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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und das Tosen der Flammen. Seine Augen hatten denselben stumpfen Ausdruck wie die seiner Kumpane angenommen, sein Name spielte keine Rolle mehr. Er war jetzt ein williges Werkzeug in den Händen der Bricassarts; ein Diener, der jeden Befehl ohne Zögern ausführte.
    Damian nickte. »Wo ist sie?«
    »Dort, in jener Herberge«, erwiderte Cutlass Joe und deutete die Gasse hinab, an deren Ende ein zweistöckiges Gebäude auftauchte, das sich eng an die aufragende Felswand schmiegte. El Refugio stand auf dem hölzernen Schild über dem Eingang, das von Feuerschein beleuchtet wurde.
    Bricassart grinste böse.
    »Wie unpassend, n’est-ce pas …? «
     
     
     
    Der Donner der Einschläge hatte Elena de Navarro aus dem Schlaf gerissen. Noch im Nachtgewand, die Hände erschrocken vor den Mund geschlagen, stand sie am Fenster und starrte nach draußen. Den Vorhang hatte sie in ihrer Panik kurzerhand abgerissen – in Anbetracht der grässlichen Geräusche spielte dies wohl keine Rolle mehr.
    Angestrengt versuchte Elena zu erkennen, was draußen vor sich ging, aber alles, was sie vom Fenster ihres Gefängnisses aus sehen konnte, waren aufflackernde Lichtblitze und hier und dort lodernde Flammen. Was die Grafentochter hörte, war ungleich aufschlussreicher als das, was sie sah. Markerschütternder Donner drang an ihr Ohr, und obwohl sie dergleichen noch nie vernommen hatte, wusste sie, dass es Kanonenschüsse waren. Die Einschläge folgten dichtauf, ebenso wie die Schreie der Getroffenen. In den Straßen wurde bereits gekämpft. Elena hörte Schüsse und vernahm das Klirren von Säbeln und Schwertern. Raues Gebrüll tönte durch die Gassen und kam näher.
    Was ging dort unten vor sich?
    Elenas erster Gedanke war, dass die Soldaten ihres Vaters das Versteck ausfindig gemacht hatten und gekommen waren, um sie zu befreien. Hoffnung keimte in ihr auf, aber dann erhaschte sie einen Blick auf die abgerissenen Gestalten, die in den Gassen gegeneinander kämpften. Nirgendwo sah sie die Helme und bunten Röcke der Armada de Barlavento; im Gegenteil, Halsabschneider schienen dort draußen gegen Halsabschneider zu kämpfen, Piraten gegen Piraten. Und Elena de Navarro dämmerte, dass sie vergeblich gehofft hatte …
    Plötzlich war vor der Tür ein Poltern zu hören. Mit ausgreifenden Schritten stürmte jemand die Stufen herauf, stieß die Tür ohne anzuklopfen auf. Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr Elena herum – um zu erkennen, dass es Nick Flanagan war. Sie ertappte sich dabei, dass sie Erleichterung verspürte, ehe sie bemerkte, in welch fürchterlichem Aufzug der junge Kapitän vor ihr stand.
    Nick war in heller Aufregung, sein Atem ging stoßweise. Sein Oberkörper war nackt, er trug keine Stiefel – der Angriff hatte ihn im Schlaf überrascht. Sein Haar stand wirr nach allen Seiten, seine Züge waren rußgeschwärzt. Und an der Klinge des Rapiers,das er in seiner Rechten hielt, haftete rotes Blut, das im Kerzenschein glänzte.
    »Was ist hier los?«, fragte Elena entsetzt.
    »Überfall«, erwiderte Nick nur. »Aber macht Euch keine Hoffnungen, es sind keine spanischen Soldaten.«
    »Wer dann?«
    »Mordbrenner, Piraten, was weiß ich?«, rief Nick aufgebracht. »Wir müssen verschwinden, ehe sie …«
    Er hatte Elenas Hand ergriffen und wollte mit ihr hinaus, als auf den Stiegen erneut polternde Schritte erklangen. Eine Meute Männer kam die hölzerne Treppe herauf.
    »Jim! McCabe!«, rief Nick laut. »Wir sind hier!«
    Aber es waren nicht die Freunde, die zur Hilfe kamen, sondern der erbarmungslose Feind, der seine Beute holen wollte.
    Das Erste, was Nick sah, war Cutlass Joe, der mit gierig loderndem Blick über die Schwelle trat, gefolgt von einem jungen Mann, der nicht älter als Nick selbst war und von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. Eine ganze Meute mordlüsterner Gesellen, von deren Säbeln das frische Blut der Erschlagenen troff, kam hinterdrein, die gelben Zähne gefletscht und mit einem unheimlichen Glanz in den Augen.
    »Cutlass!«, entfuhr es Nick entsetzt. »Was, zum Henker …«
    »Da staunst du, Flanagan, was?«, versetzte der Rothaarige, die Stimme seltsam tonlos. »Hättest nicht gedacht, mich noch einmal zu sehen.«
    »Gehofft, würde ich eher sagen«, konterte Nick. »Was willst du?«
    »Die spanische Lady«, verkündete Cutlass und trat vor, um mit blutbesudelten Händen nach Elena zu greifen.
    Nick schob die Grafentochter hinter sich und baute sich schützend vor ihr auf, das Rapier in der Hand. Aber er

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