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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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seiner Bedrängnis riss er mit der linken Hand die Pistole aus dem Gürtel – dadurch gab er sich jedoch eine Blöße, sodass Elenas Klinge seine Deckung durchdrang und mitten in sein Herz fuhr.
    Der Pirat stand wie vom Donner gerührt, dann brach er leblos zusammen, zu Füßen seiner siegreichen Gegnerin. Mit bebender Brust stand Elena de Navarro über ihm, im weißen Hochzeitskleid und die blutige Klinge noch in der Hand.
    »Nicht übel«, meinte Nick anerkennend. »Wo hast du das gelernt?«
    »Zu Hause in Spanien«, erwiderte sie. »Mein Vater hat sich stets einen Sohn gewünscht, also gab ich mir Mühe, seinen Wünschen gerecht zu werden – und dazu gehörte auch der Fechtunterricht.«
    »Dann hatte ich wohl Glück, nicht die Klinge mit dir zu kreuzen?«
    »Allerdings, Flanagan«, erwiderte sie, und diesmal waren es ihre Züge, über die ein verwegenes Grinsen glitt, »denn ich hätte keine Pistole gebraucht, um dich zu besiegen.«
    Statt zu antworten, stieß Nick die Tür zum Audienzsaal auf – und war überwältigt von der Aura des Bösen, die ihm aus demungewissen Dunkel entgegenschlug. Mit Fackeln bewaffnet, drängten seine Gefährten nach, und gemeinsam betraten sie die Höhle des Löwen.
    Nach Elenas flüchtiger Schilderung hatte Nick allerhand erwartet, aber die schiere Bosheit dieses Ortes raubte ihm dennoch den Atem. Tierkadaver und stinkender Unrat, Ratten, die sich auf dem Boden tummelten, blutbesudelte Wände – all das rief seinen Widerwillen hervor. Der Saal, der nur von Fackelschein beleuchtet wurde und dessen anderes Ende im Halbdunkel nicht zu erkennen war, war fast menschenleer – Bricassarts Meute war zur Verteidigung der Festung ausgerückt, und so waren nur einige Unterführer übrig, mit denen Nick und seine Freunde sich ein ebenso kurzes wie blutiges Gefecht lieferten.
    Pistolen krachten, und Unquatl schickte seine beiden letzten Pfeile auf Reisen. Die Piraten, die sich mit ihrem Oberhaupt beraten hatten und nicht auf einen Angriff gefasst gewesen waren, wurden im Sturmlauf überwältigt. Dann standen die Gefährten vor dem feisten Herrn des düsteren Domizils, der mit rot glühendem Auge auf sie starrte – und vor Carlos de Navarro, der wie ein Schoßtier zu seinen Füßen kauerte.
    »Wer seid ihr?«, fragte Bricassart mit verblüfftem Blick auf seine niedergemetzelten Unterführer. »Was hat dies zu bedeuten?«
    »Es bedeutet Euer Ende«, gab Elena zur Antwort, noch ehe Nick etwas erwidern konnte. »Ihr wolltet mich mit Eurem Sohn verheiraten oder mich vernichten, aber nun werdet Ihr es sein, der vernichtet wird.«
    »Tochter!«, rief Navarro entsetzt. »Was fällt dir ein? Wer sind diese Männer?«
    »Erkennt Ihr mich nicht wieder, werter Conde?«, fragte Nick sarkastisch. »Das enttäuscht mich, denn ich kann mich an Euch sehr gut erinnern. Das letzte Mal, als ich Euch sah, war es imKerker von Maracaibo, als Ihr über meinen Vater das Todesurteil verhängtet.«
    »Flanagan?« In Navarros stumpfem Blick flackerte fernes Erinnern.
    »Genau der. Nick Flanagan, der Sohn des alten Angus, den Ihr aus einer Laune heraus habt töten lassen. Derselbe Nick Flanagan übrigens, der Eure Tochter aus Maracaibo entführt hat und der Euch und Eurem Piratenfreund heute das Handwerk legen wird. Euer Spiel ist aus, Navarro, ein für alle Mal.«
    »Fürwahr«, tönte Bricassart, »Ihr seid ein mutiger Bastard, Nick Flanagan, das muss der Neid Euch lassen. So einfach in meinen Palast zu marschieren und mich herauszufordern, dazu gehört eine Menge Unverfrorenheit, n’est-ce pas ?«
    »Was Ihr nicht sagt. Verzeiht, wenn ich mich für das Kompliment nicht bedanke.«
    »Euer Mut wird Euch allerdings nichts anderes bringen als Euren Untergang«, orakelte Bricassart mit hämischem Seitenblick auf Navarro. »Schon andere haben versucht, mich zu hintergehen, und es ist ihnen schlecht bekommen. Aber wer weiß? Vielleicht werde ich Euch ja ebenfalls in meinen Diensten behalten, wenn erst ein wahrer Gläubiger aus Euch geworden ist.«
    »Euren närrischen Zauber behaltet für Euch, Bricassart. Ich bin nur aus einem einzigen Grund hier – um Rache dafür zu nehmen, dass Ihr meine Brigantine auf den Grund des Meeres geschickt und den größten Teil meiner Besatzung massakriert habt.«
    »Und für den Tod deiner Mutter«, fügte Pater O’Rorke leise hinzu.
    »Was?«, fragte Nick entgeistert.
    »Als die Valiant geentert wurde«, erklärte der Mönch flüsternd, »an jenem düsteren Tag des Jahres 1673, den ich

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