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Die Erben

Die Erben

Titel: Die Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EJ Waldau
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vollkommen vernachlässigt wurde. Das sollte natürlich ein Seitenhieb sein und mich dazu bringen, mehr zu trainieren.

Ich dagegen hätte Sarah wahrscheinlich sogar durch dreizehn Betonwände hindurch mühelos orten können - im Notfall sogar mit Gegenwind. Und somit hatte ich endlich einen Vorteil darin gefunden, ein
Erbe
    zu sein und darüber hinaus auch noch eine Freikarte in ein zumindest vorübergehend ruhigeres Leben.

Für Sarah hingegen war ich von diesem Tag an vermutlich wie vom Erdboden verschluckt. Das hatte sie nun also von ihrer Hochleistungstelepathie.

Umgezogen und zufrieden ging ich ins Haus meiner Eltern, um etwas Essbares zu suchen. Ich wollte gerade die Küchentür öffnen, als ich inne hielt.

Oh bitte nicht
    , dachte ich jammernd. Dort drin war ein Erbe und es fühlte sich nicht wie Thor an.

Kraftvoll stieß ich die Tür auf und stampfte in die Küche. „Lauerst du mir jetzt schon zu Hause auf?“, motzte ich los und blickte in das überraschte Gesicht von Sisy. „Oh, du bist es.“

„Wen hattest du erwartet?“, wunderte sie sich. Sie saß auf einem Hocker und ihre Füße baumelten in der Luft.

„Sarah“, antwortete ich und ging zum Kühlschrank, um das Angebot zu begutachten. „Ich bin ihr die letzten Tage erfolgreich aus dem Weg gegangen. Es wäre also denkbar unschön gewesen, wenn sie mir jetzt zu Hause aufgelauert hätte.“

Sisy lachte leise und ich schmiss enttäuscht die Kühlschranktür wieder zu. „Sarah lauert nicht.“

„Natürlich nicht.“ Ich angelte die Box mit den gefüllten Toasttaschen vom Kühlschrank und nahm eine heraus. „Ist vermutlich unter ihrer Würde.“

Ich streckte Sisy die Box entgegen, doch sie lehnte stumm ab. „Und was machst du hier?“, wollte ich wissen und stopfte mir eine Tasche in den Mund.

„Sarah hat mich geschickt, weil du ihr aus dem Weg gehst.“

Mir blieb der Bissen im Hals stecken. „Himmel, hat die Frau denn überhaupt keinen Anstand? Jetzt schickt sie schon ihre beste Freundin vor. Ich fasse es nicht.“

Sisy lachte leise und hob die Hand. „Beruhig dich. Das war nur ein Witz.“

Wieder kauend setzte ich mich ebenfalls auf einen Hocker. „Haha“, meinte ich trocken. „Und was machst du dann hier?“

„Auf deinen Bruder warten“, erklärte sie und legte ein Bein über das andere. „Er holt gerade seine Jacke und seine Autoschlüssel, dann holen wir Sarah ab und fahren nach Boston zur Bank. Sie will heute an das Schließfach ihrer Familie.“

„Und du darfst helfen“, stellte ich fest und Sisy nickte mit geschürzten Lippen. „Du wirkst hellauf begeistert.“

Sie zog die Schultern hoch und vergrub die Hände unter ihrem Hintern. „Wenn wir wirklich etwas finden, dann hat es sich ja gelohnt.“

Mit einem zustimmenden Nicken zog ich die nächste Toasttasche aus der Packung. „Hast du vor Halloween denn echt nichts gemerkt von deiner Gabe?“

Sisys sah kurz aus dem Fenster, bevor sie antwortete. „Ich denke, rückblickend hätte ich wohl etwas merken müssen, aber damals dachte ich, ich sei einfach überzeugend.“

„Ach, das bist du bestimmt auch“, winkte ich ab und Sisy lächelte mich dankbar an.

Während Thor, Sisy und Sarah auf ihrer Abenteuertour nach Boston unterwegs waren, kochte mein Dad Abendessen und ich wurde zum Tisch decken zitiert. Vor dem Supergau mit meiner Mum hatte ich mich immer bequem an den gedeckten Tisch setzten dürfen. Jetzt aber gab es die „Lyn braucht mehr Disziplin in ihrem Leben“-Agenda und die vertrug sich mit solchen Bequemlichkeiten einfach nicht.

Mum saß an einem Tischende an ihrer Nähmaschine und ich verteilte schweigend das Geschirr auf der anderen Seite.

Als ich fertig war, blieb ich unschlüssig am Sideboard stehen und sah Mum zu.

„Was machst du da?“, fragte ich im Plauderton.

Sie sah nicht auf, als sie antwortete. „Ich nähe ein Kostüm für den Herbstball.“

„Ah.“ Ich nickte mit gelangweiltem Gesichtsausdruck, das sie glücklicherweise nicht sehen konnte.

Der jährliche Herbstball von Gloucester war seit Wochen Mums Lieblingsgesprächsthema. Er wurde von ihrem Frauenverein ausgerichtet und ich hatte Mühe mein enormes Desinteresse im Zaum zu halten.

Sie verwahrte ein paar Fäden, dann streckte sie mir den Stoff entgegen, den sie gerade zusammen genäht hatte. „Probier den an.“

„Was ist das?“, wollte ich wissen und nahm ihr skeptisch das Teil ab.

„Ein Tellerrock“, erklärte sie und räumte ihre Nähsachen zusammen. „Der

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