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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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flüsterte ein anderer. »Es stimmt also doch, was man erzählt. Mit Zauberkraft lockt er Schiffe an seine Gestade und lässt sie auf Grund laufen. Diese Insel ist verflucht.«
    »Nicht nur diese Insel, Kameraden. Die ganze Fahrt steht unter einem schlechten Stern. Noch nie ist jemand von Bricassarts Insel lebend zurückgekehrt …«
    Wie eine Springflut griffen Furcht und Aberglaube um sich, schwappten nach allen Seiten. Nick konnte sehen, wie die Zuversicht in den Mienen der Männer verblasste. Die Stimmung an Bord drohte zu kippen – und Scarborough stand achtern beim Steuermann und schien es noch nicht einmal zu bemerken.
    Auch in den Gesichtern seiner Kameraden konnte Nick Furcht erkennen. Der Anblick der Wracks machte jedem von ihnen klar, wo sie schon bei Tagesanbruch enden konnten, und keiner von ihnen hatte Verlangen danach, von Haien gefressen zu werden oder als ruheloser Geist zu enden, dazu verdammt, bis zum Ende aller Zeiten umherzustreifen.
    Selbst der sonst so besonnene Unquatl war nicht frei von Angst. Ein Schatten legte sich über seine tätowierten Züge, als er mit unheilvoller Stimme sagte: »Das nicht gut. Unquatl fühlt, dass Gefahr drohen. Neuer Tag wird Tod bringen für viele Männer. Furchtbare Dinge werden geschehen …«
    Seine Worte blieben nicht ohne Wirkung auf den Rest der Mannschaft. Mit ängstlichen Blicken starrten die Seeleute auf den Indianer, und Nick fühlte, dass er etwas unternehmen musste. Wenn sich Scarborough und seine Offiziere schon nicht verantwortlich fühlten, musste er es wohl tun. Schon wollte er das Schanzkleid erklimmen, als ihn O’Rorkes beherzte Hand zurückhielt.
    »Vergiss nicht, was ich dir einst sagte«, schärfte der Mönch ihm ein, dann nickte er ihm ermunternd zu.
    Nick bedankte sich mit einem Lächeln, griff dann nach den Wanten und zog sich daran empor; vom Schanzkleid aus kletterte er ein Stück den Großmast hinauf, damit er von allen gesehen wurde.
    »Männer«, rief er laut, »hört mich an!«
    Nicht nur die Mannschaft der Prosecutor blickte zu ihm hinauf – auch Scarborough und seine Offiziere wurden aufmerksam, aber das war Nick gleichgültig. Er war nur für kurze Zeit Kapitän eines Schiffes gewesen, aber immerhin lange genug, um zu wissen, was die Männer von ihrem Befehlshaber erwarteten.
    »Lasst euch nicht erschrecken von dem, was ihr seht!«, rief erden Seeleuten zu. »Bricassart mag grausam sein und ein ruchloser Pirat, aber er ist kein Phantom, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut.«
    »Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte jemand.
    »Ich weiß es, weil ich ihm schon begegnet bin«, entgegnete Nick, worauf ein Raunen durch die Reihen der Seeleute ging. »Ich habe die Klinge mit ihm gekreuzt, und wäre er nicht so ein elender Feigling, brauchten wir diese Fahrt nicht mehr zu unternehmen. So aber ist er mir entkommen, und ich habe geschworen, zu Ende zu bringen, was ich begonnen habe. Ich bin kein Soldat der königlichen Marine. Genau genommen bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich Engländer bin. Dennoch bin ich hier, um Bricassart sein gieriges Maul zu stopfen und die See ein für alle Mal von ihm zu befreien.«
    Nick unterbrach sich, um seine Worte wirken zu lassen. »Bricassart ist ein schlauer Hund«, fuhr er dann fort. »Diese Schiffe dort«, er deutete auf die Wracks, die im verblassenden Tageslicht verschwanden, »dienen nur einem Zweck – jene abzuschrecken, die sich gegen ihn erheben wollen. Ich sage: Wagen wir es dennoch, denn wir kämpfen für eine gerechte Sache. Wie viele brave Seeleute sind der Mordlust dieses Scheusals bereits zum Opfer gefallen? Auch ich habe Freunde im Kampf gegen ihn verloren, und ich brenne darauf, ihren Tod zu rächen. Wenn ihr euch fürchtet, dann tut ihr genau das, was Bricassart erwartet. Aber wenn ihr eure Furcht besiegt und an den Stahl in euren Händen glaubt, dann werden wir im Morgengrauen einen großen Sieg erringen. Port Royal wird wieder uns gehören, und wir werden reiche Beute machen.«
    »Aye!«, rief Nobody Jim und reckte seine geballte Faust in die Höhe, und hier und dort wurde der Ruf erwidert.
    »Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten«, bekräftigte Nicknoch einmal. »Bricassart wähnt sich in seiner Festung sicher, aber wir haben einen Plan, wie wir ihn überrumpeln können. Diesmal wird Bricassart nicht der Jäger sein, sondern der Gejagte. Wenn ihr dabei sein wollt, wenn eine Schlacht geschlagen wird, von der ihr euren Enkelkindern noch erzählen könnt, dann folgt

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