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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Nicks verletzte Schulter fest und spuckte aus. »Die Kugel steckt noch in der Wunde.«
    »Keine Zeit sie rauszuholen. Los, wir nehmen ihn mit«, meinte Jim.
    »Nein«, widersprach Nick, dessen Kraft kaum noch dazu ausreichte, verständliche Worte zu formen. »Lasst mich hier … halte euch nur auf …«
    »Blödsinn, Matey«, knurrte McCabe. »Denkst du, wir hätten dich herausgehauen, damit wir dich jetzt liegen lassen? Wir werden uns abwechseln, dich zu tragen. Ich mache den An…«
    Der Schotte wollte nach Nicks unverletztem Arm greifen, um ihn sich um die Schulter zu legen, als ihn eine mächtige Pranke zurückhielt. Noch ehe McCabe widersprechen konnte, hatte Unquatl den halb Bewusstlosen schon aufgegriffen und hochgehoben, ihn sich wie eine Traglast über die Schulter gelegt.
    »Unquatl wird Käpt’n tragen«, stellte der Indianer klar. Dem gab es nichts hinzuzufügen.
    Jim und McCabe öffneten die verbarrikadierte Tür – nur um fluchend zurückzuweichen, als grelle Flammenzungen nach ihnen leckten.
    »Die Hundesöhne haben Feuer gelegt«, wetterte McCabe. »Die Treppe steht in Flammen.«
    »Dann müssen wir so hinaus, wie wir hereingekommen sind – durchs Fenster.«
    Nobody Jim, der der drahtigste und wendigste von ihnen war, stieg ohne Zögern nach draußen, auf den schmalen Vorsprung, der das Haus auf halber Höhe umlief. Mit geladener Pistole hielter Wache, während seine Kameraden Nick durch das Fenster hievten. Über das mit Stroh gedeckte Vordach des Gebäudes gelangten sie nach unten.
    Das Bild, das sich ihnen bot, war grauenvoll.
    Cayenne stand in Flammen.
    Grelles Feuer schlug aus den Hütten, verzehrte in Windeseile die palmgedeckten Dächer. Menschen rannten durch die raucherfüllten Gassen, einige von ihnen lebenden Fackeln gleich, andere verwundet und in heilloser Panik. Wohin man auch blickte, sah man Leichen – und den erbarmungslosen Feind, der sich mit blanker Klinge nahm, was er haben wollte. Hier zerrten zwei Piraten unter dröhnendem Gelächter eine junge Dirne an den Haaren durch die Gasse, dort kam eine ganze Meute mit Rumfässern beladen aus einer brennenden Taverne. Schreie und derbes Gelächter begleiteten sie, der beißende Geruch von Schießpulver und Rauch erfüllte die Nacht.
    Nobody Jim und McCabe feuerten in schweigender Übereinkunft, erledigten die beiden Kerle, die sich an der Dirne vergehen wollten. Zeit, sich um die junge Frau zu kümmern, blieb ihnen nicht – sie mussten weg, nur weg. Mit fliegenden Schritten stürmten sie die Gasse hinab, Unquatl den halb bewusstlosen Nick Flanagan über der Schulter.
    Nur mehr wie durch einen dichten Schleier nahm Nick wahr, was vor sich ging. Leise protestierte er, verlangte abgesetzt und zurückgelassen zu werden, aber wenn seine Freunde ihn hörten, so achteten sie nicht auf seine Worte. Ein paar Gassen weiter trafen sie auf Pater O’Rorke und den Chinesen.
    »Verdammt«, maulte McCabe, »warum seid ihr nicht auf dem Schiff?«
    »Weil es kein Schiff mehr gibt«, lautete die ernüchternde Begründung. »Die Seadragon liegt auf dem Grund der Bucht.«
    »Diese elenden Bastarde«, knurrte McCabe, »das wird ihnen noch Leid tun.«
    »Nein«, widersprach Jim, »uns wird es Leid tun, denn die Seadragon war unsere einzige Fluchtmöglichkeit.«
    »Der Junge hat Recht«, stellte O’Rorke fest. »Wir müssen die Stadt sofort verlassen. Unsere Leute sind aufgerieben, der Feind zieht brennend und mordend durch die Gassen. Wir haben keine Chance.«
    »Dann müssen wir ins Inselinnere flüchten«, entschied McCabe, der, bedingt durch Nicks Verwundung, zum Anführer aufgerückt war. »Jim, du gehst voraus. Ich bilde die Nachhut. Los, Mateys, worauf wartet ihr?«
    Die wilde Flucht ging weiter, die Gassen wieder hinauf, die sie eben erst herabgekommen waren. Unterwegs begegneten ihnen noch mehr Plünderer. Die meisten von ihnen waren so damit beschäftigt, ihre Beute zu schleppen, dass sie der kleinen Gruppe keine Aufmerksamkeit schenkten; dann allerdings trafen sie auf einen Trupp, der bislang leer ausgegangen und entsprechend wütend war.
    »Ihr da, stehen bleiben!«, riefen die Piraten den Flüchtenden zu – McCabe antwortete mit einem Schuss aus seiner Donnerbüchse.
    Der Anführer des Trupps, ein dunkelhäutiger Maat, brach getroffen zusammen. Daraufhin verfielen seine Kumpane in animalisches Gebrüll und setzten den Flüchtlingen hinterher, die Säbel und Messer in ungestilltem Blutdurst schwenkend.
    »Schneller, ihr lahmen Hunde!«,

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