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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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der aufgeregt in die Bucht deutete, wo die Seadragon vor Anker lag, und McCabe begriff als Erster, was der Asiate damit sagen wollte.
    »Unser Schlitzauge hat Recht«, polterte er im Überschwang. »Du hast Joe besiegt und gezeigt, dass du tatsächlich Graydons Sohn sein könntest. Das bedeutet, dass die Seadragon eigentlich dir gehört – und dass du unser neuer Käpt’n werden solltest.«
    »Ich soll Euer neuer Käpt’n sein?« Nicks suchender Blick fandPater O’Rorke, der ihm wissend zunickte, und er erinnerte sich an das kurze Gespräch, das sie geführt hatten. Schneller, als er hatte erahnen können, musste er sich der Frage nach Macht und Verantwortung stellen, und noch ehe er antworten konnte, waren die Bukaniere schon dabei, ihn zu ihrem neuen Anführer auszurufen.
    »Ein Hoch auf unseren neuen Kapitän!«, brüllte Jim.
    »Warte mal, Nigger, nicht so schnell«, zeterte Cutlass Joe, der sich wieder aufgerafft hatte und den Sand von seinen Kleidern klopfte. »Noch bin ich Kapitän der Seadragon .«
    »Nicht mehr«, beschied Pater O’Rorke ihm kopfschüttelnd. »Dem Kodex zufolge gibt es zwei Möglichkeiten, einen Kapitän abzusetzen – entweder durch einen Zweikampf Mann gegen Mann oder durch Abstimmung. Das Duell hast du verloren, und wie es aussieht, hat die Mannschaft dich gerade abgewählt. Nicht wahr, Männer?«
    Heisere Zustimmung scholl über den Strand, worauf Cutlass Joe einsehen musste, dass er verloren hatte. Zornentbrannt stürzte er davon, was niemanden kümmerte.
    »Ein Hoch auf Nick Flanagan«, tönte McCabe. »Oder sollte ich dich lieber Nick Graydon nennen?«
    »Flanagan genügt fürs Erste«, beschwichtigte Nick, dem alles viel zu schnell ging. Noch vor wenigen Wochen war er ein wertloser Sklave gewesen – und nun war er Kapitän einer Piratenbrigantine.
    Ein Gefühl tiefer Genugtuung erfüllte ihn, und als McCabe und einer der anderen ihn packten und sich auf die Schultern luden, um ihn hochleben zu lassen, unternahm er nichts dagegen. Man reichte ihm einen gut gefüllten Becher Rum, den er zur hellen Freude aller bis auf den Grund leerte, dann wurde weitergesungen und -getanzt.
    Nicht nur, dass die Bukaniere an diesem Tag ihren ersten großen Fang seit langer Zeit gemacht hatten – sie waren auch ihren ungeliebten Kapitän losgeworden.
    »Nur eins hast du falsch gemacht, La… ich meine Käpt’n«, sagte McCabe, als sie ihn wieder absetzten.
    »Was?«, fragte Nick.
    »Du hättest Joe das Fell über die Ohren ziehen sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest. Du hast ihn vor aller Augen besiegt und gedemütigt. Bislang konnte er dich einfach nicht leiden – jetzt hast du ihn dir zum Feind gemacht …«

9.
    S chon wieder?«
    Carlos de Navarros Stimme überschlug sich. Wütend sprang der Conde von Maracaibo auf, hämmerte mit den Fäusten auf die marmorne Tischplatte seines Arbeitszimmers. »Senõr Capitán! Hatte ich Euch nicht ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass ich keine weiteren Piratenübergriffe in meinen Gewässern wünsche?«
    Der Offizier, der vor dem breiten Schreibtisch stand, hatte den Kopf gesenkt und starrte auf die kunstvollen Stickereien des Teppichs. Dabei kam er sich vor wie ein Lehrjunge, der gescholten wurde.
    »Zuerst die San Felipe und nun auch noch die Santa Esmeralda «, ereiferte der Graf sich weiter. »Nehmen die Unverschämtheiten dieser Barbaren denn gar kein Ende?«
    »Es tut mir Leid, Exzellenz«, erwiderte der Capitán sokleinlaut, dass man ihn kaum verstehen konnte. »Die Armada tut, was ihr möglich ist, aber sie kann nicht überall gleichzeitig sein. Immerhin haben die Piraten die Besatzung diesmal am Leben gelassen. Capitán Almaro und seine Mannschaft konnten sich nach Hispaniola in Sicherheit bringen.«
    »Was redet Ihr da?« Navarro, der mit zornigem Blick und offen über die Schultern wallendem Haar einen einschüchternden Anblick bot, horchte auf. »Piraten machen keine Gefangenen, Capitán.«
    »Diese haben es dennoch getan«, entgegnete der Offizier leise. »Und nicht nur das, Exzellenz. Sie haben Almaro auch eine Botschaft für Euch mit auf den Weg gegeben.«
    »Eine Botschaft?« Navarro nahm seinen Fächer und wedelte sich Luft zu. Es war ohnehin schon unerträglich heiß und stickig in seinem Arbeitszimmer, aber sein Zorn ließ ihn erst recht in Schweiß ausbrechen. »Welche Botschaft? Sprecht schon, Capitán, oder muss ich euch jedes einzelne Wort aus dem Rachen reißen?«
    »Die Piraten lassen Euch Grüße

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