Die Erben
neben dem zweiten Stamm ins Wasser. Tanakil trat näher um zuzusehen, doch Liku zerrte nach der anderen Seite. Tanakil erklärte Liku etwas, aber Liku wollte nicht in die Nähe des Wassers gehen. Tanakil begann an dem Balgstreifen zu ziehen. Liku krallte sich mit Händen und Füßen in die Erde. Plötzlich begann Tanakil mit ihr zu schreien wie die knittergesichtige Frau. Sie hob einen Stock auf, sprach mit scharfer, schneidender Stimme und zog wieder an. Liku klammerte sich immer noch fest, und Tanakil hieb ihr mit dem Stock über den Rücken. Liku heulte auf, und Tanakil zerrte und schlug. »A-ho! A-ho! A-ho!«
Der zweite Stamm legte seine Schnauze auf den Uferrand, doch er wollte nicht weiterklettern wie der andere. Er glitt zurück, und die Neuen fielen hin. Der Alte schrie, so laut er konnte. Er deutete wütend auf den Fluß hinaus, dann zum Wasserfall hin, in den Wald, und seine Stimme tobte unablässig. Die anderen schrien zurück. Tanakil hörte auf zu schlagen und sah den Großen zu. Der Alte ging umher und scheuchte sie mit dem Fuß auf. Tuami stand ein wenig abseits, blickte ihn an wie der Stamm mit den großen Augen und schwieg. Langsam erhoben sie sich und ergriffen wieder die Balgstreifen. Tanakil wollte nicht mehr zuschauen; sie wandte sich ab und kniete neben Liku nieder. Sie hob kleine Steine auf, warf sie in die Luft und versuchte sie mit dem schmalen Rücken ihrer Hand aufzufangen. Bald sah Liku ihr wieder zu. Der Stamm kletterte aus dem Wasser heraus ans Ufer, wackelte und war dann ganz an Land. Die Neuen richteten sich erschöpft auf und gingen wieder zu ihren Höhlen.
Lok sah hinunter zu Liku. Er war glücklich beim Anblick ihres runden Bäuchleins und der wiedereingetretenen Ruhe, jetzt da Tanakil ihren Stock nicht mehr gebrauchte. Er dachte an das Junge an der Brust der dicken Frau und lächelte zu Fa hinüber. Fa grinste verzerrt zurück. Sie schien nicht so glücklich und zufrieden zu sein wie er. Das drückende Gefühl in seinem Innern war von ihm abgefallen und dahingeschwunden wie der Reif, wenn die Sonne ihn auf einem flachen Felsen findet. Die Neuen, die so wunderbar mit Kräften und Besitz begabt waren, bedeuteten ihm nicht mehr die unmittelbare Bedrohung, die sie zuvor dargestellt hatten. Sogar der äußere Lok war beruhigt und nicht mehr so sehr bedacht auf Laute und Gerüche. Er gähnte faul und drückte sich die Handflächen in die Augenhöhlen. Die Wolke aus Blütensamen glitt und trieb hinweg, wie wenn sie im hohen Sommer ein Wind aus den Büschen der Ebene herausstreift und die Luft erfüllt ist von schaukelnden Flugfedern. Fas Flüstern drang in sein schläfriges Dahindämmern ein. »Vergiß nicht, daß wir sie beide mitnehmen, wenn es dunkel ist.«
Ein Bild erstand ihm, von der dicken Frau, wie sie lachte und das Junge stillte. »Wie willst du es ernähren?«
»Ich werde ihm alles vorkauen. Und vielleicht kommt auch die Milch.«
Er sann über Fas Worte nach. Sie sprach ihn noch einmal an.
»Bald werden die neuen Gefährten schlafen.« Die neuen Gefährten machten aber noch gar keine Anstalten, sich schlafen zu legen. Sie lärmten lauter denn je. Beide Stämme lagen auf der Lichtung quer über dicken, runden Ästen. Um den zweiten Stamm herum hatten sich die Neuen versammelt und schrien den Alten an. Er deutete heftig in die Richtung des alten Pfades, der in den Wald hineinführte, und sprudelte seine Vogellaute aus dem Mund. Die anderen schüttelten die Köpfe, legten die Balgstreifen ab und schritten auf die Höhlen zu. Der Alte ballte die Faust zum Himmel auf, wo er von dunkelstem Blau war, dann schlug er sich mit beiden Fäusten an den Kopf; doch die anderen gingen weiter in ihrem trägen Gang zum Feuer und zu den Höhlen. Als er ganz allein stand bei den Holzstämmen, verstummte er. Dunkel begann den Raum unter den Bäumen zu erfüllen, und das Sonnenlicht hob sich vom Boden.
Der Alte schritt ganz langsam zum Fluß. Dann blieb er stehen, und sie konnten auf seinem Gesicht keinen Ausdruck erkennen; er ging jedoch schnell zu seiner Höhle zurück und verschwand darin. Lok hörte die dicke Frau sprechen, und dann kam der Alte wieder heraus. Er ging langsam in denselben Fußstapfen zum Ufer, doch dieses Mal blieb er nicht bei den Stämmen stehen, sondern ging stracks weiter. Er verschwand unter dem toten Baum und verharrte dann zwischen dem Baum und dem Fluß und sah den Kindern zu.
Tanakil lehrte Liku Fangen; der Stock war vergessen. Als sie den Alten erblickte,
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