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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Siebern
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ist, sobald sie nach Hause kommen. Sie wissen doch noch, wo Sie wohnen, oder?“
    George nickte. Ja. Er wusste, wo er wohnte. Allerdings konnte er sich nicht erinnern, seinen Wohnort je verlassen zu haben. Wo war er denn nur gewesen? Was war denn nur geschehen? Er ergriff sein Handgepäck und rieb sich über das Gesicht. Dann strich er sein Handgelenk entlang und erstarrte. An beiden Armen hatte er Narben, als hätte er einen Selbstmordversuch hinter sich.
    „Alles in Ordnung, Mister?“, fragte die Stewardess leicht genervt.
    Es war offensichtlich, dass sie ihn endlich loswerden wollte, um Feierabend machen zu können. Daher nickte George schnell.
    „Ja“, versicherte er. „Ja. Alles in Ordnung.“
    Irgendetwas war auf dieser Reise mit ihm geschehen. Er war verletzt worden und er hatte seine Halskette verloren. Möglicherweise würde er nie erfahren, was alles aus seinem Gedächtnis verschwunden war. Aber wenn er an die Narben an seinen Armen dachte, dann konnte er vermutlich ganz froh sein, dass er sich nicht mehr daran erinnerte.
    Als er wenig später in der Eingangshalle stand, warteten seine Eltern und seine Schwester bereits auf ihn und bestürmten ihn mit Fragen, die er alle nicht beantworten konnte. Aber als seine Mutter ihn in die Arme schloss, kamen ihm plötzlich die Tränen.
    „Oh Darling. Du weinst ja“, sagte seine Mutter mitfühlend. „Dir muss wirklich Schreckliches widerfahren sein.“
    George schüttelte den Kopf und ließ sich von seiner Familie zum Auto führen. Ihm war Schreckliches widerfahren. Soviel war gewiss. Aber er hatte keine Ahnung, was das war. Und er hatte außerdem das Gefühl, jemanden oder etwas Wichtiges verloren zu haben. Aber wer oder was das war, das würde er wohl niemals erfahren.

Kapitel 30
Konsequenzen
    „Was um Himmels willen tust du denn hier?“
    Einar gab einen mürrischen Laut von sich und rieb sich die Augen. Er war am Vortag unten auf dem Sofa eingeschlafen, weil er niemanden wecken wollte, indem er in sein Zimmer ging.
    „Ich wohne hier, Amma“, murmelte er. „Schon vergessen? Ich binʼs, Einar. Der Junge, dem du als Kind immer die Ohren lang gezogen hast.“
    Nervös betrachtete Johanna ihren Urenkel.
    „Das meine ich doch gar nicht, du Hohlkopf. Ich meine … Wenn du hier bist, ist Darrek dann …“
    „Ja. Er ist auch wieder da. Er ist in Viktorias Haus und schläft vermutlich. Oder er sitzt an Laneys Bett und hält Händchen. Was weiß ich.“
    Johanna wurde blass. Die Perücke war gerade noch rechtzeitig fertig geworden. Insofern sollte Darrek nicht gleich bemerken, dass etwas nicht stimmte. Aber Anisia hatte Laney in Heilschlaf versetzt. Und das würde Darrek ganz zweifelsohne auffallen.
    „Ich muss zu ihm“, erklärte Johanna.
    Aber Einar ergriff ihre Hand.
    „Amma. Ich kenne dich schon lange genug, um es zu spüren, wenn etwas nicht stimmt. Was ist los? Was ist passiert?“
    Johanna zögerte.
    „Wir haben Laney in Heilschlaf versetzt“, antwortete sie dann ausweichend.
    „Warum? War sie so schwer verletzt?“
    „Nein. Aber … Das ist eine lange Geschichte, Einar. Ich muss jetzt dringend zu Darrek.“
    „Guten Morgen. Was ist denn hier los?“, fragte Swana, die mit Mady zusammen ins Wohnzimmer kam.
    Einar betrachtete seine Schwester irritiert von oben bis unten. Ihr schien es gut zu gehen. Keine Anzeichen von Verletzung. Und das schöne rotbraune Haar umspielte wie immer ihr Gesicht. Mady zog an einer Haarsträhne und gluckste vergnügt.
    „Warum bist du nicht …“, begann Einar und schluckte dann. „Laney hat deine Strafe übernommen, habe ich recht?“
    Swana sah schuldbewusst zu Boden.
    „Ich … ich wollte nicht, dass sie das tut. Aber sie hat sich nicht davon abhalten lassen. Ich habe versucht ihr zu erklären, dass es eine außergewöhnliche Art der Strafe ist. Aber sie wollte nicht auf mich hören. Dabei hätte ich meine Haare gerne geopfert, um George zu retten.“
    Einar biss sich auf die Zunge, um seine Schwester und seine Urgroßmutter nicht anzuschreien. Für Vorwürfe war es jetzt zu spät. Er ließ Johannas Handgelenk los, das er immer noch umklammert gehalten hatte, und sah sie eindringlich an.
    „Geh zu ihm“, sagte er. „Schnell. Sorg dafür, dass er es nicht bemerkt. Davon hängt unser aller Schicksal ab.“
    Johanna fand Darrek wie erwartet an Laneys Seite. Er hatte sich einen Stuhl ans Bett herangezogen und beobachtete sie beim Schlafen. Das Bild erinnerte Johanna stark daran, wie Laney den ersten Tag an

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