Die Erben von Atlantis: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
anschaute, fiel mir auf einmal auf, dass Lük sie nie erwähnt hatte … Wer bist du eigentlich? , fragte ich.
Sie verschwand.
Paul hatte noch immer die Hände in dieser hilflosen Geste erhoben. War überhaupt eine Sekunde vergangen? Es kam mir zumindest so vor. Was würde ich also sagen? Ja wäre ein Pakt mit dem Teufel, aber auch etwas Sicherheit – zumindest für eine Weile. Und Nein ? Das Einzige, was ich definitiv wusste, war, dass das die aufrichtige Antwort war.
»Nun«, sagte ich, »ich denke, meine Antwort lautet Nein.« Ich verfolgte seine Reaktion.
Sah seine Augen blitzen, sah, wie die Pupillen kleiner wurden. Er seufzte und schüttelte langsam den Kopf; seine Züge versteinerten. Er schaute weg, als wäre ich nicht länger von Interesse. Dann nickte er den Sicherheitskräften neben mir knapp zu.
Sie packten mich bei den Armen und schleppten mich zum Schädel.
»Hängt ihn dran«, sagte Paul – und einfach so, mit einem Wink seiner Hand, war ich zur nächsten Versuchsperson geworden.
»Nein!«, rief ich. Ich kämpfte gegen sie an, doch vergebens. Jeder der Uniformierten hielt einen meiner Arme und führte eine Hand zum Schädel. Der kleine Mann im weißen Kittel trat näher und legte mir Elektroden an. Ich schüttelte den Kopf, doch er packte mich am Kinn und hielt mich fest.
Ich hatte Nein gesagt und die Wahrheit erkannt: dass mir wirklich keine Wahl blieb. Nein war in Wirklichkeit Ja. Aber wenigstens war ich aufrichtig gewesen. Mir und den toten Kindern gegenüber – und Lilly.
»Gebt ihm das Beruhigungsmittel«, sagte Paul. »Und schalten wir den Vorstand zu. Das werden sie sehen wollen.« Er ging zu einem dunklen Bildschirm an der Wand und berührte ihn in der Ecke. Der Schirm erwachte zum Leben. Eine Meldung blinkte:
[ETABLIERE ORBITALVERBINDUNG]
Dann sah man einen Raum aus der Perspektive einer Kamera auf einem langen Tisch, und vor uns erschienen die sieben grauhaarigen Köpfe des Vorstands der Eden Corporation. Neugierig beugten sie sich vor.
»Ist er das?«, fragte ein drahtiger Mann vom anderen Ende des Tischs. Hinter ihm sah man den Nachthimmel durch ein großes Panoramafenster.
»Das ist Versuchsperson zwei«, sagte Paul. »Wir sind im Begriff, ihn mit dem Kristallmedium zu verbinden.«
»Ausgezeichnet«, murmelte einer der Männer.
»Sehr beeindruckend«, nickte ein anderer. Dann steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten. Sie bewegten sich ganz langsam, fast als schwebten sie.
Die Wachmänner zogen mich weiter. Ich versuchte, mich zu wehren. Ich würde kämpfen, egal, was geschah, und wenigstens würde ich im Schädel eine Weile sicher sein. Viel leicht konnte ich mir da drinnen sogar einen Plan überlegen.
Der Mann im Kittel kehrte mit einer Spritze zurück. Dann tupfte er mir den Arm mit etwas Watte ab.
»Macht auch das Mädchen bereit«, sagte Paul. »Schauen wir mal, ob sich was tut.«
Meine Hände berührten schon fast den Schädel. Sein Leuchten nahm zu, je näher ich kam. Gleich würden sie mir meine Geheimnisse entreißen.
»Faszinierend«, sagte Paul mit Blick auf einen Monitor. »Wahrscheinlich müssen wir ihn nicht mal unter Strom setzen.«
Die Nadel presste sich auf meine Haut. Gleich würde sie zustechen …
Da flog auf einmal etwas durch die Luft. Ich sah es aus den Augenwinkeln blitzen, erst verwaschen im Licht des Schädels, dann festgefroren an Ort und Stelle.
»Was war das?«, rief eins der Vorstandsmitglieder.
»Wir haben auf einmal eine schlechte Verbindung«, beschwerte sich ein anderes.
Die Hände, die mich gepackt hielten, erschlafften. Da war ein Silberfunkeln wie von einer Perle. Es hing ruhig in der Luft … und da erkannte ich es als die funkelnde Spitze eines Pfeils. Eines Pfeils, der aus schwarzem Stoff ragte – direkt aus Cartiers Brust.
26
Der Pfeil war von hinten gekommen. Cartier zuckte und hustete Blut, dann riss Lilly sich frei und stieß ihn von sich. Er taumelte, direkt gegen Paul, der sich gerade erst umdrehte. Dann fielen sie in einen der Monitore.
Der Pfeil hatte dreifarbige Federn; er stammte vom Schießstand. Ich schaute zum Eingang und erblickte Evan, einen Bogen in der Hand, den nächsten Pfeil schon aufge legt. Hinter ihm zwängten sich gerade Marco und Aliah her ein. Auch sie trugen Waffen, Gewehre, die sie wahrscheinlich den Sicherheitskräften abgenommen hatten. Sie waren klatschnass und hinterließen feuchte Fußabdrücke. Die Wesen der Tiefe waren gekommen, um ihresgleichen zu retten.
»Lasst
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