Die Erben von Hammerfell - 5
war, sich an dem bemalten hölzernen Hals festklammernd. Noch jetzt war zu sehen, wo seine schweißnassen Händchen die Farbe abgenutzt hatten. Er betrachtete die Holzsoldaten und lachte bei der Vorstellung, seine Mutter könne sie zum Leben erwecken und als Armee hinter ihm hersenden. Er zweifelte nicht daran, daß sie es tun würde, wenn sie dazu fähig wäre.
Wie oft war er auf das alte Schaukelpferd geklettert und nordwärts galoppiert, um, wie er erklärt hatte, den Weg nach Hammerfell zu suchen. Einmal hätte er das Haus mit einer Kohlenpfanne aus der Kinderstube beinahe in Brand gesteckt, und danach war ihm streng verboten worden, etwas anderes als Toast auf dem dafür bestimmten Gitter zu rösten. Aber bestraft worden war er nicht, weil seine unter vielen Tränen vorgebrachte Entschuldigung so gelautet hatte: »Ich habe versucht, Haftfeuer zu machen und das Haus des alten Lord Storn ebenso niederzubrennen, wie er unseres niedergebrannt hat.«
Schnell legte er seinen feinen Festtagsanzug ab, zog einfächere Sachen an und warf sich einen alten Mantel über die Schultern. Dann wandte er seiner Kindheit für immer den Rücken und ging wieder nach unten.
Dort sah es jetzt zu seiner Überraschung ganz anders aus. Die Reste der Erfrischungen waren weggeräumt, und seine Mutter hatte ihr Festgewand mit der Arbeitskleidung einer Technikerin, einer einfachen langärmligen Tunika in blassem Grün, vertauscht.
»Ich wünschte, ich könnte mehr Magie heraufbeschwören, die dich begleiten und dich auf deinem Weg schützen würde, mein Sohn. Aber wenigstens kann ich dir nicht nur ein Zauberroß, sondern auch eine besondere Wächterin geben – Juwel soll mit dir gehen.« Sie folgten ihm in den Stallhof. Der Regen hatte inzwischen bis auf gelegentliche Schauer aufgehört. Alastair roch die Frische des Windes. Durch Wolkenfetzen sah man ab und zu den einen oder anderen der Monde.
Erminie wies auf die alte Juwel, setzte sich, nahm ihren Sternenstein und sah der Hündin lange in die Augen. Alastair hatte das seltsame Gefühl, sie sprächen über ihn.
Schließlich sagte Erminie: »Zuerst dachte ich daran ich kann ihr menschliche Gestalt geben, wenn du möchtest, das ist ein recht einfacher Zauber, zumindest mit dem Sternenstein. Aber sie wäre für eine Kriegerin zu alt, und ich meine, in ihrer natürlichen Form ist sie dir als Führerin von größerem Nutzen. Übrigens wäre die menschliche Gestalt nur ein Schein. Juwel bliebe trotzdem ein Hund - sie könnte nicht mit dir sprechen, aber sie würde ihr scharfes Gehör und ihren Geruchssinn verlieren. Als Hund kann sie jeden beißen, der dich bedroht. Täte sie das jedoch als Mensch, würde es…« Erminie zögerte und lachte. »Es würde wahrscheinlich Aufsehen erregen.«
»Das glaube ich auch.« Alastair bückte sich und umarmte den alten Hund. »Kennt sie den Weg nach Hammerfell?«
»Du vergißt, mein Sohn, daß sie dort geboren ist. Sie wird dich zuverlässiger fuhren, als jeder Mensch es könnte. Und sie wird dich auch warnen, wenn du nur versprichst, auf sie zu hören.«
»Ich bin überzeugt, daß sie mir zumindest treuer als jeder andere Führer sein wird.« Im stillen fragte sich Alastair, wie diese alte Hündin ihn warnen und wie er, wenn sie es tat, sie verstehen sollte.
Erminie streichelte Juwel den Kopf und sagte leise: »Du liebst ihn ebenso sehr wie ich. Kümmere dich an meiner Stelle um ihn.«
Juwel sah so intensiv in Erminies Augen, daß Alastairs Skepsis plötzlich verging. Es war ihm klar, daß seine Mutter und der Hund deutlicher miteinander kommunizierten als mit Worten. Und wenn die Zeit kam, würde Juwel auch mit ihm kommunizieren.
Er freute sich darüber, daß der Hund, der länger, als er sich erinnern konnte, Teil seines Lebens gewesen war, ihn begleiten würde. »Soll sie hinter mir auf dem Sattel sitzen?«
Alle anwesenden Telepathen – und sogar Alastair, der im Grunde keiner war – hörten zu ihrer Überraschung etwas, das beinahe eine Stimme war.
Dort, wo er reiten kann, kann ich hinter ihm herlaufen.
»Nun, wenn du das fertig bringst, altes Mädchen, kann die Reise losgehen«, sagte Alastair erstaunt und stieg in den Sattel von Conns kräftiger kleiner Gebirgsstute, die jetzt auf subtile Weise anders war. Er sah Juwel in die Augen und hatte den flüchtigen Eindruck, als spreche er mit dem Schatten einer Kriegerin aus der Schwesternschaft vom Schwert, wie er sie gelegentlich in der Stadt gesehen hatte, mit einem Schatten, der über Juwel schwebte.
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