Die Erben von Hammerfell - 5
beunruhigt an.
Alastair bahnte sich einen Weg durch die festlich gekleideten Gäste und sprach mit Gavin Delleray, und die Menge verstummte. Erminie und Conn stellten sich neben Alastair. Aller Augen richteten sich auf Floria. Ihr Vater nahm ihren Arm, und sie gesellten sich den Hammerfells zu. Dann ergriff Alastair mit seiner klingenden, ausgebildeten Stimme das Wort.
»Meine lieben Freunde, ich möchte das Fest nicht stören, aber ich habe erfahren, daß meine Anwesenheit auf Hammerfell dringend erforderlich ist. Wollt ihr mir verzeihen, wenn wir auf der Stelle zu dem kommen, was der Anlaß unserer heutigen Zusammenkunft ist? Mutter…«
Erminie ergriff Florias Hand und wandte sich mit leichtem Stirnrunzeln an Alastair.
»Ich habe nichts von einem Boten bemerkt, mein Sohn«, stellte sie mit gedämpfter Stimme fest.
»Es war auch keiner da«, flüsterte Alastair zurück. »Ich werde es dir später erklären – oder Conn wird es tun. Aber ich wollte nicht aufbrechen, ohne daß die Verlobung vollzogen und Florias Gelübde gesprochen worden ist.«
Conn machte einen irgendwie erleichterten Eindruck. Er stellte sich neben seinen Bruder. Königin Antonella hinkte nach vorn. Von ihrem dicken kleinen Finger zog sie einen mit Grünsteinen besetzten Ring.
»Ein Geschenk für die Braut.« Sie steckte Floria den Ring an – er war ihr nur ein bißchen zu weit – und stellte sich auf die Zehenspitzen, um die rosigen Wangen desMädchens zu küssen. »Mögest du sehr glücklich werden, liebes Kind.«
»Ich danke Euch, Euer Gnaden«, sagte Floria leise. »Es ist ein wunderschöner Ring, und ich werde ihn als Euer Geschenk in Ehren halten.«
Antonella lächelte, und auf einmal huschte ein gequälter Ausdruck über ihr Gesicht. Ihr entfuhr ein »Oh!«, und ihre Hand faßte an die Spitzen ihres Halsausschnitts. Dann taumelte sie und brach in die Knie. Conn bückte sich schnell, um sie aufzuheben, aber sie war ein totes Gewicht in seinen Armen, und er mußte sie zu Boden gleiten lassen.
Sofort war Erminie bei ihr, und König Aidan beugte sich über sie. Die Königin öffnete die Augen und stöhnte. Ihr Gesicht war ganz schief. Sie stammelte etwas. Erminie hielt den kleinen, dicken Körper im Arm und sprach tröstend auf die Königin ein.
»Ein Schlaganfall«, flüsterte Erminie dem König zu. »Sie ist nicht mehr jung, und es hätte seit Jahren jederzeit geschehen können.«
»Ja, ich habe es befürchtet.« Der König kniete neben der Kranken nieder.
»Es ist alles gut, meine Liebe, ich bin bei dir. Wir werden dich sofort nach Hause bringen.«
Antonella schloß die Augen. Sie schien zu schlafen. Gavin Delleray erbot sich: »Ich werde eine Sänfte rufen.«
»Eine Tragbahre«, berichtigte Aidan ihn. »Ich glaube nicht, daß sie sitzen kann.«
»Wie Euer Gnaden wünschen.«
Er lief in den Regen hinaus, kehrte schnell zurück und winkte den Dienern, den Bahrenträgern die Türen zu öffnen. Als geschehe das alles eine Million Meilen entfernt, registrierte Conn, daß der Regen Gavins Kleidung und Frisur ruiniert hatte, doch er schien das gar nicht zu bemerken. Die Bahrenträger bückten sich und schoben König Aidan sacht beiseite.
»Mit Eurer Erlaubnis, vai dom, wir können sie heben, das ist unsere Arbeit, und wir sind darin besser als Ihr. Paß auf da – wickle ihr die Decke um die Beine. Wohin sollen wir sie bringen, mein Lord?« Sie hatten den König nicht erkannt, und das war wahrscheinlich nur gut so, dachte Conn. Aidan gab ruhig seine Anweisungen und ging mit ihnen hinaus. Er schritt neben der Bahre her wie irgendein älterer Mann, der sich Sorgen um seine plötzlich vom Schlag getroffene Frau macht. Conn lief dem König nach und fragte: »Darf ich Eure Sänfte rufen, Sir? Ihr werdet ganz naß und könnt Euch den Tod holen.« Dann verstummte er verlegen. Es stand ihm nicht zu, so mit dem König zu reden.
Aidan richtete den leeren Blick auf ihn. »Nein, lieber Junge, ich will bei Antonella bleiben. Sie könnte Angst kriegen, wenn sie nach mir riefe und keine vertraute Stimme antworten würde. Aber ich danke dir. Jetzt sieh zu, daß du selbst ins Trockene kommst, Junge.«
Der Regen hatte ein bißchen nachgelassen, doch Conn war schon bis auf die Haut naß. Er eilte wieder ins Haus. Der Vorbau war überfüllt von Erminies Gästen, die sich verabschiedeten. Der Zusammenbruch der Königin hatte dem Fest ein Ende bereitet.
Nur wenige waren im Saal zurückgeblieben. Alastair und Floria standen immer noch Seite an Seite vor dem Kamin.
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