Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
Vom Netzwerk:
Zeit. Es handelte sich um ein unglaubliches Gefühl, tiefer und sicherer als das für Cecile, und es hatte sich im Lauf des Tages verstärkt. Es war Seelenverwandtschaft. Sie hatten die gleichen Interessen, den gleichen kulturellen Hintergrund und die gleiche Liebe zu Howbutker und seinen Menschen. In dieser Hinsicht würde es keine Konflikte geben.
    Sein Großvater konnte sich beruhigen. Man schrieb die Achtzigerjahre; moderne Männer ließen sich nicht mehr von ihrem Stolz leiten wie die aus Percys Generation. Sie unterstützten ihre Karrierefrauen und teilten sich die Verantwortung für Haushalt und Kindererziehung mit ihnen. Es herrschte Gleichberechtigung; es ging darum, zusammen zu sein. Vielleicht war Rachel eine Toliver und als solche ihrem Erbe verpflichtet wie ihre Großtante, aber was machte das schon? Seinetwegen konnte Rachel, wenn dieses Gefühl zwischen ihnen sich bestätigte – und davon war er überzeugt –, ihre Baumwolle und Kürbisse anbauen, während er seine Wälder rodete. Seiner Ansicht nach waren sie das ideale Paar.

NEUNUNDFÜNFZIG
    D ie folgenden drei Tage waren bedeckt und schwül. Der strahlende Sonnenschein vom Freitag, der Somerset und die weißen Säulen der Veranda hatte erstrahlen lassen, verbarg sich nun hinter grauen Wolken. Scharen von Menschen besuchten den ersten Aufbahrungstermin, bei dem nicht wenige die feuchte Wange gegen die Rachels drückten, ihre Hand schüttelten oder sie fest umarmten. Abgesehen von Matt, der neben ihr stand, ihr die Trauergäste vorstellte und dafür sorgte, dass die Schlange sich weiterbewegte, nahm sie alles wie durch einen Schleier wahr und fühlte sich hinterher schlaff und ausgelaugt.
    »Ich fürchte, der Abendtermin wird noch schlimmer«, sagte Matt während der Fahrt zurück zur Houston Avenue. »Die Leute heute Morgen waren aus dem County. Die später werden aus dem ganzen Bundesstaat kommen und in Motels von hier bis Dallas übernachten. Aber lass dich nicht unterkriegen. Am Montag ist alles vorbei, dann können wir uns wieder auf uns konzentrieren.« Er legte den Arm um sie. »Wie findest du das?«
    »Klingt himmlisch«, antwortete sie.
    Der alte Dodge von Rachels Vater, den Rachels Bruder voller Hingabe und handwerklichem Geschick instand hielt, stand vor der Veranda. Als Rachel das Haus betrat, hörte sie das schleppende Westtexanisch ihres Vaters mit dem leichten französischen Akzent, den er nie ganz abgelegt hatte, aus der Küche dringen. Sie eilte, nicht ohne Angst vor der Begegnung
mit ihrer Familie, hinüber. »Wird Lucy Warwick zur Beerdigung kommen?«, fragte ihr Vater gerade Sassie. »Ich würd sie gern wiedersehen. Als Junge konnte ich sie gut leiden.«
    »Du gütiger Himmel, nein!«, rief Sassie aus. »Sie und Miss Mary haben sich nie vertragen. Schätze, Miss Lucy ist mächtig stolz auf sich selber, dass sie’s geschafft hat, Miss Mary zu überleben.«
    »Auch kleine Erfolge zählen, Sassie«, meinte Rachels Vater.
    Rachel öffnete schmunzelnd die Tür. »Hallo«, begrüßte sie sie.
    Ihre Eltern und ihr Bruder, die sich eifrig am auf der Arbeitsfläche stehenden Büffet bedienten, hoben die Köpfe. In den Monaten seit Weihnachten, in denen Rachel sie nicht gesehen hatte, waren sie gealtert. Die Haare ihres Vaters wirkten grauer, und seine Schultern hingen tiefer als früher, während ihre Mutter um die Taille fülliger war und mehr Falten um die Augen hatte. »Na, wen haben wir denn da?«, rief William voller Freude aus. »Wie geht’s meinem kleinen Häschen?«
    »Besser, jetzt, wo ihr da seid«, antwortete Rachel, die sich über seine freundliche Begrüßung freute.
    »Musst du deine Freude unbedingt mit Tränen ausdrücken?« , fragte ihre Mutter und umarmte sie mit William.
    »Lasst mich auch ran«, sagte Jimmy mit vollem Mund und gesellte sich zu ihnen. So verharrten sie ein paar Sekunden lang, bevor sie sich voneinander lösten und sich gemeinsam an den Tisch setzten. In der folgenden halben Stunde war es fast, als säßen sie wieder wie damals, als die Houston Avenue für sie nichts weiter als eine Adresse gewesen war, an die Rachels Vater jedes Jahr eine Weihnachtskarte schickte, in der Küche in Kermit. Alle redeten durcheinander, tauschten Neuigkeiten über Winkler County aus, reichten Teller mit Schinken und Käse herum und bestrichen Brote mit Senf und
Mayonnaise. Dann plötzlich störte Alice die Harmonie mit einer Frage, die wie eine Bombe einschlug.
    »Na, Rachel, wie fühlst du dich jetzt, wo du weißt,

Weitere Kostenlose Bücher