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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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hungrig!«
    Hinter dem Unterstand lagerte würzig duftendes Heu. Der Geruch weckte Erinnerungen an unbeschwerte Tage mit Lena und Per, Charlies ersten Pflegeltern, die auf einem kleinen Hof gelebt hatten.
    Gedankenverloren folgte sie Sora zu der ungeduldig schnaubenden und trampelnden Herde, die so gar nichts mit ihrem geliebten Islandpony auf der Erde zu tun hatte.
    Sie standen nachdenklich nebeneinander – das Mädchen und die junge Frau. Ihre Vergangenheit konnte nicht unterschiedlicher sein – zwei Planeten, zwei Leben – doch ihre Wurzeln lagen auf Godheim. Ihre Zukunft schien genauso miteinander verknüpft zu sein wie ihre Kindheit.
    Vor so unendlich langer Zeit …
    »Ich hatte heute Nacht einen seltsamen Traum«, sagte Sora in die Stille hinein. »Ich träumte von einem Mädchen mit roten Haaren.«
    »Hanna!«, rief Tora. Charlie hatte nicht bemerkt, dass sie sich zu ihnen gesellt hatte.
    Sora hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Das Mädchen, das ihr von der Erde mitgebracht habt?«
    »Schon möglich … erzähle weiter«, forderte Charlie Sora auf.
    »Ich glaube, sie war auf einer Burg. Dunkle, verrußte Wände, schmale Gänge … Ich weiß nicht genau, was sie tat. Es sah fast aus, als würde sie … ja, unterrichten «, sagte Sora. »Es waren andere dort ... Und das Mädchen kniete vor ihnen und schrieb Runen in den staubigen Boden.«
    »Das kann nur Hanna sein!«, war Tora überzeugt. »Man darf hier nicht schreiben. Oden verbietet es, aber Hanna hat sich noch nie an Regeln gehalten!«
    Wohl wahr, dachte Charlie.
    »Aber weshalb träumst du von Hanna?«, fragte sie Sora. »Du kennst sie ja nicht einmal!«
    Sora zuckte mit den Schultern.
    »Vielleicht ist sie wichtig?«, fragte sie und kraulte Hravn den Mähnenkamm. Kunar hatte den letzten Teil der Unterhaltung mitbekommen. Sein Gesichtsausdruck verriet Anspannung.
    »Du träumst doch auch ständig allerhand seltsames Zeug«, sagte er zu Charlie. »Deine Lagu-Kräfte bringen dich dazu. Schon vergessen? Intuition, Träume?«
    »Richtig«, räumte Charlie ein. »Ein Lagu erhält Einsicht und Wissen durch Geduld, Intuition und Träume. Man soll seinem Gefühl vertrauen. Das heißt also, dass Soras Kräfte aus dem Element Wasser rühren. Und wenn sie von Hanna geträumt hat, muss es etwas bedeuten … aber was?«
    »Wie wäre es einfach nur damit, dass sie ein Teil dieser verworrenen Geschichte geworden ist?«, brummte Kunar. »Sie gehört jetzt dazu und spielt eine Rolle. Wir haben sie mitgebracht. Für uns war es Zufall, aber wer sagt, dass es nicht Schicksal war? Vielleicht trägt sie noch entscheidend dazu bei, dass unsere Pläne gelingen. Umso wichtiger, dass wir sie befreien!«, stieß er heftig hervor.
    Toras Miene verriet Mitgefühl, doch bevor sie ihrem Bruder beipflichten konnte, machte er auf dem Absatz kehrt. Dabei stieß er beinahe mit Ragnar zusammen, der in Zodiaks Begleitung zum Pegasus-Pferch nachgekommen war. Während Ragnar Kunar verblüfft nachsah, sagte Tora entschuldigend zu Sora:
    »Er macht sich große Sorgen um Hanna. Er wünscht sich natürlich, dass sie eine wichtige Rolle spielt. Aber mal ehrlich, sie gehört nicht einmal hierher!«
    »Die Sphinxe auch nicht«, erinnerte Charlie. Tora bekam einen sehr nachdenklichen Gesichtsausdruck.
    Der Thul schob seine Kapuze zurück und blickte Sora aus klaren, blauen Augen an. Seine langen Locken trug er wie immer im Nacken geknotet. Er hatte sich rasiert, wodurch er noch jünger wirkte.
    Sora schätzte ihn auf etwa 30 Jahre. Und was sie sah, gefiel ihr. Sora hatte schon lange keinen richtigen Mann mehr gesehen. Die männlichen Wesen auf Euripides waren ihr nachgelaufen, doch hauptsächlich aufgrund ihrer Einzigartigkeit, und irgendwie hatten sie bei ihr niemals Interesse erregt.
    Zumindest nicht auf dieser Ebene.
    Irritiert runzelte Sora die Stirn. Ihre Reaktion auf diesen Mann, der sie so unverhohlen anblickte, ärgerte sie.
    Was war denn nur mit ihr los?
    Der Thul schritt auf sie zu. Sora überkam das Gefühl, in die Enge getrieben zu werden. Sie wich instinktiv einige Schritte zurück. Ragnar blieb mit leicht verdutztem Gesichtsausdruck stehen. Für einige Sekunden legte sich ein unangenehmes Schweigen über die Runde. Zodiak rettete die Situation.
    »Darf ich euch Ragnar Ikulsson vorstellen?«, sprach er an Pollux und Sora gewandt. »Er ist der Thul, nach dem Vater schicken ließ, und er ist Gast in unserem Hause.«
    Sora fing sich endlich und löste sich von Hravns Seite. Sie richtete

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