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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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niederzuknien. Ein sargento, der sich weigerte und darauf verwies, dass es nur einen Gott und nur einen Herrscher gebe, vor dem er die Knie beugte, wurde von Damian Bricassart kurzerhand niedergestochen, sehr zur Freude der blutrünstigen Meute. Auch der alte Bricassart lachte über diese neue Untat seines Sohnes. Dann gab er dem Schamanen einige Anweisungen. Der Trommelschlag wurde lauter und verlangender. Die Meute der Piraten verfiel in dumpfes, rhythmisches Gebell, in das zum Entsetzen seiner Tochter auch Navarro einfiel. Zum ungezählten Mal fragte sie sich, was ihrem Vater widerfahren sein mochte, dass er sich vomEdelmann zum Barbaren gewandelt hatte – oder hatte Bricassarts fauler Zauber nur nach außen gekehrt, was im Inneren stets vorhanden gewesen war?
    Die schaurige Zeremonie begann.
    Über einer Feuerstelle war ein Kessel aufgebaut worden, aus dem beißender Dampf entwich und um den der Schamane unter Beschwörungsformeln tanzte. Seine Helferinnen trugen verschiedene Behältnisse heran, und vor den Augen der gaffenden Menge ging der Schamane daran, ein scheußliches Gebräu zu bereiten.
    Zunächst fügte er dem brodelnden Inhalt des Kessels einige Pflanzen und Extrakte hinzu. Dann reichte man ihm einen Gockelhahn, der sich in seinem Griff heftig wehrte – bis er ihn kurzerhand enthauptete. Elena entfuhr ein gellender Schrei, als sie sah, wie der kleine Mann den noch flatternden Kadaver unter wüstem Geheul schwenkte und seine Dienerinnen und sich selbst mit Blut besudelte. Den Rest des Lebenssaftes, der aus dem Halsstumpf des Vogels quoll, ließ er in den Kessel fließen. Der Trommelschlag steigerte sich, ebenso wie der schaurige Gesang, und die Dienerinnen rissen sich die Kutten vom Leib und tanzten ekstatisch um das Feuer, das flackernden Schein auf ihre fast nackten Leiber warf. Eine der Dienerinnen hielt plötzlich eine Schlange in Händen, die sich um ihren Oberkörper ringelte. Der stampfende Rhythmus der Congas erreichte daraufhin seinen Höhepunkt.
    »Dambaala! Dambaala!«, riefen Bricassart und seine Anhänger, während der Schamane nach der Schlange griff und sie triumphierend über den Kopf hob. Bereitwillig legte die Dienerin den Kopf zurück und bot ihre ungeschützte Brust dar – in die der Schamane ohne Zögern die Zähne des Tieres senkte.
    Ein Seufzen tiefster Befriedigung ging durch die Meute, als diejunge Frau zu Boden sank, niedergestreckt vom Gift der Schlange. Der Schamane warf daraufhin auch das Reptil in den Kessel und stimmte lautes Geheul an. Ein aus Schlangenhaut gefertigtes Behältnis wurde gebracht und in den Kessel getaucht, mit dem widerlichen Inhalt gefüllt. Die gefangenen Seeleute verfielen in Geschrei, als ihnen klar wurde, dass sie das giftige Gebräu trinken sollten – aber der Schamane kannte keine Gnade. Mit dem grausigen Gefäß in der Hand ging er von einem zum anderen, schüttete ihnen den Inhalt in den Schlund und erstickte ihre Hilferufe. Kaum hatten sie getrunken, fielen die Gefangenen wie tot zu Boden.
    »Aufhören! Sofort aufhören!«, rief Elena, die den Anblick nicht mehr ertragen konnte – aber die Zeremonie war noch nicht vorüber.
    Glühende Eisen wurden aus dem Feuer gezogen und die Männer damit gebrandmarkt. Es war jenes Zeichen, das Elena auch bei ihrem Vater gesehen hatte und das wohl bedeuten sollte, dass jene, die es trugen, mit Haut und Haaren Bricassart gehörten. Der Schmerz brachte die Männer wieder zu Bewusstsein, aber sie waren nicht mehr dieselben. Eine Veränderung war mit ihnen vor sich gegangen, ihre Blicke waren stumpf und geistlos. Der beißende Geruch des verbrannten Fleischs stülpte Elena den Magen um. Sie übergab sich, ganz zur Erheiterung Bricassarts und seiner verdorbenen Gesellschaft. Die Congas und das Gegröle verstummten. Stille senkte sich über den Innenhof, und aller Augen richteten sich auf Bricassart.
    »Ihr gehört jetzt mir«, sagte das Oberhaupt der Piratenbruderschaft zu den Gefangenen. »Wollt ihr schwören, mir euer Leben zu schenken, vor keiner Untat zurückzuschrecken und jeden meiner Befehle willenlos auszuführen, selbst wenn er euch das Leben kostet?«
    »Wir schwören es«, entgegneten die Gefangenen ohne Zögern, auch jene, die vorhin noch panisch um Hilfe gefleht hatten – und Elenas von Furcht geschüttelter Verstand begriff, was all das zu bedeuten hatte.
    Dies war das Geheimnis von Bricassarts Macht!
    Durch den Trank, den der Schamane zubereitete und der tatsächlich magische Ingredienzien

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