Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
deutlich am niedersten Parasiten, welcher sich an das Haar eines Säugetieres oder die Federn eines Vogels anklammert; am Bau des Käfers, welcher in’s Wasser untertaucht; am befiederten Samen, der vom leichtesten Lüftchen getragen wird; kurz wir sehen schöne Anpassungen überall und in jedem Teile der organischen Welt.
Ferner kann man fragen, wie kommt es, dass die Varietäten, welche ich beginnende Arten genannt habe, sich zuletzt in gute und distincte Spezies verwandeln, welche in den meisten Fällen offenbar unter sich viel mehr, als die Varietäten der nämlichen Art verschieden sind? Wie entstehen diese Gruppen von Arten, welche das bilden, was man verschiedene Genera nennt und mehr als die Arten dieser Genera von einander abweichen? Alle diese Resultate folgen, wie wir im nächsten Abschnitte sehen werden, aus dem Kampfe um’s Dasein. In diesem Wettkampfe werden Abänderungen, wie gering und auf welche Weise immer sie entstanden sein mögen, wenn sie nur einigermaßen vorteilhaft für die Individuen einer Spezies sind, in deren unendlich verwickelten Beziehungen zu anderen organischen Wesen und zu den physikalischen Lebensbedingungen die Erhaltung solcher Individuen zu unterstützen und sich gewöhnlich auf deren Nachkommen zu übertragen neigen. Ebenso wird der Nachkömmling mehr Aussicht haben, leben zu bleiben; denn von den vielen Individuen dieser Art, welche von Zeit zu Zeit geboren werden, kann nur eine kleine Zahl am Leben bleiben. Ich habe dieses Prinzip, wodurch jede solche geringe, wenn nur nützliche Abänderung erhalten wird, mit dem Namen »natürliche Zuchtwahl« belegt, um seine Beziehung zum Wahlvermögen des Menschen zu bezeichnen. Doch ist der oft von Herbert Spencer gebrauchte Ausdruck »Überleben des Passendsten« zutreffender und zuweilen gleich bequem. Wir haben gesehen, dass der Mensch durch Auswahl zum Zwecke der Nachzucht, durch die Häufung kleiner, aber nützlicher Abweichungen, die ihm durch die Hand der Natur dargeboten werden, große Erfolge sicher zu erzielen und organische Wesen seinen eigenen Bedürfnissen anzupassen im Stande ist. Aber die natürliche Zuchtwahl ist, wie wir nachher sehen werden, eine unaufhörlich zur Tätigkeit bereite Kraft und des Menschen schwachen Bemühungen so unermesslich überlegen, wie es die Werke der Natur überhaupt denen der Kunst sind.
Wir wollen nun den Kampf um’s Dasein etwas mehr im Einzelnen erörtern. In meinem späteren Werke über diesen Gegenstand soll er, wie er es verdient, in größerer Ausführlichkeit besprochen werden. Der ältere DeCandolle und Lyell haben des weiteren und in philosophischer Weise nachgewiesen, dass alle organischen Wesen im Verhältnise einer harten Konkurrenz zu einander stehen. In Bezug auf die Pflanzen hat Niemand diesen Gegenstand mit mehr Geist und Geschick behandelt als W. Herbert, der Dechant von Manchester, offenbar in Folge seiner ausgezeichneten Gartenbaukenntnisse. Nichts ist leichter, als in Worten die Wahrheit des allgemeinen Wettkampfes um’s Dasein zuzugestehen, aber auch nichts schwerer, als – wie ich wenigstens gefunden habe – dieselbe beständig im Sinne zu behalten. Bevor wir aber solche dem Geiste nicht fest eingeprägt haben, wird der ganze Haushalt der Natur, mit allen den Tatsachen über die Verteilungsweise, die Seltenheit und den Reichtum, das Erlöschen und Abändern in derselben nur dunkel oder ganz unrichtig begriffen werden. Wir sehen das Antlitz der Natur in Heiterkeit strahlen, wir sehen oft Überfluss an Nahrung; aber wir sehen nicht oder vergessen, dass die Vögel, welche um uns her sorglos ihren Gesang erschallen lassen, meistens von Insekten oder Samen leben und mithin beständig Leben zerstören; oder wir vergessen, wie viele dieser Sänger oder ihrer Eier oder ihrer Nestlinge unaufhörlich von Raubvögeln und Raubtieren zerstört werden; wir behalten nicht immer im Sinne, dass, wenn auch das Futter jetzt im Überfluss vorhanden sein mag, dies doch nicht zu allen Zeiten jedes umlaufenden Jahres der Fall ist.
Der Ausdruck, Kampf um’s Dasein, im weiten Sinne gebraucht
Ich will vorausschicken, dass ich diesen Ausdruck in einem weiten und metaphorischen Sinne gebrauche, unter dem sowohl die Abhängigkeit der Wesen von einander, als auch, was wichtiger ist, nicht allein das Leben des Individuums, sondern auch Erfolg in Bezug auf das Hinterlassen von Nachkommenschaft einbegriffen wird. Man kann mit Recht sagen, dass zwei hundeartige Raubtiere in Zeiten des
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