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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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vorher noch nicht aufgefallen, McCabe? Hast du zu viel Rum getrunken? Oder hat dir die Hitze das Hirn weich gemacht?«
    »Weder – noch. Aber was, wenn Pater O’Rorke Recht hat? Wenn es wirklich Nicolas Graydon ist, der hier in Fleisch und Blut vor uns steht? Dann hätte unsere Suche ein Ende …«
    »Unsere Suche hatte in dem Augenblick ein Ende, in dem der alte Graydon abgekratzt ist«, erwiderte Cutlass Joe sehr zu NicksMissfallen. »Und vielleicht war das auch besser so – wer weiß, auf was für Ideen der Alte sonst noch gekommen wäre.«
    »Graydon war ein guter Anführer. Er sorgte sich um seine Leute, im Gegensatz zu dir. Und er steckte voller pfiffiger Ideen – genau wie unser Nick.«
    Die übrigen Versammelten bekundeten ihre Zustimmung, was Joe nur noch mehr in Wut versetzte. Ihm wurde klar, dass er Flanagan schon deshalb aus dem Weg räumen musste, weil der Bursche ihm sonst früher oder später seinen Posten streitig machen würde. Er rasselte wütend mit dem Säbel, was ihm einen weiteren tadelnden Blick O’Rorkes eintrug. Joe ignorierte es. Er war Kapitän der Seadragon und wollte es auch bleiben, nur das war wichtig.
    »Ihr seid alle verrückt«, rief er aus. »Dieser Grünschnabel ist nichts als ein windiger Betrüger.«
    »Du leugnest also, dass er Graydons Sohn sein könnte?«, fragte O’Rorke.
    »Allerdings, denn du hast nicht einen einzigen wirklichen Beweis dafür geliefert, Pfaffe. Und nun tritt zur Seite – denn wenn Flanagan tatsächlich der Spross eines waschechten Lords ist, dann wird er sich seiner Haut wohl zu erwehren wissen, oder?«
    Der Piratenkapitän machte einen überraschenden Ausfall, stieß den Pater grob zur Seite und schlug mit dem Säbel nach Nick, den die rasiermesserscharfe Klinge nur um wenige Handbreit verfehlte.
    Nicht nur O’Rorke, auch die übrigen Mannschaftsmitglieder der Seadragon versuchten, Cutlass zu beschwichtigen. Aber die Wut des Piraten war entfesselt, er war nicht aufzuhalten. Mit furchtbarer Wucht führte er den nächsten Hieb, der Nick das Leben gekostet hätte, wäre er nicht blitzschnell zurückgesprungen. Nick blieb nichts übrig, als seine eigene Klinge zu ziehen und sich zu verteidigen.
    Unter schrecklichem Gebrüll setzte der Rothaarige ein weiteres Mal heran und schwenkte die Waffe, um Nick damit in Stücke zu hauen. Während der Säbel des Kapitäns vor allem eine Hiebwaffe war und darauf ausgelegt, klaffende Wunden zu schlagen, war Nicks Rapier eine Stichwaffe, deren Handhabung ungleich mehr Geschick und Finesse verlangte.
    Cutlass Joe lachte laut, während er Nick vor sich hertrieb. »Was sagst du nun, Grünschnabel?«, rief er. »Große Töne zu spucken ist einfacher, als im Kampf zu bestehen, nicht wahr? Du hättest dir kein Spielzeug aussuchen sollen, sondern eine Waffe …«
    Damit ließ er den Säbel ein weiteres Mal herabsausen, und wieder entging Nick dem mörderischen Angriff nur um Haaresbreite. Er spürte den Luftzug an seiner Schläfe, fühlte das Blut durch seine Adern pulsieren. Tief atmete er durch und versuchte, sich zu beruhigen. Er unterdrückte seine innere Panik und erinnerte sich an das, was der alte Angus ihm beigebracht hatte – und als Joe erneut angriff, konterte Nick die Attacke mit dem Rapier.
    Mit hellem Klang prallte der Stahl aufeinander, und für einen Augenblick starrten sich die Kontrahenten über die gekreuzten Klingen hinweg an. Nick sah die Überraschung in Cutlass Joes Gesicht und grinste verwegen.
    »Freu dich nicht zu früh, Joe«, versetzte er. »So leicht, wie du gedacht hast, mache ich es dir nicht.«
    Mit roher Kraft stieß Cutlass Joe ihn von sich. Nick geriet ins Taumeln, seine Füße verhedderten sich. Rücklings fiel er in den Sand. Seine Kameraden hielten den Atem an, als Cutlass Joe über ihm auftauchte, den Säbel zum tödlichen Streich erhoben. Wie das Beil eines Henkers fiel die Klinge herab. Schnell wandte sich Nick zur Seite, worauf die Schneide dicht neben seinem Kopf in den Sand fuhr. Mit beiden Füßen trat er zu, stieß seinenGegner von sich und verschaffte sich dadurch Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen.
    Mit wüstem Gebrüll griff Cutlass erneut an, und ihre Klingen trafen in so rascher Folge aufeinander, dass die Augen der Schaulustigen ihnen kaum zu folgen vermochten. Unter dem hellen Klang des Stahls trieben die Kontrahenten einander über den Kampfplatz, ein jeder bemüht, in der Deckung des anderen eine Öffnung zu finden. Lauernd umkreisten sie sich, und Nick konnte den

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