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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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drückte ein letztes Mal ihre Hand, bevor er die Stufen hinunterging. Rachel blieb auf der Veranda stehen, bis seine groß gewachsene Gestalt im Schatten der Bäume verschwand. Ein Gefühl tiefen Friedens durchströmte sie. Es war neun Uhr. Wenn sie die zehn Minuten, die sie sich bei Matts Geburtstagsfeier unterhalten hatten, zu der Stunde damals in der Laube und der Zeit addierte, die sie
am heutigen Tag zusammen gewesen waren, kamen ungefähr zwölf Stunden heraus. Wie war es möglich, dass sie den Rest ihres Lebens mit einem Mann verbringen wollte, dessen Gesellschaft sie gerade mal einen halben Tag genossen hatte?
     
    Matt kostete diese neuen Gefühle auf dem Nachhauseweg aus. Wenn das nicht der Beginn der großen Liebe war! Ein Freund hatte ihm einmal gesagt: »Wenn eine Frau, die nicht deine Mutter ist, dir von der Veranda aus nachschaut, kannst du Gift drauf nehmen, dass sie mehr für dich empfindet als Zuneigung.« Matt gluckste. Er hatte ihren Blick gespürt und das Schließen der Tür erst gehört, als er um die Ecke gebogen war. Gern wäre er geblieben und hätte ihr die Sache mit Cecile erklärt, warum sie nicht geheiratet hatten. Sie waren beide der Meinung gewesen, sie seien füreinander geschaffen, doch der eine, für eine dauerhafte und glückliche Ehe unerlässliche Aspekt hatte gefehlt. Das hatten sie erst nach ihrer Verlobung gemerkt, und fast wäre es zu spät gewesen, den schlimmsten Fehler ihres Lebens zu verhindern. Er hatte sie mit dreißig kennengelernt, als er in San Francisco arbeitete, wo er widerwillig Singleszene, Gewerkschaftskämpfe, dichten Verkehr und salzige Meerluft ertrug. Sie hingegen war dort aufgewachsen, mit Verbindungen zu den Familien, die diese Stadt gegründet hatten. Sonne und Brandung, Strand und Meer lagen ihr im Blut. Er hatte um ihre tiefe Bindung an diesen Ort gewusst, als er sie fragte, ob sie ihn heiraten wolle, genau wie ihr klar gewesen war, dass er eines Tages nach Howbutker zurückkehren würde, um von dort aus Warwick Industries zu leiten. Doch sie hatten geglaubt, diese Probleme meistern zu können. Sie hatte seine Großmutter in Atlanta kennengelernt, wo Esprit und gesellschaftlicher Schliff auf Temperament und Selbstbewusstsein trafen, und war dann in Howbutker seinem Großvater, Mary und Amos vorgestellt worden. Matt hatte ihr
Warwick Hall und die verschlafene Kleinstadt in East Texas gezeigt, die eines Tages ihr Zuhause sein würde. Obwohl die Menschen und der Ort sie nicht überraschten, konnte sie sie nicht für sich akzeptieren und gestand Matt das leider nicht.
    Als der Zeitpunkt kam, die Hochzeitseinladungen zu verschicken, spürte er ihre Distanz. »Was ist los, Cecile? Bekommst du kalte Füße?«, fragte er halb im Scherz eines Abends im Mondschein.
    »Nein, Matt«, antwortete sie, bemüht, die Tränen zurückzuhalten, »nicht im Hinblick auf dich. Bei dir habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
    »Wobei dann?«
    »Bei dem Gedanken, in Howbutker zu leben.« Sie verzog verlegen das Gesicht. »Matt, bitte versuch, mich zu verstehen. Der Zeitpunkt rückt immer näher, da ich meine Familie, meine Freunde, mein Zuhause und die Stadt verlassen soll, die ich über alles liebe, um in Howbutker zu leben … dort ist es so anders als hier, so provinziell ! Warwick Hall wirkt so feudal ! Und unsere Kinder würden mit einem so begrenzten Horizont aufwachsen! Könntest du nicht den Hauptsitz von Warwick Industries nach San Francisco verlegen?«
    Der Vorschlag traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. »Nein, Cecile«, antwortete er, als ihm klar wurde, dass sie diese Hoffnung schon eine ganze Weile hegte. »Das kommt nicht in Frage.«
    Immerhin hatten sie einander keine Vorwürfe gemacht, weil sie wussten, dass fehlende Liebe nicht das Problem war. Am Ende hatte sie ihn genug geliebt, um ihn ziehen zu lassen – »Du würdest dich hier nicht wohlfühlen, Matt. Eine Weile würde es vielleicht gut gehen, aber nicht auf Dauer«. Und er hatte sie zu sehr geliebt, um sie von ihren Eltern, Geschwistern, Cousins und Cousinen und von ihrem sonnigen Zuhause
am Pazifik, wo die Brise vom Meer die leichten Vorhänge wie Segel blähte, wegzuzerren.
    So hatten sie sich getrennt, und bis zu dem Wiedersehen mit Rachel hatte keine andere Frau mehr als nur vorübergehendes Interesse in Matt geweckt. Im selben Moment, als sie die Tür geöffnet und er in ihr Gesicht geblickt hatte, war diese instinktive Verbindung zu ihr da gewesen, so etwas wie ein Wiedererkennen nach langer

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