Die Erben von Hammerfell - 5
mit dir an der Seite wieder in Hammerfell regiere.« Dann schüttelte er lächelnd den Kopf. »Aber woher hast du nur diesen Clownsanzug? Wir müssen dir sofort Kleidung anfertigen lassen, die deiner Stellung angemessen ist. Ich werde noch heute nachmittag meinen Schneider benachrichtigen.«
Das brachte Conn aus der Fassung. Hatte sein Bruder überhaupt keine Manieren? Er erklärte steif: »Dieser Anzug ist neu und von gutem Tuch. Es wäre eine Verschwendung, ihn nicht zu tragen.«
»Verschwendet braucht er nicht zu werden, schenke ihn dem Butler, zu seiner Stellung paßt er«, unterstützte Erminie ihren Sohn Alastair.
»In den Hellers wird er für mich gut genug sein«, sagte Conn stolz. »Ich bin kein Stadtfatzke!«
»Aber wenn du zu einer Audienz bei König Aidan gehst – und er muß erfahren, daß es zwei von uns gibt -«, versuchte Alastair es auf diplomatischere Weise, »kannst du nicht wie ein Bauer, der gerade vom Rübenfeld kommt, vor ihm erscheinen. Ich finde, du solltest in der Stadt lieber Sachen von mir tragen. Du bist doch nicht zu stolz, dir Kleider von deinem eigenen Zwilling zu leihen, Bruder?«
. Sein entwaffnendes Lächeln bezauberte Conn, und ihm wurde wieder warm ums Herz.
Schließlich brauchte es Zeit, seinen Bruder richtig kennenzulernen. Er lächelte zurück. »Das mögen die Götter verhüten! Ich danke dir – Bruder!«
Erminie stand auf. »Nun komm mit ins Haus, Conn, und erzähl mir alles über dich. Vielleicht können wir herausfinden, wie es geschehen ist, daß wir uns bis heute nicht wieder zusammengefunden haben! Was hat sich in all diesen Jahren auf Hammerfell abgespielt? Wie geht es Markos? Ist er gut zu dir gewesen, mein Sohn? Floria, Liebes, du bleibst natürlich zum Essen bei uns. Kommt, meine Söhne…« Sie unterbrach sich und stieß einen Seufzer der Freude aus. »Wie es mir guttut, das nach all diesen Jahren wieder zu sagen!« Jedem eine Hand reichend, führte sie sie ins Haus.
IX
In Thendara wurde in diesem Sommer kaum über etwas anderes geredet als über die romantische Geschichte, wie der zweite Sohn der Herzogin von Hammerfell verlorengegangen und wiedergefunden worden war. Sogar Erminie wurde es leid, sie fortwährend zu wiederholen, obwohl sie stolz auf die Aufmerksamkeit war, die man ihrem wiederaufgetauchten Sohn zollte. Conn wuchs ihr so ans Herz, daß sie manchmal ein schlechtes Gewissen Alastair gegenüber hatte, der ihr in all diesen Jahren ein so freundlicher und aufmerksamer Gefährte gewesen war.
Obwohl die verwitwete Herzogin keinen Wert darauf legte, Gesellschaften zu geben, was man in Thendara seit langem wußte, veranstaltete sie gegen Ende des Sommers einen kleinen Ball, um die Verlobung ihres Sohnes Alastair mit Lady Floria offiziell bekanntzumachen.
Den ganzen Tag über zogen drohende Wolken von den Venza-Bergen heran, und kurz vor Sonnenuntergang begann es tatsächlich zu regnen. Mit voller Wucht strömte das Wasser auf die Stadt hernieder. Die Gäste trafen naß und tropfend ein. Es wurden große Feuer angezündet, damit sie sich ein bißchen trocknen konnten, bevor sie sich dem üppigen Abendessen und dem Tanz, dem wichtigsten Bestandteil aller darkovanischen Geselligkeit, widmeten.
Aber feuchte Kleidung konnte die Stimmung der Versammelten nicht im geringsten dämpfen. Alastair und Floria standen im Eingang, um ihre Gäste willkommen zu heißen, und Conn machte den Kavalier seiner Mutter. Das Tanzvergnügen war auf seinem Höhepunkt, als Gavin Delleray eintraf. Er begrüßte Alastair mit verwandtschaftlicher Umarmung, und er beanspruchte das Vorrecht eines Verwandten und küßte Floria auf die Wange. Gavin war ein rundlicher, robuster junger Mann, gekleidet nach der allerneuesten Mode. Seidene Kniehosen ließen die wohlgeformten Beine in ihren eleganten Strümpfen sehen, sein Brokatjackett war aus feuerfarbenem Satin, und Feuersteine schmückten den hohen Kragen seines Hemdes. Sein Haar war, wie es gerade als schick galt, auf beiden Seiten zu Korkenziehern frisiert, so daß es kaum noch natürlichem Haar ähnelte, sondern ebensogut eine steife Perücke hätte sein können, und in Streifen von Regenbogenfarben gefärbt. Alastair betrachtete ihn fast neidisch. Er selbst versuchte auch, der Mode zu folgen, und strebte eine stutzerhafte Erscheinung an, aber er kam nicht einmal in die Nähe von Gavins schillerndem Gefieder.
Als Gavin schien feuchten Mantel dem Diener überließ, flüsterte Alastair seinem Bruder zu: »Es wird mir nie gelingen, so
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