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Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
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vielleicht.«
    Amos zog die Schublade seines Schreibtischs heraus, in der er seine sauberen Taschentücher aufbewahrte. »Tut mir leid, Mary«, murmelte er und wischte sich die Tränen weg, »aber das ist jetzt alles ein bisschen viel …«
    »Ich weiß, Amos.« Sie hängte den Gehstock an die Lehne ihres Stuhls und ging erstaunlich flink um den Schreibtisch herum zu ihm, um seinen Kopf sanft gegen ihre Brust zu drücken. »Der Tag des Abschieds musste ja einmal kommen. Schließlich bin ich fünfzehn Jahre älter als du …«
    Er ergriff ihre schmale, zarte Hand. Wann war daraus die einer alten Frau geworden? Er erinnerte sich gut an die Zeit, als sie glatt und fleckenlos gewesen war. »Weißt du noch, wie wir uns das erste Mal begegnet sind?«, fragte er, die Augen geschlossen. »Im DuMont-Kaufhaus. Du bist in
einem königsblauen Kleid die Treppe runtergekommen, und deine Haare haben im Licht des Kronleuchters geglänzt wie schwarzer Satin.«
    Er spürte ihr Lächeln über seinem kahlen Kopf. »Ja. Du hattest noch deine Uniform an und wusstest inzwischen, wer William war. Nun wolltest du herausfinden, was für Leute einen solchen Jungen dazu bringen konnten, von zu Hause wegzulaufen. Ich muss sagen, dass du ziemlich beeindruckt gewirkt hast.«
    »War ich auch.«
    Sie küsste ihn auf den Kopf und ließ ihn los. »Ich bin immer dankbar gewesen für unsere Freundschaft, Amos. Vergiss das nicht«, sagte sie und kehrte zu ihrem Stuhl zurück. »Du weißt, dass ich nicht zu Übertreibungen neige, aber der Tag, an dem du hier in unserer kleinen Gemeinde aufgetaucht bist, war einer der besseren meines Lebens.«
    Amos schnäuzte sich laut und vernehmlich. »Danke, Mary. Eins muss ich dich noch fragen: Ahnt Percy etwas von … deinem Zustand?«
    »Nein. Ich sage es ihm und Sassie, wenn ich aus Lubbock zurück bin. Dann organisiere ich auch meine Beisetzung. Hätte ich das bereits gemacht, würden sich die Leute schon das Maul über mein bevorstehendes Ableben zerreißen. Ich habe alles fürs Hospiz in die Wege geleitet für die Woche nach meiner Rückkehr. Bis dahin möchte ich, dass meine Erkrankung unser Geheimnis bleibt.« Sie schlang den Riemen ihrer Handtasche über die Schulter. »Ich muss jetzt los.«
    »Nein, nein!«, rief er aus und sprang von seinem Stuhl auf. »Es ist noch früh am Tag.«
    »Nein, Amos, spät.« Ihre Hand wanderte in ihren Nacken, um den Verschluss ihrer Perlenkette zu lösen. »Die ist für Rachel«, sagte sie und legte sie auf seinen Schreibtisch. »Bitte gib sie ihr für mich. Du wirst den richtigen Zeitpunkt wählen.«
    »Warum gibst du sie ihr nicht selbst, wenn ihr euch trefft?«, fragte er mit rauem Hals. Ohne die Perlen wirkte ihre Haut alt und nackt. Seit Ollies Tod zwölf Jahre zuvor war sie kaum jemals ohne die Kette aus dem Haus gegangen.
    »Es könnte sein, dass sie sie nach unserem Gespräch nicht mehr nehmen möchte, Amos, und was soll ich dann damit machen? Bewahre sie auf, bis sie bereit ist, sie zu empfangen. Die Kette wird das Einzige sein, was ihr von dem Leben bleibt, das sie sich von mir erhofft hat.«
    Amos stolperte mit klopfendem Herzen um den Tisch herum. »Ich begleite dich nach Lubbock. Lass mich dabei sein, wenn du es ihr sagst.«
    »Nein, mein Lieber. Deine Anwesenheit könnte euer Verhältnis zueinander beeinträchtigen, wenn die Sache schiefgeht. Rachel muss dich für neutral halten. Sie wird dich brauchen, egal, was passiert.«
    »Verstehe«, sagte er mit brechender Stimme.
    Als sie die Hand ausstreckte, begriff er, dass sie sich endgültig von ihm verabschieden wollte, weil sich in den folgenden Tagen vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu ergeben würde. Er wölbte seine knochigen Finger um die ihren, und seine Augen füllten sich trotz seines Vorsatzes, sich zusammenzureißen, mit Tränen. »Auf Wiedersehen, Mary.«
    Sie nahm ihren Stock vom Stuhl. »Auf Wiedersehen, Amos. Kümmere dich für mich um Rachel und Percy.«
    »Du kannst dich auf mich verlassen.«
    Sie nickte, und er sah ihr nach, wie sie mit klackendem Gehstock zur Tür ging, kerzengerade wie eh und je. Als sie sie öffnete, drehte sie sich nicht noch einmal um, sondern winkte nur über die Schulter zurück, bevor sie hinaustrat und die Tür hinter sich schloss.

ZWEI
    A mos sah ihr eine ganze Weile benommen und mit tränennassen Wangen nach. Dann atmete er tief durch, verriegelte die Tür und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück, wo er die Perlenkette, die sich kühl anfühlte, so gar nicht mehr

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