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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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unsere Polizei nicht ein Muster an Höflichkeit!«, rief Oscar aus.
    Trench hörte wohl den Spott in der Stimme, sagte aber: » Ich bin nicht dienstlich hier.«
    » Dann setzen Sie sich und erzählen Sie uns, was Sie bedrückt«, forderte Bram den Besucher auf. » Ich muss gestehen, Sie haben meine Neugier geweckt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, weshalb Sie gerade zu mir kommen.«
    Da Oscar keine Anstalten machte, die beiden Männer alleine zu lassen, fügte sich Trench in sein Schicksal, nahm in dem Sessel Platz, den Bram ihm anbot, und lehnte auch weder Whiskey noch Tee mit Gebäck ab, den Grace gerade auf einem Tablett hereinbalancierte.
    Mr Trench wartete noch, bis das Mädchen das Studierzimmer wieder verlassen hatte, ehe er sagte: » Es geht um den Fall Oscar Slater, der vor zwei Wochen am Central Criminal Court verhandelt wurde und mit dessen Verurteilung zum Strang endete.«
    Bram nickte. » Ja, ich erinnere mich. Es wurde in den Zeitungen darüber berichtet. Einige der Journalisten scheinen es zumindest für ein sehr fragwürdiges Urteil zu halten. Die Beweislage sei zu dünn gewesen. Andere sind schlichtweg davon überzeugt, dass ein völlig Unschuldiger sich in den Netzen der Justiz verfangen hat.«
    Trench nickte. » Genau so ist es. Oscar Slater ist unschuldig. Sein Urteil wurde zwar abgemildert, doch noch immer droht ihm eine lebenslange Haft. Und ich kann nicht einmal behaupten, daran sei nur Schlamperei bei den Ermittlungen schuld– wobei das noch hinzukommt. Hier handelt es sich um Eingreifen von höchster Stelle, um einen Skandal zu vermeiden und einen Mörder aus gehobenen Kreisen zu schützen.«
    Oscar nickte versonnen. » Slater ist also das Bauernopfer? Ein deutschstämmiger Jude, wie ich gelesen habe, einfache Verhältnisse, ein wenig zwielichtig, dem man so etwas gerne zutraut? Wie rücksichtsvoll von ihm, das Augenmerk der Polizei auf sich zu lenken.«
    Trench nickte wieder. » Sie sagen es. Für manche war er ein zu passender Sündenbock, um der Versuchung zu widerstehen. Das, kombiniert mit einfältigen oder auch verängstigten Zeugen, einem machthungrigen Crown Prosecutor und einem ignoranten Richter, führte unweigerlich zu einem Fehlurteil.«
    » Oh ja, das ist der Stoff, aus dem Skandale gestrickt werden«, rief Oscar begeistert. » Sie haben mein Interesse geweckt, Mr Trench.«
    » Und was erwarten Sie jetzt von mir?«, wollte Bram wissen. » Das Urteil ist gesprochen. Da lässt sich wohl nichts mehr machen.«
    » Ich bitte Sie, darüber zu schreiben, damit Oscar Slater nicht in Vergessenheit gerät. Schreiben Sie die Wahrheit. Führen Sie den Leuten all die Ermittlungsfehler, Schlampereien und Vertuschungsversuche vor Augen. Ich will, dass Sie zum Stachel in der Wunde werden, der so lange schmerzt, bis man ihn nicht mehr ignorieren kann…«
    » …und am Ende die Gerechtigkeit siegt!«, rief Oscar Wilde pathetisch.
    » Ja«, stimmte ihm Trench schlicht zu.
    » Warum ausgerechnet ich?«, fragte Bram verwirrt.
    » Weil das genau zu dir passt«, meinte Oscar. » Der Rächer der Unschuldigen. Ist das nicht wunderbar? Du kannst dich nicht immer nur mit nächtlichen Blutsaugern befassen.«
    » Still!«
    Der Detective-Lieutenant sah ihn fragend an, doch Bram ging nicht auf die Worte seines Freundes ein. Stattdessen hakte er noch einmal nach:
    » Wie kommen Sie ausgerechnet auf mich?«
    » Sie sind mir empfohlen worden. Von einer jungen Dame, die mich vor einigen Tagen aufsuchte.« In seinem Gesicht spiegelte sich die Erinnerung an das verwirrende Erlebnis wider.
    » Eine junge Dame, die Sie nicht kannten?«, wiederholte Bram.
    » Ja, sie suchte mich zu einer ungewöhnlichen Zeit auf. Es war bereits dunkel, und sie brachte keine Zofe mit. Dennoch bin ich aufgrund ihrer Kleidung, ihrer Sprache und ihres Verhaltens davon überzeugt, dass sie aus gutem Hause stammt, wenn auch ganz sicher nicht aus England. Sie sprach mich auf den Fall an. Ich war überrascht. Sie wusste nicht nur, dass ich mich zu Beginn der Ermittlungen damit befasst hatte, ehe der Superintendent mich von ihm abzog, sie konnte auch mit erstaunlichen Details aufwarten. Sie war recht erbost über das Urteil und– äh– das Verhalten der Polizei und des Gerichts. Und sie forderte mich auf, für Gerechtigkeit zu sorgen. Nicht dass sie mich dazu überreden musste. Es schmeckte mir auch nicht, wie die Sache lief, doch mir waren die Hände gebunden. Mein Vorgesetzter stellte mich kalt und machte mir klar, dass meine

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