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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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würden sie auf den Geruch reagieren? Konnten sie im Dunst des Blutgeruchs noch einen klaren Gedanken fassen und überlegt handeln?
    Ich vermute einmal, dass gerade dies auch ein Teil der Übung sein soll, meinte Leo.
    » Warum sagt sie uns nicht, wo die Leiche liegt? Dann könnten wir uns wandeln und als Fledermäuse viel schneller dort sein«, maulte Tammo.
    » Ich tippe eher darauf, dass ihr euch verfliegen und erst Stunden später dort ankommen würdet. Wenn überhaupt«, meinte Leo mit einem betont liebenswürdigen Lächeln.
    » Pah, wollen wir wetten? Fernand und Joanne verirren sich nicht so leicht.«
    Doch Lady Margaret wollte von dem Vorschlag nichts wissen.
    Alisa fiel auf, dass Ivy sich wieder einmal abgesetzt hatte. Im Hof vor der Halle hatte sie die Lycana und ihren Wolf noch unter den Erben gesehen, doch nun fehlten beide. Alisa wurde das Herz schwer. Was war nur aus ihrer aller Freundschaft geworden? Wo es mit Leo endlich wieder aufwärtszugehen schien, zog sich Ivy dafür immer mehr zurück. Sie war nur noch ein Rätsel, das keiner von ihnen zu lösen vermochte.
    Etwas ging vor sich. Etwas Großes, Unheimliches, doch Ivy war wieder einmal nicht bereit, ihre Freunde ins Vertrauen zu ziehen. Der Gedanke schmerzte Alisa. Hatten sie in Transsilvanien nicht bewiesen, dass sie sich aufeinander verlassen konnten? Oder ging es etwa noch immer um Leo und darum, dass er sich wieder mehr ihr zuwandte? War Ivy lediglich eifersüchtig und gekränkt?
    Nein, das konnte sich Alisa nicht vorstellen. Wenn sie tief in sich hineinhorchte, so glaubte sie den Schatten zu spüren, der sich drohend über ihnen erhob.
    Dracula?
    Möglich wäre es schon.
    Sie würde mit Ivy sprechen und sie überzeugen müssen. Bald. Ehe sie wieder in etwas hineinschlitterten, das sie den Kopf kosten konnte!
    Die Vampire erreichten das Londoner Stadtviertel im Eastend, noch ehe eine halbe Stunde verronnen war.
    » Seid leise«, schärfte Lady Margaret den Erben ein. » Und konzentriert euch darauf, dass ihr nicht entdeckt werdet. Wir sind nur Beobachter.«
    Alisa sah sich um. Der Unterschied zu der Umgebung des Temple oder gar den reichen Vierteln im Westen Londons sprang einem sofort ins Auge– und in die Nase. Die Häuser waren schmal und baufällig, die Straße von Unrat bedeckt. Pubs, in denen Bier und billiger Gin ausgeschenkt wurden, reihten sich aneinander. Doch auch andere Häuser, in deren schmutzigen Kammern und Hinterzimmern Männer nach anderen Genüssen verlangten. Ein paar wenige Frauen kauerten in Hauseingängen, den trüben Blick voller Hoffnungslosigkeit auf die Straße gerichtet. Manche von ihnen starrten geradezu vor Dreck, und ihr Atem stank nach Gin. Ansonsten waren nicht mehr allzu viele Menschen unterwegs.
    Schweigend huschten die Erben durch die Schatten der Nacht. Von der noch recht breiten und von Gaslaternen erleuchteten Commercial Road zweigten schmale Gassen ab, die sich in der Finsternis verloren. Sie folgten Gordon in einen Durchgang, der sie zum George Yard führte, einer von heruntergekommenen Mietshäusern gesäumten Gasse. Die schmuddeligen Löcher, die man Wohnungen nannte, wurden für beträchtliches Geld an kleine Händler, Fuhrleute oder Hafenarbeiter und ihre Familien vermietet.
    Gordon führte die Erben in ein finsteres Treppenhaus. Es stank nach altem Kohl, Unrat und menschlichen Hinterlassenschaften. Darüber schwebte ganz deutlich der Geruch frischen Blutes. Die Erben konnten sich der Erregung nicht erwehren, die sie ergriff. Die Lampen wurden hier spätestens um elf Uhr am Abend gelöscht, sodass ein Mensch kaum mehr die Hand vor den Augen sehen konnte. Die Vampire dagegen erkannten die Treppe mit ihren schmutzigen Stufen, eine Ratte, die sie anstarrte und dann davonhuschte und, als sie höher stiegen, den Körper der Frau auf dem oberen Treppenabsatz. Sie scharten sich um die Leiche und sahen schweigend auf sie herab, obgleich eine kaum zu unterdrückende Unruhe die Erben erfasste. Vor allem Tammo begann ruhelos von einem Fuß auf den anderen zu treten. Alisa konnte spüren, wie der Blutrausch ihn zu übermannen drohte. Vielleicht hätte er sich auf die Frau gestürzt, wenn das Leben nicht schon aus ihr gewichen wäre.
    Sie umfasste Tammos Handgelenk. Ganz ruhig, kleiner Bruder, sie ist tot und ihr Blut für uns nicht mehr bekömmlich.
    » Weiß ich auch«, fauchte er, doch der Bann war gebrochen, und er wurde ruhiger.
    » Seht sie euch an«, forderte Lady Margaret ihre Schützlinge auf, » aber

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