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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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eine andere edle in Wien ansässige Familie …«
    »… mit dem klingenden Namen Dracas«, ergänzte Alisa und lachte.
    Franz Leopold nickte. »So ist es. Seit mehr als dreißig Jahren also residieren die Dracas hier, nachdem unser altes Palais für die Familie und unsere immer zahlreicher werdenden Servienten zu eng geworden war.«
    »Ja, das mit den Dienstboten ist schon ein Problem«, meinte Alisa in gespieltem Ernst. »Man muss ja wenigstens ein Mindestmaß an Bequemlichkeit sicherstellen!«
    Franz Leopold führte sie über die Rampe ins Palais zurück, das sie bei der Kutschenumfahrt im unteren Geschoss betraten.
    »Und wie kam es dann dazu, dass die ganze Stadtmauer abgerissen wurde?«, drängte Alisa, die wie üblich nie genug bekommen konnte, während sich Luciano immer wieder bei dem Gedanken ertappte, wann die Dracas ihnen endlich etwas zu Trinken besorgen würden.

    Franz Leopold redete jedoch unbeirrt weiter, während sie die Prunktreppe hinaufstiegen und von einem prächtigen Raum in den nächsten wanderten.
    »Das war die Entscheidung des Kaisers, die beengte Stadt endlich aus ihrem Korsett zu befreien, gegen seine militärischen Berater, die die Befestigungen - wenn sie schon nicht mehr gegen ausländische Feinde taugten - zumindest gerne weiter erhalten hätten, um den gefährlichen Pöbel der Arbeiter aus den Vorstädten von der Innenstadt fernzuhalten. Doch Kaiser Franz Joseph sprach ein Machtwort: ›Es ist mein Wille‹, schrieb er an Weihnachten siebenundfünfzig. Bereits zwei Jahre später fielen die Mauern und Johann Strauss komponierte seine ›Demolierpolka‹. Das war der Beginn der Ringstraße, seiner Oper und Theaterhäuser, der Kaiserlichen Museen und der Palais der Ringstraßenbarone.«
    Eine zierliche Servientin, die kaum älter als zwölf Jahre schien, kam auf sie zugetrippelt und knickste vor Franz Leopold.
    »Herr, ich soll Euch ausrichten, im Speisezimmer ist für alle Erben serviert. Wenn Ihr mir bitte folgen wollt.«
    Franz Leopold bedachte sie mit einem Nicken und entließ das Mädchen mit einer nachlässigen Handbewegung.
    »Ah, so geht man mit dem Personal um. Ist das nun die erste Lektion, die wir hier lernen?«, ereiferte sich Alisa.
    »Was willst du? War ich etwa unhöflich zu ihr oder habe sie beleidigt?«, fragte Franz Leopold verwundert.
    »Nein, aber diese unerträgliche Überheblichkeit in jedem Wort und jeder Geste, als seist du etwas Besseres.«
    »Ich bin etwas Besseres! Wie kannst du einen Dracas reinen Blutes mit einer Unreinen, dem Kind einer Wäscherin aus der Vorstadt, gleichsetzen?«
    Alisa stieß einen Laut des Unmuts aus, folgte ihm jedoch wie aufgefordert ins Speisezimmer. Luciano konnte einen Seufzer der Erleichterung nicht unterdrücken. Er bot Ivy den Arm und schritt mit ihr hinter Franz Leopold her.

MIT SCHWERT UND DEGEN
    In der darauffolgenden Nacht konnte Alisa es kaum erwarten, dass der Unterricht endlich anfing.
    »Was sie uns wohl alles beibringen werden? Ich bin gespannt, womit wir beginnen.«
    Ruhelos ging sie seit Mitternacht auf und ab, während Ivy auf einem Polsterstuhl am Fenster saß und las, Seymour zu ihren Füßen. Franz Leopold hatten sie seit dem gemeinsamen Mahl im Speisezimmer nicht mehr gesehen. Luciano flegelte sich im Salon, den man den fremden Erben in einem Seitenflügel zugewiesen hatte, auf ein Ruhebett und gähnte.
    »Alisa, nun hör endlich mit dieser Herumrennerei auf. Du hast eine sonderbare Vorstellung von einer angenehmen Nacht. Wie kann man nur so versessen darauf sein, von einem Dracas in die Mangel genommen zu werden?«
    Alisa hielt inne und runzelte vorwurfsvoll die Stirn. »Willst du denn gar nicht vorankommen? Denke nur, was sie uns hier alles beibringen können. Ich kann es kaum erwarten, endlich zu lernen, wie man in den Geist eines anderen eindringt, seine Gedanken liest oder gar beeinflusst. Ich habe gehört, einige Dracas schaffen es, ohne dass derjenige es überhaupt bemerkt.« Ihre Augen glänzten vor Begeisterung. Luciano dagegen sah unbehaglich drein.
    »Ja, diese Gerüchte sind mir auch zu Ohren gekommen und ich finde sie eher beunruhigend als einen Grund zur Begeisterung. Jedes Mal, wenn ich einem Dracas auch nur begegne, fühle ich mich so nackt, als trüge ich nicht einmal ein Hemd auf dem Leib.«
    »Was für eine schauderhafte Vorstellung«, erklang die vertraute Stimme Franz Leopolds von der Tür her.
    »Wo warst du?«, beschwerte sich Alisa. »Ist das etwa höflich, seine Gäste einfach sich selbst

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