Die Erben der Schwarzen Flagge
zurückschreckt, Euer eigen Fleisch und Blut zu opfern, um diesem da zu willfahren, erstaunt selbst mich.«
»Aus dem Weg, Bursche«, schnaubte der Conde. »Mit dir befasse ich mich, wenn du an der Reihe bist.«
»Dann werdet Ihr Euch gleich mit mir befassen müssen«, konterte Nick, »denn ich werde nicht zulassen, dass Ihr Eurer Tochter ein Leid zufügt. Ich habe geschworen, sie zu beschützen, und das werde ich tun, selbst vor ihrem eigenen Vater.«
»Schurke! Du wagst es?«
»Ihr seid der Schurke, Navarro. Ihr habt Eure Sklaven bis aufs Blut geschunden, um Euch selbst zu bereichern. Ihr habt Euch mit der Geißel der See verbündet, und Ihr habt einen unschuldigen alten Mann zu Tode foltern lassen. Dafür werdet Ihr büßen.«
»Wohlan«, erwiderte der Conde ungerührt. »Mir ist es einerlei,wen von euch ich zuerst über die Klinge springen lasse. Ihr Sklaven seid alle gleich wertlos.«
»Ich bin kein Sklave mehr«, brachte Nick in Erinnerung – und schon im nächsten Augenblick entbrannte ein erbittertes Duell zwischen den beiden Erzfeinden.
»Nein!«, rief Elena, die ihren Vater trotz allem, was er ihr angetan hatte, noch immer liebte und ihn nicht aufgeben wollte. Ihre Hoffnung war gewesen, dass er sich besinnen und zu sich selbst zurückfinden würde, wenn seine eigene Tochter ihm im Kampf gegenübertrat. Aber wer den fanatischen Glanz in Navarros Augen sah, der wusste, dass diese Hoffnung vergeblich war.
Mit erbitterter Wucht trafen Nicks Entermesser und das Rapier des Grafen aufeinander; sie begegneten einander so heftig, dass Funken stoben. Navarro focht nach spanischer Schule, einhändig und elegant, den linken Arm in die Hüfte gestemmt. Nick hingegen kämpfte so, wie der alte Angus es ihm beigebracht hatte – mit wuchtigen Hieben und blitzschnellen Paraden, die die Angriffe des Gegners abprallen ließen.
Eine Weile wogte der Kampf hin und her. Bald unternahm der Conde einen Ausfall, dem Nick in letzter Sekunde auswich, dann wieder war die Reihe an Navarro, sich unter wüsten Hieben und Stößen zurückzuziehen. Obwohl er sich augenscheinlich nur langsam bewegte und sein Fechtstil veraltet war, war der Conde ein erbitterter Gegner, der Nick sein ganzes Können abverlangte. Der Gedanke, dass er den Mund zu voll genommen haben und dies sein letzter Kampf sein könnte, schoss Nick durch den Kopf, und ihm wurde klar, dass nur einer von ihnen lebend aus diesem Duell hervorgehen würde. Es war ein erbitterter Kampf auf Leben und Tod, bei dem Nicks Gefährten ihren Anführer lauthals anfeuerten, während Elena von maßlosem Entsetzen gepackt dabeistand. Wie auch immer dieser Kampfausging, sie würde in jedem Fall verlieren: Entweder sie verlor den Vater, den sie trotz allem, was er ihr angetan hatte, noch immer liebte – oder aber den Mann, den sie trotz aller Vorkommnisse lieben gelernt hatte.
Die Augen in stummer Angst aufgerissen, verfolgte sie den Hergang des Kampfes, während Bricassart nur böse lachte. So wie Elena in jedem Fall verlieren würde, würde der Schurke in jedem Fall gewinnen, unabhängig davon, wer den Sieg davontrug. Nick Flanagan – oder Graydon – würde nach diesem Kampf nicht mehr derselbe sein. Er hatte die bittersüße Frucht der Rache gekostet und sich auf einen gefährlichen Pfad begeben, der ihn für Bricassart zum leichten Opfer machte. Elena musste etwas unternehmen, musste verhindern, dass dieser Kampf tragisch endete. Kurz entschlossen griff sie nach einer Fackel und sprang damit zwischen die beiden Kontrahenten, gerade, als diese erneut aufeinander einschlagen wollten.
Von beiden Seiten zuckten die Klingen heran. Elena schloss die Augen, fürchtete, dass der tödliche Stahl sie ereilen würde.
Aber er tat es nicht; die Duellanten zogen ihre Klingen im letzten Augenblick zurück, und Elena schwenkte die Fackel, um die beiden auseinander zu treiben.
»Zurück!«, rief sie laut. »Zurück, hört ihr nicht? Ich werde nicht zulassen, dass ihr euch gegenseitig umbringt, nur weil es diesem Scheusal dort so gefällt!«
»Geh zur Seite, Tochter«, befahl Navarro schnaubend. »Begehe nicht den Fehler, dich mir in den Weg zu stellen.«
»Was willst du tun, Vater?« Mit feucht glänzenden Augen blickte sie ihn an. »Mich töten? Deine eigene Tochter? Das kann und will ich nicht glauben. Der Bann des Zauberers mag überaus stark sein, aber er ist niemals stärker als deine Liebe zu mir.«
»Da ist keine Liebe«, sagte Navarro mit einer Eiseskälte, diesie schaudern
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