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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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mit der Nummer 18 in der St. Leonard’s Terrace. Das Hausmädchen Grace öffnete und fragte den Herrn auf den Stufen nach seinem Namen und seinem Begehren. Grace kannte ihn nicht, doch nach einem kurzen Zögern ließ sie ihn in die Halle treten und eilte mit gerafften Röcken die Treppe hinauf, um dem Hausherrn den Besucher zu melden.
    » Was ist denn Grace? Was machst du denn für ein Gesicht? Ist etwas passiert?«, fragte Bram Stoker besorgt.
    Er saß mit seinem Freund Oscar Wilde, der nur zwei Straßen weiter in der Tite Street wohnte, bei einem Glas irischem Whiskey und einer Zigarre beisammen. Die beiden hatten sich vorgenommen, den Abend ganz ohne Frau und Kinder zu genießen, über Gott und die Welt zu philosophieren und vielleicht auch den neusten Gesellschaftsklatsch auszutauschen. Florence war mit Irving Noel ein paar Tage zu ihrer Schwester gefahren, und so hatten die beiden Männer beschlossen, die Ruhe eines langen Abends vor Brams bescheidenem Kamin zu genießen. Bram argwöhnte zwar, dass Oscar entweder Streit mit einem seiner Freunde hatte oder– was ihm wahrscheinlicher erschien– wieder einmal völlig blank war, dass er diese Art von Unterhaltung einer gesellschaftlichen Runde vorzog, dennoch freute er sich über seinen Besuch.
    » Wie kommst du mit deinem unheimlichen Roman voran?«, fragte er neugierig. Das Thema ewige Jugend interessierte ihn sehr.
    Oscar strahlte. » Oh ja, es geht vorwärts. Dorian Gray heißt der Held, der seine Schönheit nicht verlieren will und dafür alles zu geben bereit ist. Selbst seine Seele.«
    » Und, bleibst du bei der Idee, dass sein Porträt an seiner statt altert?«, erkundigte sich Bram. » Ich finde diesen Einfall großartig.«
    » Ja, ich habe oft großartige Einfälle«, stimmte ihm Oscar unbescheiden zu, vermutlich ohne dies zu bemerken. Er wirkte nachdenklich, dann nickte er. » Ich werde den Roman ›Das Bildnis des Dorian Gray‹ nennen.«
    In diesem Moment klopfte es und Grace trat mit hektischen Flecken auf den Wangen ein.
    » Da ist ein Herr, der Sie sprechen will, Mr Stoker.«
    Bram runzelte ein wenig unwillig die Stirn. » Ich habe dir doch gesagt, dass Mr Wilde und ich heute Abend nicht gestört werden wollen.«
    » Ich weiß schon«, gab das Mädchen atemlos zu. » Aber der Mann ist von der Polizei! Ein Detective Trench, wenn ich das richtig verstanden habe. Mr Stoker, ich habe ihn eingelassen und in die Halle geführt.« Sie sah ein wenig ängstlich zu ihrem Arbeitgeber auf, doch der lächelte sie beruhigend an.
    » Das war richtig von dir. Führe Mr Trench zu uns herauf und geh dann in die Küche, um ein Teetablett zu richten.« Grace knickste und eilte davon.
    » Ein Detective der Polizei? Was hast du ausgefressen, mein Freund? Gestehe! Was hast du mir verheimlicht? Ich nehme zumindest an, dass nicht ich es bin, den er in deinem Hause sucht«, fügte Oscar mit plötzlicher Besorgnis hinzu. » Das wäre mir dann doch unangenehm.«
    » Sind deine Schuldner so hinter dir her?«
    Doch Oscar machte eine wegwerfende Handbewegung. Das war ein Thema, über das er nicht sprechen wollte. Seine Geldnöte verfolgten ihn schon, seit er sein Elternhaus verlassen hatte, doch irgendwie schaffte er es immer wieder, sich durchzumanövrieren. Dabei müsste er eigentlich genug verdienen, so geliebt und bejubelt wie seine Dichtungen waren. Schritte vor der Tür und Grace’ Ankündigung unterbrachen Brams Überlegungen.
    » Mr Trench.« Sie ließ ihn eintreten und schloss dann die Tür hinter ihm.
    Bram erhob sich und reichte dem unerwarteten Besucher die Hand.
    » Bram Stoker, und das ist mein Freund Oscar Wilde.«
    » Der berühmte Dichter?« Der Kriminalbeamte war für einen Moment aus dem Konzept gebracht. Oscar nickte mit einem gnädigen Lächeln und schüttelte ihm ebenfalls die Hand.
    » Und mit wem haben wir das Vergnügen?«
    » Oh, Verzeihung. Detective-Lieutenant Trench.«
    » Kommen Sie, um meinen Freund Bram zu verhören?«, hakte Oscar nach. Bram war die Unverblümtheit seines Freundes ein wenig peinlich, doch er war genauso gespannt, zu erfahren, worum es sich handelte. Wozu also um den heißen Brei herumreden?
    » Verhören?« Der Besucher lachte auf. » Nein, nein, meine Herren, weder verhören noch befragen. Ganz im Gegenteil. Ich bin gekommen, weil ich Mr Stoker etwas erzählen und ihn um etwas bitten möchte.« Er zögerte und sah zu Oscar und dann wieder zu Bram. » Aber wenn ich störe, kann ich auch ein anderes Mal wiederkommen.«
    » Ist

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