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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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ist, sich die Existenz der nächtlichen Wesen vorzustellen, ja. Mein Interesse an Vampiren wurde bereits lange vor meinem Tod geweckt. Ich glaube es war im Jahr 1816, als ich mich mit einigen Freunden am Genfer See traf und wir in einer geisterhaften Nacht beschlossen, jeder solle einen Roman über ein Wesen der Finsternis schreiben. John Polidori, Claire Clairmont und die Shelleys waren mit dabei. Sie haben vielleicht von Mary Godwin, später Wollstonecraft Shelley gehört?«
    Clarissa schüttelte den Kopf. » War sie eine Dichterin?«
    » Und was für eine! Sie schrieb den Roman Frankenstein oder Der moderne Prometheus. Ein ganz außergewöhnliches Werk.« Seine Begleiterin schien den Titel noch nie gehört zu haben.
    » Ich vermute, Ihre Eltern hatten etwas gegen die Lektüre dieses Werks, welches sie nicht für ein junges Mädchen geeignet hielten. Doch ich kann es Ihnen– vor allem jetzt– nur ans Herz legen. Fragen Sie Vincent, den Vampir im Körper eines Jungen. Er wird Ihnen schon aufgefallen sein. Er sammelt alles, was an Dichtung über die Wesen der Nacht zu finden ist.«
    Clarissa nickte, während Lord Byron in seiner Erzählung fortfuhr.
    » Ich kam mit meiner Geschichte nicht so recht voran, aber mein Freund Polidori– er war lange mein Leibarzt und steter Reisebegleiter– nahm meine vagen Ideen auf und schuf den Vampir Lord Ruthven. Damals dachte ich, es wäre ein großartiger Einfall, eine rein der Fantasie entsprungene Idee, bis ich den ersten echten Vampir hier in London kennenlernte und erfuhr, dass Polidori nur etwas aufgegriffen hat, was es wirklich gab!«
    » Hat der Vampir Sie gebissen?«
    » Ja, natürlich. Es war eine spannende Nacht. Wir kamen ins Gespräch und fanden Gefallen aneinander. Das Ende vom Lied war, dass er mich auf meinen Reisen begleitete und nicht selten meine Dichtung befruchtete. Wir haben grandiose Abenteuer erlebt, waren Mitglieder im Geheimbund der Carbonari, um Italien von den Habsburgern zu befreien, reisten ins Reich des mächtigen Ali Pascha nach Albanien und nach Griechenland, um den edlen Hellenen in ihrem Befreiungskampf beizustehen.«
    » Und dort sind Sie krank geworden?«
    Der Dichter nickte und sah zum ersten Mal bitter drein. » Ja. Ich ritt trotz Regen aus und kam nass und kalt zurück. Worauf mich ein dummes Fieber darniederstreckte, ehe es zum entscheidenden Aufstand kam, und mich endgültig der Möglichkeit beraubte, etwas Großes in der Welt zu vollbringen, über das man später in den Geschichtsbüchern schreiben würde.«
    » Sie haben etwas Großes vollbracht! Ihre Dichtung wird niemals sterben«, rief Clarissa aus, doch er zuckte geringschätzig mit den Schultern.
    » Worte, was sind schon Worte. Ich wollte mich in Taten beweisen!«
    Sie nickte, obgleich sie ihn nicht verstand.
    » Gab es denn keine Hoffnung auf Genesung?«
    Er schüttelte den Kopf. » Der Quacksalber von einem Arzt hat mich mehrmals zur Ader gelassen, doch ich wurde immer schwächer.«
    » Und so haben Sie den Vampir, der Sie begleitet hat, gebeten, Sie zu wandeln, um ewig in der Dunkelheit weiterzuleben«, vermutete Clarissa.
    » So ist es«, bestätigte der Dichter. » Er half mir über die erste schwere Zeit und brachte mich in meinem Sarg zurück nach London– wo man mir infamerweise ein Begräbnis in der Westminster Abbey verwehrt hat!«
    Clarissa konnte sich eines Schmunzelns ob seiner Empörung nicht verwehren.
    » Man hätte doch nur Ihren leeren Sarg bestatten können.«
    » Ja, und?«
    Lord Byron ließ das Thema fallen und begann über belanglose Dinge zu plaudern. Er hielt ihr eine Pforte auf, und sie folgten der Straße, die am Ufer entlang auf die London Bridge zuführte, die weit mehr als tausend Jahre die einzige Verbindung Londons und Westminsters mit dem südlichen Southwark gewesen war, wollte man nicht die einzige Pferdefähre bei Westminster nehmen und mit dem Fährgeld die Taschen des Erzbischofs füllen, der auf der anderen Seite in Lambeth seinen Palast hatte.
    » Dann wurde 1750 die Westminster Bridge gebaut, und Sie können sich vorstellen, dass der Erzbischof darüber recht erbost war. Er forderte Entschädigung für seine Fähre, die nun nicht mehr viel einbringen würde. Und soviel ich weiß, hat das Parlament ihm eine nicht unerhebliche Summe zugesprochen.
    In den letzten Jahrzehnten kam dann der Brückenbau richtig in Mode. Die Blackfriar, die Waterloo und die Southwark Bridge«, zählte der Dichter auf. » Und jetzt planen sie noch eine riesige und

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