Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Mörder mit seinem Messer treffen, der armen, wehrlosen Frauen den Leib aufschlitzt!«, brummte Luciano, als sie durch das Tor auf die Fleet Street hinaustraten.
    Sie ließen sich mit dem Strom der Menschen treiben und genossen die vielen Gerüche, die auf sie einströmten. Fernand leckte sich die Lippen. Joanne seufzte.
    » Es wird wirklich Zeit, dass wir unser Ritual begehen. Lange kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Und ich will es auch nicht! Ich bin alt genug.«
    Das stimmte. Joanne war mit ihren neunzehn Jahren nach Malcolm die Älteste ihrer Gruppe.
    Auch Clarissa bekam eine trockene Kehle. Der immer wieder so plötzlich aufwallende Blutdurst irritierte und verunsicherte sie. Luciano nahm sie bei der Hand und blieb dicht bei ihr.
    » Versuche dich auf etwas anderes zu konzentrieren«, raunte er ihr zu.
    » Worauf denn? Auf einen Mörder, der Frauen abschlachtet, sodass ihre Leichen in ihrem Blut schwimmen?«
    » Nein, das ist nicht das Richtige«, schmunzelte Tammo, der seine Ohren wieder einmal überall zu haben schien. » Wenn es zu schlimm wird, dann richte deinen Geruchssinn auf den Unrat. Der Gestank von Fäkalien und verfaulten Abfällen wird immer dichter, je weiter wir in die engen Straßen von Whitechapel vordringen. Konzentriere dich auf die einzelnen Duftnoten und versuche sie voneinander zu trennen. Darunter wirst du die Fährten von Menschen finden. Jede ist anders. Versuche sie zu unterscheiden und prüfe, welche unserem Weg folgen und welche verloren gehen. Das ist eine gute Übung.«
    Wieder einmal warf Alisa ihrem jüngeren Bruder einen Blick zu, in den sich Verwunderung und Anerkennung mischten.
    Ja, er hat sich gemacht, kommentierte Leo ihre Gedanken. Er ist erstaunlich brillant für sein Alter – aber was will man von einem Vamalia auch anderes erwarten als Perfektion!
    Alisa sah ihn misstrauisch an, doch in seinem Spott schwang auch Bewunderung mit.
    Die Vampire bogen in die Middlesex Street ein, die jeder nach ihrem bunten Straßenmarkt von allerlei Stoffen und gebrauchten Kleidungsstücken nur Peticote Lane nannte. Die Tradition, in dieser Straße gebrauchte Kleider zu tauschen oder zu verkaufen, ging fast zweihundert Jahre zurück. Auch jetzt, nach Einbruch der Dunkelheit, war noch einiges los, und sie lauschten vergnügt dem Feilschen und Lachen, dem Gezänk und manch anzüglicher Zote, die die Verkäufer ihren sicher nicht zur vornehmen Gesellschaft gehörenden Kundinnen nachriefen.
    Nach und nach wurde es ruhiger. Die Händler packten ihre Waren ein. Die Käufer und Schaulustigen trollten sich nach Hause oder strömten in die umliegenden Pubs. Nebel begann sich in den schmalen, feuchten Gassen zusammenzuziehen und waberte über das schmutzige Pflaster. Den wenigen Gaslaternen gelang es nicht, die sich verfinsternden Schatten zurückzudrängen. Neugierig folgten die Vampire dem Gewirr schmaler Gassen ins Herz von Whitechapel.
    *
    Latona sah sich verwirrt um. Der Lärm fremder Männerstimmen dröhnte in ihren Ohren. Rauch und Bierdunst hüllten sie ein. Zwei bärtige Gesichter musterten sie neugierig, aber nicht unfreundlich. Einer der Fremden hob seinen Bierkrug.
    » He, meine Hübsche, hier wird nicht geschlafen, hier wird gefeiert! Komm und trink mit uns. Willst du ein Ale? Ich lade dich ein.«
    Latona fiel alles wieder ein. Ihre Flucht, die Nachricht am Albert Memorial und die lange Busfahrt durch London. Benommen schüttelte sie den Kopf. Vermutlich war sie nur eingeschlafen, weil sie Bier getrunken hatte.
    Wie spät mochte es sein? Sie fuhr herum und starrte durch die schmutzigen Fenster, hinter denen nur Finsternis zu sehen war. Ab und zu schwankte irgendwo in der Ferne ein trüber Lichtschein.
    » Danke, nein«, stieß sie hervor und sprang auf. » Ich muss gehen!«
    » Das glaube ich auch«, sagte der andere Mann. » Ein anständiges, junges Ding wie du hat hier um diese Zeit nichts verloren.«
    » Du bist doch nicht etwa in Schwierigkeiten?«, mischte sich ein dritter ein und musterte sie neugierig.
    » Nein, nein«, wehrte sie ab und drängte sich zwischen den muskelbepackten Gestalten hindurch, deren Kleider nach Brackwasser und Teer stanken. Sie bezahlte ihr Essen und das Ale an der Theke und stürzte hinaus. Entsetzt stellte sie fest, dass es wirklich bereits Nacht geworden war. Wie lange hatte sie geschlafen? Zwölf Glockenschläge von einem in der Nähe aufragenden Kirchturm gaben ihr Antwort. Es war bereits Mitternacht? Sie konnte es nicht fassen.
    Latona hastete

Weitere Kostenlose Bücher