Die Epidemie - Teil 2
direkt in die Augen und nickte anerkennend. Zum ersten Mal seit unserer Bekanntschaft sah ich diese Reaktion von ihm, die mich einerseits überraschte und andererseits mit etwas Stolz erfüllte. Zuvor schienen die beiden, uns als eine Art Ballast anzusehen, den sie hinter sich herschleppen mussten.
„ Und was dann?“, fragte Nikolai mit einer zittrigen Stimme.
„ Wir folgen dem Kanalisationsschacht bis wir eine passende Stelle gefunden haben, an der wir wieder ans Tageslicht herausklettern können“. Daraufhin drückte Georgi auf den Knopf und gab dem Aufzug damit den Befehl, seine Last nach unten zu befördern.
Die seit längerer Zeit nicht mehr ausreichend gewarteten Aufzugstüren schlossen sich mit einem müden Knacken und die Kabine begann ihre Fahrt nach unten. Mit jedem Meter, den uns der Aufzug nach unten brachte, wurden die Schreie der eingedrungenen Infizierten immer lauter. Georgi und sein Kamerad entsicherten ihre Waffen und richteten sie mit den Mündungen zur Tür. Meine Pistole war ebenfalls schussbereit und ich stellte mich auf ein bevorstehendes Massaker ein. Nikolai stand mit bleichem Gesicht zu meiner Rechten und sah sichtlich nervös aus. Große Schweißtropfen liefen über seine Stirn und Wangen. Die Hand, mit der er seine Pistole fest umklammerte, zitterte vor Angst und Aufregung.
Hinter mir stand Maria. Ich warf ihr einen letzten Blick zu und war erstaunt darüber, welch eine Tapferkeit sie ausstrahlte. Trotz der drohenden Gefahr blieb sie weiterhin ruhig und gelassen.
„ Du weichst mir nicht von der Seite, verstanden?“ Ich war überrascht, als ich Adams Stimme hörte. Obwohl ich seit mehr als zwanzig Stunden der Gruppe angehörte, war es das erste Mal, dass ich seine Stimme hörte. Alesja hielt sich am Ärmel seines Wollpullovers fest und starrte mit weit geöffneten Augen zur Tür.
Ein plötzliches, unsanftes Stoppen des Aufzuges deutete darauf hin, dass wir das Erdgeschoss erreicht hatten. Im gleichen Augenblick löste sich auch die Verrieglung und die Schiebetüren glitten auseinander.
Georgi stürmte als erster aus dem Aufzug, sein Gewehr angriffslustig nach vorne gerichtet. Zeff folgte ihm und war ebenfalls kampfbereit. Bevor ich einen Schritt über die Türschwelle machen konnte, ertönten schon die ersten Schüsse. Unsere Ankunft blieb nicht unbemerkt und zu unserem Pech befanden sich im Erdgeschoss bereits weit mehr als nur fünfzehn Infizierte.
In der unmittelbaren Nähe zum Aufzug, auf dem Treppenpodest, wanderten drei von ihnen umher. Georgis erste Schüsse galten genau diesen Geschöpfen. Ich war erstaunt darüber, wie schnell er ihre Anwesenheit bemerkt und sie mit gezielten Kopfschüssen unschädlich gemacht hatte.
Auch Zeff feuerte wild aus seinem Gewehr. Dabei zielte er auf diejenigen, die uns gefährlich nahe waren.
Es überraschte mich nicht, dass Maria die nächste war, die den Mut fand und die sichere Aufzugskabine verließ. Dann kamen auch Nikolai und das junge Pärchen heraus.
Mit kleinen Schritten gelang es uns, bis zur Treppe zu kommen. Stufe für Stufe kamen wir unserem Ziel, den Technikräumen näher, aber auch unseren Feinden, die uns zahlenmäßig weit aus überlegen waren.
Adam schreckte bei jedem Schuss zusammen und wandte seinen Kopf von einer Seite zur anderen. Die Waffe hielt er wie ein Schutzschild vor sich, als er sich vom Aufzug entfernte und sich uns anschloss. Alesja hielt sich mittlerweile mit beiden Händen an Adams Schultern fest, nur um auf gar keinen Fall den Kontakt zu ihm zu verlieren.
Sie war es, die den Infizierten bemerkte, der sich ihnen ungestört und mit langsamen Schritten von hinten näherte. Er kam um eine Ecke und stand plötzlich auf der Treppe, die zur ersten Etage führte. Sabbernd und mit ausgestreckten Armen humpelte er die Stufen hinunter. Sein linker Fuß hatte eine Verletzung, die ihn daran hinderte, das Ziel noch schneller zu erreichen. Auch sorgte dieses Gebrechen dafür, dass er im nächsten Augenblick stolperte und mit einem Aufschrei zu Boden fiel.
Adam schreckte durch diesen Krach auf und eröffnete sofort das Feuer auf den bereits am Treppenansatz liegenden Verfolger. Die ersten beiden Kugeln trafen ihn in die Schultern und die dritte bohrte sich in den unteren Teil des Rückgrads. Ein dumpfes und unangenehmes Geräusch ertönte. Erst die vierte Kugel glitt durch den Schädel und löschte sein Leben endgültig aus.
Wut loderte in mir auf, als ich diese Munitionsverschwendung sah. Wir konnten es uns nicht
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