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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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zu einer großen Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Von hier aus konnte er in die weite Eingangshalle sehen, in der sich ein halbes Dutzend Soldaten tummelte. Dort hinaus konnte er nicht, so viel stand fest – aber das hatte Nick auch nicht vor. Sein Plan sah eine andere Fluchtmöglichkeit vor.
    Mit ausgreifenden Schritten nahm er die Stufen ins oberste Stockwerk und fand sich in den gräflichen Privaträumen wieder. Der Anblick von riesigen Gemälden, prächtigen Wandteppichen und kostbaren Standbildern überwältigte Nick. Hier also hielt sich Navarro auf, speiste von goldenen Tellern und bettete seinenHintern auf seidene Kissen, während seine Sklaven in Schmutz und Elend hausten.
    »Warte nur«, flüsterte Nick. Es war an der Zeit, ein wenig von diesem himmelschreienden Unrecht auszugleichen.
    Auf dem Weg, den der Sekretär ihm beschrieben hatte, fand er den Zugang zu Doña Elenas Gemach. Nick nahm sich nicht die Zeit, um anzuklopfen – er trat die Tür kurzerhand ein.
    Berstend brach das Holz aus den Angeln und gab den Blick frei auf zwei Frauen, die auf dem Bett saßen und kreischend in die Höhe fuhren, als sie ihn gewahrten. Die eine war von dicklicher Postur und hatte das Gewand einer Hausdienerin an. Die andere hatte langes schwarzes Haar und trug ein seidenes Nachtgewand – in ihr erkannte Nick sofort die junge Frau, die ihm an jenem Tag die Peitsche erspart und ihm gleichzeitig klar gemacht hatte, dass er nichts anderes war als ihr Besitz.
    Als sie Nick erblickte, der mit rußgeschwärzter Miene und schlammbedeckter Kleidung einen fürchterlichen Anblick bot, weiteten sich ihre Augen vor Schreck. Aber noch ehe Doña Elena um Hilfe rufen konnte, war Nick bereits bei ihr und presste ihr die Hand auf den Mund.
    »Du da«, sprach er die Zofe an, die wie versteinert dasaß. »Du wirst dem Conde eine Nachricht überbringen. Sag ihm, dass die Freilassung seiner Tochter ihn fünfzigtausend Golddublonen kosten wird. Wenn er sie lebend wiedersehen will, soll er einen Boten mit dem Lösegeld nach Cayenne entsenden, in das Wirtshaus, das sich Old Matey’s nennt. Und sag ihm außerdem, dass es Nick Flanagan ist, der ihm dies ausrichtet. Kannst du dir das merken?«
    Die Zofe nickte krampfhaft.
    »Dann verschwinde«, zischte Nick. »Oder muss ich dir Beine machen?«
    So weit wollte die dickliche Frau es nicht kommen lassen. Mit bestürzter Miene lief sie hinaus und ließ ihre Herrin treulos im Stich, die sich in Nicks Griff wand und wehrte – und ihn im nächsten Augenblick mit aller Kraft in die Hand biss.
    Nick ließ unwillkürlich los und verkniff sich einen lauten Schmerzensschrei. Schon wollte die Schöne an ihm vorbei aus dem Gemach stürzen, aber er bekam sie erneut zu fassen, und diesmal sah er sich besser vor. »Aber Mylady«, knurrte er, »Ihr seid die Tochter des Conde. Pflegt Ihr keine besseren Manieren?«
    Als Antwort spuckte sie ihm mitten ins Gesicht, worauf er alles, was der alte Angus ihm an Verhaltensmaßregeln gegenüber Frauen mit auf den Weg gegeben hatte, vergaß und ihr eine schallende Ohrfeige versetzte. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden, und noch ehe sie recht begriff, wie ihr geschah, hatte er sie bereits an den Handgelenken gefesselt und ihr einen Knebel in den Mund gesteckt.
    »So«, meinte er grinsend, »das wird wohl genügen« – als aus dem Gang plötzlich Schritte drangen.
    »Dort drin ist er«, hörte er eine keuchende Frauenstimme sagen, »ein schmutziger Kerl, der die Herrin entführen will …«
    Die Zofe war zurückgekehrt, in ihrer Begleitung ein junger teniente der Palastwache, der ein keckes Oberlippenbärtchen trug. Als er Nick erblickte, griff er zum Rapier, zog es blank und ging damit auf den Eindringling los, eine Kanonade spanischer Verwünschungen auf den Lippen. Nick blieben nur Sekunden, um zu reagieren – und er tat das Einzige, was ihm übrig blieb: Er riss die Pistole in die Höhe und feuerte.
    Der Schuss krachte, die Zofe kreischte – und der teniente ging nieder, in seiner Schulter eine klaffende Wunde. Lauthals schreiend lag er auf dem Boden, der sich rot färbte von seinem Blut, und Nick nutzte die Verwirrung, um sich abzusetzen.
    Kurzerhand ergriff er Doña Elena, lief mit ihr zum Fenster und stieß es auf. Seidige Nachtluft strömte herein, die durchsetzt war von hektischem Geschrei und vom bitteren Geruch des Feuers, das der Wind von der Bucht herauftrug. Über den Bäumen war grellroter Schein zu sehen – das Sklavenlager

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