Die Erben
stemmte. Sie redete und schob das Mädchen vor sich her auf die Lichtung. Tanakil ging nur widerwillig mit und sah sich um. Dann war sie verschwunden. Liku kroch zu der Höhle aus Zweigen, ergriff die kleine Oa, drückte sie an die Brust und krabbelte wieder unter den Baum. Die zerknitterte Frau kam zurück und blickte sie an. Einige der Falten und Knitter in ihrem Gesicht glätteten sich. Eine Weile schwieg sie, dann beugte sie sich hinab, kam aber nicht näher heran, als der Streifen Balg lang war. »Tanakil.«
Liku rührte sich nicht. Die Frau hob einen Zweig auf und hielt ihn ihr vorsichtig hin. Liku ergriff ihn zögernd, roch daran und ließ ihn zu Boden fallen. Die Frau sprach wieder. »Tanakil?«
Nur die Holztauben gaben Antwort, und das Wasserlicht zitterte der Frau hin und her über das Gesicht. »Tanakil!«
Liku schwieg. Da ging die Frau fort. Fa nahm ihre Hand von Loks Mund. »Sprich nicht zu ihr.«
Sie sah ihn brauenrunzelnd an. Jetzt da die Frau nicht mehr bei Liku war, ließ das Zittern auf seinem Fell nach. Der äußere Lok mahnte ihn zur Vorsicht. Stimmen erhoben sich auf der Lichtung. Lok und Fa wechselten abermals den Auslug. Es hatte sich vieles verändert. Ein schönes, helles Feuer brannte in der Mitte, und sein schwerer Rauch stieg stracks zum Himmel auf. Höhlen waren zu beiden Seiten der Lichtung errichtet worden, Höhlennischen, Überhänge aus Ästen, die die neuen Gefährten in ihren Stämmen mitgebracht hatten. Die Bündel waren zum größten Teil verschwunden, so daß viel Platz war um das Feuer herum. Die Neuen hatten sich dort versammelt und redeten durcheinander. Sie wandten die Köpfe dem Alten zu, der ihnen antwortete. Sie reckten ihm alle die Arme entgegen, außer Tuami, der ein wenig abseits stand, als gehöre er zu anderen Gefährten.
Der Alte schüttelte laut rufend den Kopf. Die Neuen kehrten sich murmelnd zueinander, bis sie ein Knäuel von Rücken waren. Dann gingen sie wieder mit lauten Rufen den Alten an. Der schüttelte wiederum den Kopf, wandte ihnen den Rücken zu und trat gebückt in die Höhle zur Linken. Die anderen drängten sich, immer noch laut rufend, jetzt um Tuami. Dieser hob einen Arm, und sie verstummten. Er deutete auf den Hirschkopf, der seit dem Morgen hinter den Stämmen beim Feuer am Boden lag. Er wies mit dem Kopf auf den Wald, während die anderen wieder laut riefen. Der Alte kam aus der Höhle und hielt einen Arm hoch wie Tuami. Einen Augenblick lang war Stille.
Dann sprach der Alte ganz laut ein einziges Wort. Sogleich erhob sich ein großer Schrei. Die neuen Gefährten beschleunigten sogar ihre langsamen Bewegungen ein wenig. Die dicke Frau trat aus der Höhle mit einem seltsamen Bündel auf den Armen. Es war der ganze Balg eines Tieres, aber er wippte und schwabbelte, als ob das Tier aus Wasser gemacht wäre. Die Neuen suchten ausgehöhlte Holzstücke hervor und hielten sie unter das Tier, das sogleich in sie hinein Wasser ließ. Das Tier machte jedes voll, denn Lok sah das Wasser aufblitzen, wenn es in das Holz fiel. Die dicke Frau erfreute sich an dem Tier, wie sie sich an dem Jungen erfreut hatte; alle freuten sich, sogar der Alte, der jetzt grinste und lachte. Sie traten mit ihren Holzstücken ans Feuer und hielten sie vorsichtig umfaßt, damit nichts überschwappte, obwohl doch im Fluß viel Wasser war. Sie knieten nieder oder setzten sich langsam hin und führten das Holz zum Mund und tranken. Tuami hockte sich grinsend neben der dicken Frau hin, und das Tier ließ Wasser in seinen Mund hinein. Fa und Lok kauerten sich mit angespannten Gesichtern zusammen. Lok spürte einen Klumpen im Hals. Die eßbaren Dinge des Baumes krochen über ihn hinweg, und er verzerrte das Gesicht, wenn er sie eines nach dem anderen in den Mund steckte. Er leckte sich die Lippen und gähnte abermals. Dann sah er hinunter zu Liku. Das hagere Mädchen war wieder da. Es roch jetzt anders, säuerlich, war aber fröhlich. Es begann in seiner hellen Vogelsprache mit Liku zu sprechen, und da ging Liku ein Stück vom Baum fort. Tanakil sah sich nach den anderen um, die am Feuer versammelt waren, und trat dann leise zu Liku. Sie legte eine Hand auf den Balgstreifen, wo dieser um den Baum geschlungen war, und begann ihn auseinanderzuwinden. Der Streifen löste sich. Tanakil schlang ihn um das Handgelenk, indem sie den Arm hob und senkte und drehte, wie eine Schwalbe fliegt, wenn es Sommer ist. Sie schritt ganz um den Baum herum, und der Balgstreifen folgte ihr. Sie sagte
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