Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)
belassen. Wenn ich mich nicht täusche, gehörte dieser Kopfschmuck einmal Miles Toliver.«
»Ach.« Rachel ließ die Finger darübergleiten. »Ich kenne sonst nichts von meinem Großvater, wahrscheinlich, weil ihm nichts gehörte.« Sie sah Matt über die Schulter an. »Zwischen unseren Familien gibt es so viele Verbindungen. Bist du sicher, dass wir nicht verwandt sind?«
Matt öffnete eine Flasche Chenin Blanc. »Ich hoffe nicht.
Soweit ich das beurteilen kann, sind wir so ziemlich das einzige Gute, was aus dem Schlamassel entstanden ist, das mein Großvater und deine Großtante angerichtet haben.«
»Gott sei’s gedankt«, meinte Rachel und nahm das Glas, das er ihr reichte.
»Und Somerset«, fügte er mit einem ironischen Lächeln hinzu und prostete ihr mit seinem Scotch zu. »Ich weiß nicht, ob ich für sie traurig oder froh für uns sein soll.«
»Die Vergangenheit können wir nicht beeinflussen, nur die Zukunft«, sagte sie, und sie setzten sich, so dicht nebeneinander, dass ihre Schultern sich berührten. Rachel sah hinüber zu dem durch einen Vorhang abgetrennten Schlafbereich. »Was für Geschichten diese Hütte vermutlich erzählen könnte. Glaubst du, dies ist der Ort, an dem für Tante Mary und deinen Großvater alles begann?«
»Es würde mich nicht wundern.«
»Hast du mich deshalb heute hierhergebracht?«
»Nein«, antwortete er und legte einen Arm um ihre Schultern. »Aber ich hätte nichts dagegen, die Tradition aufrechtzuerhalten.«
Sie schmiegte sich lachend an ihn. »Zur richtigen Zeit habe ich auch nichts gegen Traditionen«, pflichtete sie ihm bei und fügte nüchtern hinzu: »Ich wünschte, das könnte ich meiner Mutter begreiflich machen.«
»Zerbrich dir mal nicht den Kopf über deine Mutter«, sagte er, die Lippen an ihrem Haar. »Um sie zurückzugewinnen, brauchst du ihr nur ein Angebot zu machen, dem sie nicht widerstehen könnte.«
»Und das wäre?«
»Enkel.«
Sie musste lachen. »Klingt ganz nach einem Plan.«
Die Trauerfeier am Montag schien der vielen Lobreden wegen, die Tante Mary gehasst hätte, die Rachel jedoch als Tribut an die Wohltäterin von Stadt, County und Staat zuließ, kein Ende zu nehmen. Zum Glück hielt sich die Zeremonie am Grab in Grenzen, so dass sich die Menge schnell zerstreute und aus der schwülen Hitze zum Umtrunk floh. Aufgrund von Amos’ Anweisung, die Erfrischungen nicht aufzufüllen, wenn alle sich bedient hätten, blieben die Gäste nicht lange, und die Tolivers konnten zur vereinbarten Zeit zu seiner Kanzlei aufbrechen.
Amos, der vorausgefahren war, wartete am Fenster auf sie. Als Rachel ihn hinter der Jalousie entdeckte, erschien seine ausgemergelte Gestalt in dem dunklen Anzug ihr wie ein schlechtes Omen. Wieder meldete sich in ihr dieses merkwürdige Gefühl, das sie zum ersten Mal gespürt hatte, als der Textilvertreter mit leeren Händen gekommen war. Matt drückte kurz Rachels Hand, bevor Rachels Familie und Percy die Kanzleiräume betraten, und flüsterte ihr ins Ohr: »Opa fragt sich, was er hier soll. Hat Mary ihm am Ende Ollies Plätze im Texas-Stadion vermacht? Dann würden sie immerhin in der Familie bleiben.«
»Wer weiß?«, meinte Rachel und stieß ihn spielerisch in die Rippen.
Die Klimaanlage lief noch nicht lange genug, als dass Amos’ Büro wirklich kühl gewesen wäre. »Mein Gott, ist es hier drin heiß«, beklagte Alice sich und fächelte sich mit dem gedruckten Programm der Trauerfeier Luft zu. Zum ersten Mal seit dem Empfang brach sie ihr mürrisches Schweigen.
»Es wird gleich kühler«, versprach Amos und tupfte sich das Gesicht mit einem Taschentuch ab, bevor er ihnen mit einer Geste zu verstehen gab, dass sie sich auf die Stühle vor seinem Schreibtisch setzen sollten. Dann nahm er selbst Platz.
»Es wird ja vermutlich nicht allzu lange dauern, Amos«, sagte Percy.
»Äh … nein.« Rachel fiel auf, dass Amos geflissentlich ihren Blicken auswich. »Als Erstes möchte ich feststellen«, hob er an und verschränkte die Hände auf der Aktenmappe auf seinem Schreibtisch, »dass Mary Toliver DuMont im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war, als sie das vor mir liegende Kodizill diktierte und von mir beglaubigen ließ. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass man irgendeinen Teil davon anfechten kann.«
»Ein Kodizill?«, wiederholte Rachel. »Ein Zusatz zu ihrem ursprünglichen Testament?«
»Das Kodizill macht das ursprüngliche Testament ungültig « , erwiderte Amos.
Es war so still, dass man eine
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