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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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entstanden. Auf Euler, einen kräftigen Kerl mit rostrotem Haar und einem auffällig gezwirbelten Schnurrbart, hielt Franz von Lorathot große Stücke.
    Während die vier auf seine Entscheidungen, auf neue Befehle warteten, überschlug der Feldmarschall in raschen Gedanken, wie er weiter vorgehen sollte. Es schien jetzt vor allem darauf anzukommen, den entscheidenden Nadelstich zu versetzen, um diesen angeblichen Verhandlungen im Nu die Luft ausgehen zu lassen. Dennoch – er durfte nicht unvorsichtig sein.
    »Der Mann ist tatsächlich tot?« Seine messerscharfe Stimme ließ die Stille zersplittern. »Ihr habt den Leichnam mit eigenen Augen gesehen?«
    Euler trat vor und legte einen goldenen Ring auf Lorathots kleinem Schemel ab. »Den haben wir dem Toten abgenommen. Im Wald stießen wir erst auf sein Pferd, gleich darauf auf ihn selbst.«
    Der Feldmarschall kannte das Schmuckstück mit den beiden Fischen – er selbst hatte es einst als Belohnung überreicht.
    Paul Holzapfel war also tot, dachte er. Unwillkürlich fiel ihm auf, dass er den Namen des Mannes nie ausgesprochen hatte – und es dazu nun niemals kommen würde. Nur ein einziges Mal war auf jenen Paul Holzapfel kein Verlass gewesen und das hatte ihm den schweigsamen Kopf gekostet.
    »Ihr habt von zwei Planwagen gesprochen. Was wird damit befördert?«
    »Es war nicht leicht, das festzustellen.« Ein leises Räuspern von Euler. »Die Leute hielten sich ständig in unmittelbarer Nähe der Gefährte auf. Und wir wussten nicht, ob … «
    »Was wird damit befördert?«, schnitt Lorathot ihm das Wort ab.
    »Wir konnten lediglich Kisten erkennen. Aber selbstverständlich nicht deren Inhalt.«
    »Der alte Kerl, den ihr beschrieben habt – seinen Namen wisst ihr nicht?«
    Sie schüttelten die Köpfe, alle gleichzeitig.
    »Er heißt Mentiri«, zischte Lorathot. »Jedenfalls nennt er sich so. Und er müsste längst tot sein.« Mit ruhigerer Stimme setzte hinzu: »Bei Nils Norby hingegen seid ihr euch sicher?«
    Diesmal nickten sie. Euler erwiderte: »Wir haben viel von Nils Norby gehört. Er muss es sein.«
    Lorathots Gesicht verzog sich zu einem geradezu teuflischen Grinsen. Er ordnete seine Gedanken neu. Mentiri noch am Leben, Nils Norby noch am Leben. Und sie waren gemeinsam unterwegs. Äußerst merkwürdig, wie sich alles entwickelte. Nichts, aber auch gar nichts schien zu sein, wie es sein sollte.
    Unverwandt starrte Lorathot auf die Zeltwand, als wären darauf für andere unsichtbare Ratschläge geschrieben worden. Kurfürst Maximilian war alt, und Alter bedeutete Wankelmütigkeit, ein gewisses Nachlassen, eine Verweichlichung. Die Lage war nicht ungefährlich – den Träumern, die sich in St. Peter einfanden, musste Einhalt geboten werden. Spinner wie sie konnten Kämpfern wie Lorathot beinahe mehr Schaden zufügen als der Feind in der Schlacht. Und abermals kam ihm der Gedanke, der ihn seit dem Eintreffen Eulers und dessen Begleiter verfolgte: Es war Zeit, zuzuschlagen.
    »Ihr sucht euch frische Pferde aus, Euler. Dann reitet ihr sofort zurück. Zwei zusätzliche Reiter begleiten euch zur Verstärkung. Beeilt euch. Ich werde mit den Übrigen folgen.«
    Keiner erwiderte ein Wort.
    Lorathot ließ weitere Anweisungen auf Euler und seine Männer einprasseln, schärfte ihnen unmissverständlich ein, worin ihre Aufgaben bestanden. Außerdem wurde ein Treffpunkt von ihm bestimmt, an dem sie erneut zusammenkommen würden.
    »Los, verliert keine Zeit mehr«, schnarrte er abschließend. »Diese Planwagen dürfen St. Peter nicht erreichen. Und das gilt erst recht für den Alten, für Mentiri.«
    »Und die anderen? Die Leute, die bei ihm sind?«, fragte Euler nach, obgleich Lorathot schon zuvor keinen Zweifel an seinen Absichten gelassen hatte.
    »Das sagte ich doch in aller Deutlichkeit. Niemand von der Gruppe wird St. Peter sehen.« Er machte eine Pause, um in verbindlicherem Tonfall hinzuzufügen: »Wenn ihr euch ordentlich anstellt, werde ich mich erkenntlich erweisen. Überaus erkenntlich.«
    Er ließ die vier Männer wegtreten. In Gedanken war er bei den Generälen, die ihn unterstützten, die dachten wie er. Sie hätten gewiss nichts dagegen, wenn er dieser lächerlichen Veranstaltung in St. Peter ein ziemlich heftiges Ende bereiten würde. Maximilian genoss hohes Ansehen, und man konnte ihn eigentlich nicht einfach auslöschen, wie Lorathot es in zurückliegenden Jahren mit einer ganzen Reihe von Männern getan hatte, die ihm im Wege gestanden

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