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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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Wesen rammte einige Meter vor Ragnar seine Hufe in den eisigen Schnee und warf seine langen, ebenso schwarz-weißen Haare zurück. Ein abschätzender Blick folgte.
    »Mein Name ist Zodiak, Sohn des Taurus und der Andromeda«, verkündete er dann mit fester, aber angenehmer Stimme.
    Der Thul deutete eine Verbeugung an.
    »Mein Name ist Ragnar Ikulsson«, antwortete er. »Euer Vater, der Klanführer Taurus, schickte nach einem Thul. Einem ganz bestimmten Thul.« Ragnar machte eine kurze Pause. »Nun, hier bin ich.« Zodiak nickte kurz und ließ seinen Blick dann unmissverständlich unzufrieden über Charlie, Tora und Kunar gleiten.
    »Es war niemals die Rede von einer Eskorte«, sagte er abweisend.
    Der Thul nickte. »Das ist mir bewusst, und ich bitte vielmals um Entschuldigung für diese unangekündigte Änderung.«
    Ragnar räusperte sich, während Zodiak regungslos wie eine Statue auf eine Erklärung wartete.
    »Das Schicksal hat diese drei Jugendlichen meinen Weg zu einer sehr entscheidenden Zeit kreuzen lassen«, sprach er so geschwollen, dass Charlie trotz der angespannten Lage ein Grinsen unterdrücken musste. Offenbar erweckte Ragnars würdevolles Auftreten Zodiaks Interesse. Sein Blick verwandelte sich von Abneigung zu Neugierde.
    »Fahre fort«, forderte er den Thul auf. Ragnar nickte, er war sich seiner Worte sehr bewusst und wählte sie mit Bedacht.
    »Ohne euch – Zodiak, Sohn des Taurus und der Andromeda – zu nahe treten zu wollen, muss ich euch darum ersuchen zu verstehen, dass ich aus Sicherheitsgründen lediglich Klanführer Taurus, Nachfahre des Sirius, über den genauen Ablauf des Geschehenen und die daraus resultierenden Gefahren – aber auch Möglichkeiten – in Kenntnis setzen kann.«
    Charlie überlegte, wie lange Ragnar wohl an dieser Begrüßungsrede gearbeitet hatte.
    Oder kamen ihm die Worte tatsächlich so einfach über die Lippen? Ein Thul muss sprachlich äußerst geschickt sein, dies sichert ihm wohl das Überleben.
    »Folgt mir!«, sagte Zodiak dann und schritt der kleinen Truppe voran.
    »Ihr schweigt«, raunte Ragnar Charlie und den Geschwistern zu, dann folgten sie Zodiak über das Eis ins Dorf.
    Es bestand aus mindestens einem Dutzend langgezogenen, niedrigen Häusern, durch deren schneeumrahmte Fenster schemenhaft Wesen zu sehen waren.
    Kentauren!
    Einige von ihnen spähten neugierig zu ihnen heraus, Besucher gab es hier selten.
    Zodiak führte die Ankömmlinge zu einem Haus in der Mitte des Dorfes.
    »Sieh mal da drüben!«, wisperte Tora ihr zu.
    Etwas außerhalb der Ansiedlung, auf einer Anhöhe, setzte gerade ein rabenschwarzer Pegasus zur Landung an! Unter dem stattlichen Tier fegten zwei rotbraune Kentauren im gestreckten Galopp den Hang hinab.
    »Ich heiße euch in unserem Stall willkommen, Thul«, sagte Zodiak und zwang Charlies Aufmerksamkeit damit zurück ins Dorf. Kunar trat einige Schritte zurück und gab Tora und Charlie ein Zeichen.
    Sie sollten dem Thul nicht folgen?
    Doch dann verstand Charlie. Kunar hatte ganz richtig bemerkt, dass lediglich Ragnar eingeladen worden war, den Klanführer Taurus zu treffen. Ohne sich nach seinen Mitreisenden umzudrehen, verschwand der Thul mit einem Mantelschlag hinter Zodiak in dem geräumigen Gebäude und zog das Tor zu.
    Charlie fühlte sich brüskiert. Die Aussichten auf eine warme Stube hatten sich fürs erste zerschlagen.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Jetzt warten wir wohl darauf, ob wir hier willkommen sind«, antwortete Kunar. Tora stemmte empört die Hände in die Hüften.
    »Also wirklich«, meuterte sie. »Was ist denn das für eine Art, Gäste zu empfangen!«
    »Du vergisst, dass es Kentauren sind«, meinte Kunar sachlich. »Andere Völker, andere Sitten. Und außerdem«, fügte er tadelnd hinzu, »vergisst du wohl, dass Menschen auch nicht immer vor Gastfreundschaft überfließen!«
    »Aber es ist verdammt kalt! Was machen wir, wenn wir nicht willkommen sind?«, knurrte Tora.
    Das hatte sich Charlie auch gerade gefragt. Doch bevor sie zu einem Ergebnis kommen konnte, wurde ihre Aufmerksamkeit wieder abgelenkt. Am Berghang hinter ihnen breitete ein schwarzer Pegasus seine Flügel aus und wieherte herausfordernd. Dann verschwand er aus Charlies Sichtfeld.
    »Ob es tatsächlich der Pegasus aus meinen Träumen ist?«, fragte Charlie nachdenklich.
    Ist die Frau, die sie suchte, dort oben? Hat mich das Schicksal tatsächlich in das richtige Dorf geführt?
    Während sie sich in der Kälte die Füße in den Bauch standen,

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