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Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Emerson
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voll bunter Drähte führten am Boden zu diesen Tischen, wo sie über Saugnäpfe an ihren Enden mit durchsichtigen Masken verbunden waren – Masken über den Gesichtern von Evan, Aliah und Marco, die an die Tische gefesselt waren. Ihre Köpfe waren nach vorn gesunken, ihre Augen geschlossen. An manchen Stellen hatte man ihnen das Haar rasiert, um kleine Elektroden am Kopf anzubringen. Daneben blinkten mehrere Monitore.
    Die Jacke auf dem runden Tisch war die der Nomadin – der Schädel war also hier gewesen. Und offenbar hatte man ausprobiert, ob er irgendwas mit unseren Freunden anstellte.
    Doch ich sah Lilly nicht.
    »Ist okay, schon okay.«
    Ihre Stimme kam von weiter rechts, von einem der flachen Tische. Unscharf konnte ich ein paar Umrisse durch das Zelt erkennen. Lilly hatte einen Reißverschluss geöffnet, sodass ein rechteckiges Stück Plastik wie ein Fetzen Haut herabhing, und beugte sich durch das Fenster hinein. Sie tat irgendwas mit den Händen, zitterte aber an allen Gliedern, und Tränen rannen ihr über die Wangen.
    Ich ging zu ihr. Ich wollte eigentlich nicht hinschauen, doch dann glitt mein Blick an ihren Armen entlang ins Innere des Zelts, wo ein grellweißes Licht herrschte, zu ihren blutigen Handgelenken, dann weiter zu ihren Händen, die völlig verschmiert waren, und schließlich zu ihren Fingern, die wie verrückt an einer Schnalle nestelten.
    Die Schnalle saß auf einer transparenten Kunststoffplatte.
    Die Kunststoffplatte wölbte sich über einen Brustkorb.
    Der Brustkorb war geöffnet worden und lag nun entblößt, die Haut zurückgezogen, die Rippen aufgestemmt.
    Die Lungen blähten sich auf.
    Das Herz schlug.
    »Alles okay Anna, alles okay.«
    Anna.
    Und es wurde noch schlimmer. Sogar noch schlimmer als all die Schläuche und Drähte, die in ihren offenen Torso führten. Kleine weiße Sensoren waren an ihren Organen angebracht, und auf der Kunststoffplatte saßen kleine Befeuchter, die unablässig einen feinen Sprühnebel auf den geöffneten Brustkorb rieseln ließen.
    Der Einschnitt endete an ihrem Schlüsselbein, doch auch die Kiemen an ihrem Hals hatte man weit gespreizt und die Haut um sie herum entfernt. Muskeln und Adern lagen entblößt. Zwei dicke Plastikschläuche führten von Maschinen über ihr in ihren Mund. Der eine war im Inneren beschlagen und führte wohl Luft, im anderen sah man kleine Bläschen im Wasser aufsteigen. Das Wasser floss aus ihren Kiemen und wurde von einer trichterförmigen Vorrichtung wieder aufgefangen. Es verursachte ein permanentes Plätschern.
    Da schrie sie wieder. Der Schrei wurde von den Schläu chen gedämpft, ging einem aber dennoch durch Mark und Bein.
    Und überall Schläuche, manche mit einer klaren Flüssigkeit, andere mit roter. Bunte Drähte, die aus ihrem Kör per führten. Türme von Apparaten und Monitoren, die neben ihr blinkten und piepsten.
    Ihre Augen waren weit geöffnet. Grüne Augen in einem hübschen Gesicht; blondes Haar, das sich in den Schläuchen verheddert hatte und mit den Monaten oder Jahren völlig verfilzt war.
    Ihre Augen aber waren auf Lilly gerichtet.
    »Wir müssen das nur alles losmachen«, sagte Lilly mit zitternder Stimme. »Das alles entfernen, dann bringen wir dich raus. Oh Gott, Anna, es tut mir so leid.«
    Anna blinzelte und weinte. Ihre Stimme war nun leiser. »Uuuu.« Ihr Blick ging zu den Maschinen über ihr. »Uuuu.«
    Ich starrte diesen Körper, dieses Mädchen an, das zu einem wissenschaftlichen Experiment geworden war. Sie hatte einen Namen, Anna, und sie hatte gelacht und war mit Lilly um die Wette geschwommen – doch jetzt bestand sie nur noch aus zerlegten Innereien, eine lebende Ausgrabungsstätte. Ein weiteres Opfer Edens und Pauls und ihrer Suche nach dem Rätsel von Atlantis … ihrer Suche nach mir.
    »Uuuu«, klagte Anna. Ihre Lider flatterten.
    »Fast geschafft«, beruhigte sie Lilly und öffnete die Schnalle. Dann schob sie die Kunststoffplatte beiseite. Der Klang der Schnalle, die zu Boden fiel, hallte von den runden Wänden wider. Dann zögerten Lillys Finger einen Moment. »Ich habe …«, sagte sie unter Tränen wie zu sich selbst, und ich fragte mich, was sie hatte sagen wollen. Dann aber griff sie vorsichtig zwischen Annas Organe und begann, die kleinen Elektroden abzunehmen.
    »Uuuu.«
    Ich sah Annas schöne grüne Augen, deren Ränder in dem blendenden Licht, das sich in ihnen spiegelte, rot und geschwollen wirkten. Wieder schaute sie nach oben, dann Richtung Boden, dann wieder

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