Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
Vom Netzwerk:
Ketten an der Wand, die in eisernen Ringen endeten.
    »Wozu braucht ihr diese Zellen?«
    Franz Leopold hob die Schultern. »Es gibt Situationen, in denen sie sich als nützlich erweisen.«
    »Vielleicht, um Erben anderer Clans bei Fehlverhalten zu disziplinieren«, schlug Luciano vor.
    »Keine schlechte Idee«, pflichtete ihm Franz Leopold liebenswürdig bei.
    »Und die Waffen?«, wollte Alisa wissen.
    »Das sind nur Überbleibsel alter Zeiten, als die Festungsmauer Wien gegen Feinde fremder Länder verteidigen musste. Die Rampe dort drüben führte übrigens zu einem der Geschützstände, von dem man eine freie Schusslinie über das Glacis, aber auch quer entlang der Mauer bis zur nächsten Bastion hatte. Ein wesentlicher Fortschritt beim Festungsbau! Die erste Stadtmauer, die im Mittelalter noch unter den Babenberger Herzögen gebaut wurde, war, wie ich euch vorhin schon sagte, eine einfache Ringmauer. Das Geld dazu stammte übrigens aus England.« Er grinste süffisant. »Lösegeld für ihren König Richard Löwenherz, den die Babenberger auf der Heimreise von seinem Kreuzzug gefangen genommen hatten. Jedenfalls bauten sich die Wiener eine Mauer und schliefen von da an beruhigt hinter ihrem vermeintlichen Schutzwall - bis 1529 die Türken vor Wien standen.«

    »Und? Gelang es ihnen, Wien einzunehmen?«, wollte Alisa wissen, die noch immer interessiert das ausrangierte Kriegsmaterial begutachtete.
    »Nein, aber das war reiner Zufall. Die Mauern waren eigentlich schon sturmreif, als im Lager der Türken eine Seuche ausbrach und der Sultan sich mit seinem Heer zurückzog. Gerade noch einmal davongekommen, begannen die Wiener die Stadt in eine moderne Festung zu verwandeln. So wurden die Basteien nach den Vorbildern anderer Sternschanzen angelegt und unter ihnen die Kasematten, in denen wir uns jetzt befinden. Lange Zeit waren der Wall und die Mauer militärisches Sperrgebiet, und auch das Glacis musste für ein ungehindertes Schussfeld freigehalten werden. Als die Türken gut einhundert Jahre später wiederkamen, musste sich der Festungsbau bewähren.«
    »Und hat er das?«, erkundigte sich Alisa.
    »Na ja, so mehr oder weniger. Aber spätestens als Napoleon vor den Toren stand, waren auch diese Befestigungen überholt. Zwei Mal kapitulierte Wien vor dem Franzosenkaiser. Und als er das zweite Mal wieder abzog, ließ er die Bastionen beiderseits der Hofburg sprengen.«
    »Warum?«
    Der Dracas hob die Achseln. »Um die Habsburger zu demütigen, nehme ich an. Doch im Grunde genommen beendete Napoleon nur das, was die Wiener still und heimlich längst schon selbst begonnen hatten. Schon in den Jahrzehnten davor wurden Abschnitte des Glacis zu einem beliebten Ausflugsziel. Sie errichteten Pavillons und Kaffeezelte und bepflanzten die Wege mit Alleebäumen. Dann wurden die Bastionen freigegeben und bebaut. Das Kaiserhaus hatte es zuvor ja selbst mit dem Bau der Albertina vorgemacht. Nun kauften die Herzöge von Sachsen-Coburg mehrere Häuser und die Grundstücke auf der Bastion zusammen und errichteten diesen Palast.«
    »Aber warum leben nun nicht die Herzöge von Sachsen-Coburg in diesem Haus, sondern die Dracas?«, wollte Ivy wissen.
    »Vermutlich haben sie die gesamte Familie zu ihren Servienten gewandelt, um an das Palais zu kommen«, feixte Alisa.

    Franz Leopold schmunzelte. »Auch keine schlechte Idee, allerdings nicht so einfach durchzuführen. Die Familie ist über ganz Europa verstreut. Sie betreibt eine ausgeklügelte Heiratspolitik und versucht mit viel Erfolg in sämtliche Königshäuser einzuheiraten. Sie sind mit den Habsburgern verbandelt, sitzen in Portugal und Belgien. Selbst die Mutter von Königin Victoria von England ist eine Sachsen-Coburg. Und sie haben ihre Finger nach Frankreich ausgestreckt, was letzlich dazu führte, dass wir Dracas in den Besitz des Palais gelangten. Die Familie der Coburger besitzt in und um Wien mehrere Anwesen. Dieses Palais war für den Stammhalter August Ludwig von Sachsen-Coburg bestimmt. Der aber heiratete Clementine von Orléans-Bourbon, die Tochter des sogenannten französischen Bürgerkönigs. Doch die Herrschaften wollten nicht in Wien wohnen. Es gab in den Jahrzehnten nach Napoleon noch zu viele Ressentiments gegen die Franzosen. Den Ausschlag hat für den Herzog allerdings gegeben, dass der Kaiser ihm den Titel ›Hoheit‹ nicht zugestehen wollte, der ihm aufgrund seiner Ehe zustand. Da verkaufte der Coburger lieber das eben erst fertig gewordene Wiener Palais an

Weitere Kostenlose Bücher