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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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gestiegen.
    »Wir werden morgen mit dem Unterricht beginnen. Heute steht etwas Wichtigeres an. Ihr werdet anschließend in eure Gemächer hinaufgehen und euch von unseren Kammermädchen maßnehmen lassen sowie die Stoffe auswählen, damit die Schneider und ihre Näherinnen gleich in den Morgenstunden beginnen können. Ich werde es nicht dulden, dass ein Erbe reinen Blutes unangemessen gekleidet herumläuft, weder hier im Palais noch draußen in der Stadt! Und wir werden euch nicht nur neue Kleider schneidern lassen, sondern euch auch in den wichtigen Dingen der herrschenden Mode unterweisen, denn das, muss ich mit Entsetzen feststellen, scheint ihr dringend nötig zu haben!« Ihr Blick streifte missbilligend über Alisa in ihrem einfachen dunkelblauen Kleid und blieb dann mit einem Ausdruck von Ekel an den beiden Pyras hängen, die wirklich ein wenig aussahen, als seien sie gerade einer der Pariser Kloaken entstiegen.
    »Und das aus dem Mund von jemand, der noch vor Kurzem im altmodischen Reifrock aufgetreten ist«, meinte Chiara, was Tammo und Fernand deutlich hörbar kichern ließ. Luciano wunderte es nicht, dass sie gleich darauf mit schmerzverzerrten Gesichtern verstummten. Die Dracas beherrschten offensichtlich subtilere Züchtigungsmittel als den Rohrstock, den die beiden Nosferas in Rom so gerne eingesetzt hatten. Allerdings keinesfalls angenehmere. Jedenfalls war Luciano froh, dass er sich in dieser Nacht für seinen neuen schwarzen Frack entschieden hatte, an dem sicher nichts auszusetzen war.
    Als die Baronesse geendet hatte, klatschte sie in die Hände, worauf ein halbes Dutzend Vampirinnen in der Tracht von Kammermädchen herbeieilten und die Erben aufforderten, ihnen zu folgen. Natürlich waren sie alle Unreine und hatten vermutlich auch zu ihren Lebzeiten in einem adeligen oder großbürgerlichen Haushalt gedient. Kaum eine von ihnen schien das zwanzigste Lebensjahr erreicht zu haben, ehe sie zur Vampirin gewandelt wurde. Wie lange das schon her war, ließ sich nicht sagen.

    Luciano verabschiedete sich von Ivy und Alisa, die in einen anderen Trakt geführt wurden als die Vampire. Immer zwei der Erben sollten sich ein Gemach teilen. Die Kammern waren im obersten Stockwerk, das wie das Mezzanin zwischen Erdgeschoss und der ersten der beiden Beletagen wesentlich niedriger gebaut war und nur kleine, quadratische Fenster besaß. Mit einem gewissen Groll stellte Luciano fest, dass die Erben der Dracas prächtige Gemächer in der zweiten Beletage besaßen. Jeder ein Zimmer für sich mit einem Himmelbett statt einem engen Sarg! Luciano teilte eine Kammer mit seinem Vetter Maurizio und dessen Kater Ottavio. In einem ungewohnten Anfall von Großzügigkeit bot ihm der Vetter sogar eine der Ratten an, die der Kater für ihn gefangen hatte. Luciano saugte geistesabwesend an ihr, während er sich mit misstrauischer Miene auf das Bett sinken ließ und ein wenig auf- und abfederte.
    »Wie soll man auf so einer weichen Matratze schlafen können?«
    Maurizio hob die Schultern. »Weich oder hart, das ist doch völlig gleich, wenn die Sonne erst einmal über den Horizont gestiegen ist. Viel mehr Sorge macht mir, dass wir hier den ganzen Tag über ungeschützt ohne einen Sargdeckel herumliegen sollen.« Er trat ans Fenster und untersuchte die schweren Vorhänge.
    »Das wird wohl genügen, die Sonne abzuhalten«, meinte Luciano.
    Maurizio brummte. »Eine Steinplatte oder wenigstens ein hölzerner Deckel wäre mir lieber.«
    Ähnliche Besorgnis äußerte Alisa in ihrer Kammer im Südwestflügel, die sie mit Ivy und Seymour teilte, auch wenn die Dracas kein Geheimnis daraus machten, wie sehr ihnen die Anwesenheit des Wolfes in den prächtigen Räumen des Palais Coburg zuwider war. Aber vielleicht ahnten sie, dass sie in diesem Punkt bei Ivy auf Granit beißen würden. Anderseits, warum sollte sie der Widerstand einer Lycana interessieren, wenn sie sie für eine schwache Sechzehnjährige hielten? Oder hatte die mächtige Druidin, Ivys Mutter Tara, sich eingemischt?
    »Du zerbrichst dir zu sehr den Kopf«, sage Ivy, ohne von ihrer
Reisekiste aufzusehen, aus der sie einige Bücher und ein paar andere Gegenstände, die ihr wichtig waren, in die Kleidertruhe neben ihrem Bett räumte.
    »Und du wirst deinen Vorsätzen untreu, nicht ungefragt in fremde Gedanken einzudringen«, beschwerte sich Alisa. »Kaum sind wir im Haus der Dracas, färben deren üble Angewohnheiten schon auf dich ab!«
    Mit betroffener Miene fuhr Ivy herum.

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