Die Erben
richtete sie sich auf, steckte die Hände hinter den Rücken und rieb die Füße aneinander. Liku tat es ihr nach, so gut sie konnte. Der Alte sagte zuerst kein Wort. Dann wies er mit dem Kopf nach der Lichtung und sprach in scharfem Ton. Tanakil hob das Ende des Balgstreifens auf und trat, gefolgt von Liku, unter den Baum. Während Lok sich vorsichtig im Horst drehte, sah er sie in eine der Höhlen gehen. Als er wieder zum Fluß hinabblickte, stand der Alte am Ufer und ließ Wasser. Das Sonnenlicht war aus dem Fluß herausgestiegen und fing sich in den Baumwipfeln auf der anderen Seite. Eine große Röte war über dem Fall und der Schlucht, und das Wasser klang sehr laut. Der Alte kam zu dem Baum zurück, blieb darunter stehen und spähte aufmerksam zu der Dornhecke hinüber, wo der Wächter stand. Dann ging er um den Baum herum, spähte erneut und suchte die ganze Runde mit den Augen ab. Er kam wieder zurück und lehnte sich, mit dem Gesicht zum Wasser, an den Baum. Dann steckte er die Hand unter die Fellhaut seiner Brust und zog einen Klumpen heraus. Lok witterte und wußte, was es war. Der Alte aß das Fleisch, das sie Liku zugedacht hatten. Er lehnte mit geneigtem Kopf und abstehenden Ellenbogen am Baum, und sie hörten, wie er zerrte und biß und kaute, hörten ihn so emsig über sein Fleisch herfallen wie ein Käfer über totes Holz.
Da kam jemand näher. Lok hörte ihn, aber nicht der Alte, dem das Geräusch seiner Kinnladen das Ohr verstopfte. Der Mann ging um den Baum herum, erblickte den Alten, blieb stehen und heulte vor Wut auf. Es war Kiefer. Er rannte zur Lichtung zurück, trat neben das Feuer und begann mit lauter Stimme zu rufen. Gestalten krochen aus den dunklen Höhlen, Männer und Frauen. Dunkelheit floß über den Boden, und Kiefer stieß das Feuer mit dem Fuß an, daß Funken und Flammen aufschossen. Dann rang flutender Feuerschein mit herandrängender Finsternis unter noch hellem Himmel. Der Alte schrie laut bei den Stämmen; Kiefer rief und deutete auf ihn, und die dicke Frau trat aus der Höhle heraus mit dem zappelnden Jungen auf der Schulter. Plötzlich stürzten die Neuen heran. Der Alte sprang in einen der Stämme, ergriff ein hölzernes Blatt und schwang es. Die dicke Frau begann die anderen anzukreischen, und der Lärm war so groß, daß die Vögel in den Bäumen aufflatterten. Dann drang nur noch die Stimme des Alten durch den Dämmer. Die anderen beruhigten sich ein wenig. Tuami, der geschwiegen hatte und an die Seite der dicken Frau getreten war, sagte etwas, und die anderen nahmen es auf und wiederholten die Worte. Ihre Stimmen wurden neuerlich lauter. Der Alte deutete auf den Hirschkopf neben dem Feuer, aber das Lärmen der anderen, die immer ein und dasselbe Wort schrien, klang so, als kämen sie näher. Die dicke Frau duckte sich in ihre Höhle, und Lok sah, wie die Blicke der anderen an der Öffnung hingen, durch die sie verschwunden war. Sie kam wieder hervor, ohne das Junge, aber mit dem Tier, das schwabbelte. Da stießen sie einen Ruf aus und klatschten in die Hände. Sie gingen eilends fort, und als sie wiederkamen, trugen sie abermals die hohlen Holzstücke in den Händen, und das Tier auf der Schulter der dicken Frau ließ sein Wasser hineinlaufen. Sie tranken; Lok konnte im Feuerschein erkennen, wie sich die Knochen ihrer Hälse bewegten. Der Alte winkte sie in die Höhlen zurück, doch sie wollten nicht gehen. Sie umdrängten erneut die dicke Frau und bekamen noch mehr zu trinken. Die dicke Frau lachte jetzt nicht, und ihr Blick wanderte von dem Alten zu den anderen und dann zu Tuami. Er stand dicht bei ihr, und sein Gesicht lächelte. Die dicke Frau wollte das Tier in die Höhle zurückbringen, aber Kiefer und eine der Frauen hinderten sie daran. Da stürzte der Alte hinzu, und sie rangen miteinander in einem Knäuel. Tuami sah unbeteiligt den Kampf mit an, als wären die anderen etwas, das er mit seinem Stock in die Luft gezeichnet hatte. Immer mehr neue Gefährten schlossen sich dem ringenden Knäuel an, der sich ständig drehte, und die dicke Frau kreischte. Das schwabbelige Tier rutschte ihr von der Schulter und tauchte unter. Einige der anderen fielen mitten darauf. Lok hörte ein Geräusch von Wasser, und dann sank der Knäuel ein wenig zu Boden. Sie taumelten auseinander, und da lag das Tier platt auf der Erde, flach hingestreckt wie der Hirsch, den Tuami gemacht hatte; es sah aber viel toter aus. Der Alte richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
Lok
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