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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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kam nichtdazu, die Klinge mit Cutlass Joe zu kreuzen, denn plötzlich blieb der Rothaarige wie vom Donner gerührt stehen. Ein überraschter Laut entrang sich seiner Kehle, und er blickte an sich herab, entdeckte die blutige Spitze des Floretts, die in Höhe des Herzens aus seiner Brust ragte.
    Cutlass kam nicht mehr dazu, seinem Entsetzen Ausdruck zu verleihen. Ein überraschtes »Oh« war alles, was ihm über die Lippen kam, während sein schmutzig graues Hemd sich blutrot färbte. Die Klinge wurde zurückgezogen, und der Bukanier fiel vornüber. Geräuschvoll schlug er auf den Boden und blieb reglos liegen. Elena ließ einen heiseren Schrei vernehmen.
    » Eh bien, das genügt«, sagte der Mann, der ihn hinterrücks erstochen hatte – es war der junge Kerl in Schwarz, dem Akzent nach Franzose. »Er hat seine Schuldigkeit getan.«
    »Pflegt Ihr Eure Diener immer so zu behandeln?«, fragte Nick.
    »Er war ein Verräter, n’est-ce pas ?«, hielt der andere dagegen, während er seine Klinge an Cutlass’ Leichnam abwischte. »Er hat nichts anderes verdient. Seid Ihr Nick Flanagan?«
    »Allerdings.«
    »So hat er zumindest nicht gelogen.« Der Franzose lächelte matt und wandte sich zu Doña Elena. »Demnach müsst Ihr die Tochter des Conde de Navarro sein, und ich darf Euch auffordern, mich zu begleiten.«
    »Wer seid Ihr?«, fragte Elena ebenso entsetzt wie verwundert.
    »Euer Vater schickt mich. Ich bin gekommen, um Euch zu befreien.«
    »Was?«
    »Ich bin als Euer Befreier hier, Madame«, bekräftigte der Franzose. »Eure Gefangenschaft ist zu Ende.«
    Einen Augenblick erwog Elena, dem Schwarzgewandeten Glauben zu schenken und die Hand zu ergreifen, die er ihr reichte.Aber etwas riet ihr dazu, es nicht zu tun. Eine Stimme, die aus ihrem Innersten kam und die stärker war als alle Vernunft.
    » Alors, was ist?«, fragte der Franzose ungeduldig. »Wollt Ihr nicht frei sein? Wollt Ihr nicht mit mir kommen?«
    Elena erwiderte nichts, rührte sich nicht vom Fleck.
    »Bemüht Euch nicht«, knurrte Nick. »Ihr seht ja, dass die Lady Euch nicht folgen will.«
    »Das ist nicht sehr klug von ihr. Und geradezu töricht von Euch, mir den Weg zu versperren.«
    »Töricht oder nicht, sie bleibt hier«, sagte Nick entschieden.
    »Lächerlich«, versetzte der Franzose – und drang im nächsten Augenblick mit blanker Klinge auf Nick Flanagan ein.
    Nick parierte die Attacke, die seinem Herzen gegolten hatte, und lenkte die tödliche Spitze des Floretts an seiner Brust vorbei. Der Franzose gab einen unwilligen Laut von sich, und schon entbrannte ein erbittertes Duell zwischen den beiden Kontrahenten.
    Mit mörderischer Präzision führte der Franzose die Waffe, und Nick musste alles aufbieten, was er an Fechtkunst vom alten Angus gelernt hatte. Erneut setzte sein junger Gegner nach, und ihre Klingen begegneten sich in atemberaubend schneller Folge. Funken stoben, als Metall auf Metall traf, Waffengeklirr erfüllte die Kammer. Dann umkreisten sie einander lauernd, um mit flirrendem Stahl erneut übereinander herzufallen. Die Klingen tanzten so geschwind, dass die Augen der Zuschauer ihnen kaum zu folgen vermochten, und es war unübersehbar, das hier zwei Meister aneinander geraten waren – zwei Fechter, die entschlossen waren, bis zum Äußersten zu gehen und dem anderen keinen Vorteil zu lassen.
    Gerade hatte Nick den Franzosen mit einem überraschenden Ausfall zurückgedrängt, als dieser schon wieder angriff – und diesmal nahm er nicht nur seine Klinge zu Hilfe.
    »Nehmt das!«, rief er, griff nach dem Schemel, auf dem eine Wasserkaraffe stand, und warf Nick beides entgegen.
    Geistesgegenwärtig wich Nick dem Gefäß aus, das seinen Kopf nur um Haaresbreite verfehlte und gegen die Wand schlug, an der es klirrend zerbarst. Der hölzerne Hocker jedoch traf ihn an der Schläfe und brachte ihn ins Wanken. Für einen kurzen Moment war er ohne Deckung.
    »Nick! Seht Euch vor!«, gellte Elenas Schrei, und instinktiv riss er die Klinge empor – keinen Augenblick zu früh.
    Im letzten Moment hinderte er den Franzosen daran, den Stahl in seine Kehle zu stoßen. Nick parierte die Attacke und gewann sein Gleichgewicht zurück. Wieder trafen sich die Klingen in rascher Folge, und dem Franzosen dämmerte, dass er diesen Kampf womöglich nicht gewinnen würde. Kurzerhand gab er einem seiner Leute ein Zeichen – und dann ging alles blitzschnell.
    Aus dem Augenwinkel erhaschte Nick eine Bewegung, sah, wie einer der Piraten seine Pistole hob.

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