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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Golding
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Stimmengeräusch. Die Männer auf der Lichtung verstummten. Büschelkopf und Kastanienkopf schritten wieder die Dornhecke ab.
    Dann erschien ein neuer Mann. Er war groß und nicht so mager wie die anderen. Das Haar unter seinem Mund und auf dem Kopf war grau und weiß gleich dem Mals. Es kräuselte sich wie der Schaum auf dem Wasser, und darunter hing von jedem Ohr ein großer Katzenzahn herab. Sie konnten sein Gesicht nicht sehen, da er ihnen den Rücken zukehrte. In ihren Gedanken nannten sie ihn den Alten. Er blickte zu Tuami hinunter, und seine rauhe Stimme klang tief und mühsam.
    Tuami machte weitere Zeichen auf die Erde. Sie fügten sich zusammen, und plötzlich sahen Lok und Fa gemeinsam das Bild von der Alten, wie sie um Mal einen Strich zog. Fa blinzelte fragend zu Lok hinüber und deutete mit einem Finger kaum merklich nach unten. Alle neuen Gefährten, die nicht auf Wache waren, scharten sich um Tuami und sprachen miteinander oder mit dem Alten. Sie fuchtelten weder viel mit den Armen noch hüpften sie ihre 1 Bilder einander vor, wie es Lok und Fa getan hätten, doch ihre schmalen Lippen gingen unablässig auf und zu. Der Alte machte eine Bewegung mit dem Arm und beugte sich zu Tuami hinab. Er sagte ihm etwas. Tuami schüttelte den Kopf. Die Männer traten ein wenig von ihm zurück und hockten sich in einer Reihe hin, nur Büschelkopf hielt noch Wache. Fa und Lok wollten sehen, was Tuami hinter der Reihe haariger Köpfe machte. Tuami rutschte auf die andere Seite der bezeichneten Stelle, und sie konnten sein Gesicht erkennen. Zwischen den Augenbrauen waren aufrechte Linien, und seine Zungenspitze fuhr den Strich mit, den er zog. Abermals pflanzten sich Vogellaute durch die Reihe behaarter Köpfe fort. Ein Mann hob Stöckchen auf und zerbrach sie. Er umschloß sie mit der Hand, und die anderen nahmen jeder eines davon.
    Tuami stand auf, schritt zu einem Bündel und zog einen Beutel aus Balg hervor. Steine und Holz und geformte Dinge waren darin, und dies alles breitete er auf der bezeichneten Stelle aus. Dann kauerte er zwischen den Männern und der Stelle nieder. Sogleich begannen die Männer mit dem Mund ein Geräusch zu machen. Sie schlugen die Händen aneinander, und das Geräusch vereinigte sich mit dem rhythmischen Klatschen. Das Geräusch schwang und sank und wirbelte und blieb doch immer gleich, wie die kleinen Hügel am Fuße des Falls, die rauschendes Wasser waren und doch immer von derselben Gestalt am selben Ort. Der Wasserfall begann Loks Kopf auszufüllen, als wollte er ihn schlafen machen, weil er zu lange hineingeblickt hatte. Sein Fell hatte sich ein wenig entspannt bei der Erkenntnis, daß die Neuen einander leiden mochten. Jetzt da das Stimmengeräusch mit dem Klatsch! Klatsch! anhielt, flog ihm der Wolkenschleier wieder in den Kopf.
    Da röhrte brüllend ein brünftiger Hirsch unmittelbar unter dem Baum. Die Wolke in Loks Kopf verflüchtigte sich. Die Männer hatten sich vornübergeneigt, daß ihre Haare den Boden berührten. Der Hirsch der Hirsche tänzelte auf die Lichtung hinaus. Er hüpfte um die Kopfreihe herum, sprang auf die andere Seite der bezeichneten Stelle, drehte sich um und stand still. Er stieß erneut sein lautes Röhren aus, und da senkte sich Schweigen auf die Lichtung herab, während die Holztauben ihr Gespräch fortsetzten. Bewegung kam in Tuami. Er begann, Dinge auf die Zeichen zuzuwerfen. Er streckte den Arm vor und machte bedeutsame Gesten. Farbe war auf der freigefegten Stelle, das Braun des Spätjahrlaubs, das Rot der Beeren, das Weiß des Reifs und die stumpfe Schwärze, die Feuer auf Fels hinterläßt. Die Haare der Männer hingen noch immer auf dem Boden, und keiner sagte etwas. Tuami richtete sich im Sitzen auf.
    Loks Fell hatte sich gestrafft, und es überlief ihn mit Eiseskälte. Auf der Lichtung war noch ein zweiter Hirsch! Er lag da, wo die Zeichen gewesen waren, flach am Boden; er eilte dahin und blieb doch, wie die Stimme der Männer und das Wasser unter dem Fall, an der gleichen Stelle. Er trug die Farbe der Brunftzeit, aber er war sehr dick. Sein kleines, dunkles Auge traf sich durch den Efeu hindurch mit Loks Blick. Lok fühlte sich ertappt und kauerte sich in das weiche Holz hinein, wo die Nahrung umherkroch und ihn kitzelte. Er wollte nicht mehr hinschauen.
    Fa packte ihn beim Handgelenk und zog ihn wieder hoch. Ängstlich hob er das Auge an die Blätter und blickte erneut zu dem ausgestreckten Hirsch hinunter; doch er konnte ihn nicht mehr sehen,

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