so dünn … «
    Jetzt drängte sich Bernina an dem massigen Mann vorbei. Was sie in dem Schuppen erwartete, war – nichts.
    Nichts und niemand.
    Lottinger bückte sich und hob den eisernen Ring hoch, den eine Kette mit der Wand verband. »Sieh dir das an.« Mit seinem Zeigefinger stippte er ungeschickt in das Blut, das auf dem Eisen klebte. »Er hat es tatsächlich geschafft, seine Händchen da herauszuwinden. Wenn auch ein bisschen Haut auf der Strecke geblieben ist.« Er richtete sich auf und ließ den Ring fallen. »Handgelenke wie ein kleines Mädchen.«
    Bernina trat an die Fensteröffnung. Die Tierhaut, die den Rahmen ausgefüllt hatte, hing in Fetzen herunter. »Und dann ist es ihm gelungen, sich hier durchzuquetschen.«
    »Ja, eigentlich hätte er stecken bleiben müssen. Selbst ein Hering wie er.«
    »Eigenartig, das Ganze«, bemerkte Bernina nach ein paar Sekunden ratlos.
    »Das kann man wohl

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